Ex-Bergmann Klaus Schürmann erinnert sich
"Ich fuhr auf Erin die erste Kohle auf der 5. Sohle zum Schacht 7"
"Da stimmt doch was nicht", dachte sich Klaus Schürmann aus Rauxel, als er die am 18. Mai im Stadtanzeiger abgedruckte Pressemitteilung der Stadt "65 Jahre Erin-Turm – Kohleförderung begann am 17. Mai 1954" sah. "Das war viel später", meldete sich der 77-Jährige in unserer Redaktion.
"1957 habe ich auf Erin meine dreijährige Ausbildung zum Knappen begonnen. Erst über Tage in der Schlosserei, der Schreinerei und der Schmiede. Oben haben wir alles gelernt, was wir unten gebraucht haben", sagt der Rauxeler.
"Wie im Wohnzimmer"
Der heute 77-jährige Klaus Schürmann erinnert sich noch genau, dass er Anfang 1961 – inzwischen war er Fahrdrahtlokomotivführer – eine Zeit lang auf der 5. Sohle eingesetzt war. "Alles war noch weiß gekälkt. Ein Anblick wie im Wohnzimmer. Die Strecke war fertig, alles war vorbereitet, aber gefördert wurde noch nicht. Kohle gewonnen wurde noch auf der 4. Sohle, die über Schacht 1 und 2 zu erreichen war."
Eines Tages sei der Betriebsführer auf ihn zugekommen und habe gesagt: "Komm, wir holen den ersten Wagen Kohle von der 5. Sohle. Ich habe dann den Wagen zum Schacht 7 gefahren, von wo aus er ans Tageslicht gebracht wurde." Das sei keine große Menge des "Schwarzen Goldes" gewesen, sondern eher ein symbolischer Akt.
Auf Knien im Streb
Drei Jahre dauerte die Ausbildung zum Bergmann. Im März 1960 war Prüfung. "Den praktischen Teil haben wir auf Erin Schacht 3 (Hammerkopfturm auf Schwerin) abgelegt. In einem Streb mussten wir auf Knien Kohle mit dem Abbauhammer losmachen, Sicherung mit Holzstempeln vornehmen und Verschalung anfertigen." Die Theorie war den angehenden Bergmännern, von denen nach Schürmanns Aussagen viele aus dem Raum Lübeck sowie aus dem Bereich Ingolstadt kamen, in der Bergberufsschule gegenüber der Zeche Erin an der Karlstraße beigebracht worden. Heute praktizieren in der früheren Schule Tierärzte.
Lokomotivführer
"Nach meiner Ausbildung bin ich als Fahrdrahtlokomotivführer angelernt worden. Zudem habe ich einen Akkuschein gemacht." Der sei nötig gewesen, weil nicht überall ein Fahrdraht für den elektrischen Antrieb vorhanden war. "Etwa auf den Zwischensohlen." Hier sei beispielsweise Material für den Grubenausbau gelagert worden.
Klaus Schürmann fuhr aber auch Personenzüge unter Tage. "Das war wie eine Straßenbahn, nur kleiner." Bis zu 60 Bergleute fasste ein solcher Personenzug, mit dem die Bergleute in der Grube zu den Orten gelangten, von denen sie den Rest des Weges zu Fuß zu ihrem Arbeitsplatz zurücklegen mussten. Da waren wir allein mit dem Zug durchaus 15 Minuten unterwegs."
"Besser bezahlt"
Warum er gerade den Beruf des Bergmanns ergriffen habe, obwohl er familiär nicht "vorbelastet" war, wollte der Stadtanzeiger wissen. Schürmann antwortet ganz offen: "Weil die Bezahlung deutlich besser war als in anderen Berufen."
Gleichwohl hat der Rauxeler im März 1961 den Bergmannsberuf an den Nagel gehängt. Nicht zuletzt die gesundheitliche Belastung unter Tage sowie die Erfahrungen mit Verletzungen und Tod hätten ihn zu diesem Schritt bewogen. "Das war ganz schlimm!"
Zudem habe er schon damals gesagt, "der Bergbau hat keine Zukunft. Da haben alle Kollegen gelacht. Und als die Zeche dann zumachte, haben die, die freigestellt wurden, ein zweites Mal gelacht. Ich musste nämlich in meinem neuen Beruf noch arbeiten. Aber ich habe den Schritt nicht bereut."
Andenken
Gerne hätte Klaus Schürmann seinen Grubenhelm behalten. "Der war noch aus Leder." Und weil Schürmann nicht vor Kohle gearbeitet hat, war der Helm noch richtig sauber, "noch fein".Aber aus diesem Andenken an den Bergbau wurde nichts. Den müsse sich jemand anderes "an Land gezogen haben", ist sich Schürmann sicher.
Autor:Lokalkompass Castrop-Rauxel aus Castrop-Rauxel |
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