Kann man immer glauben, was man sieht?

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„Der Schiffbruch mit Tiger“

Der Film wurde im Vorfeld eigentlich nicht gut besprochen, galt das Buch schlechthin als unverfilmbar. Wenn man ihn gesehen hat, fragt man sich im Nachhinein, warum eigentlich ?
Vielleicht ist die anfängliche Voreingenommenheit ein wenig den pittoresken, traumhaften Bildern geschuldet, die jeder professionell gemachten Reisereportage das Wasser reichen könnten. Land und Leute, Tiere und Pflanzen – alles kommt so schön romantisch daher.

Zudem lässt die Rahmenhandlung Gutes ahnen: Der Hauptdarsteller erzählt als Erwachsener einem schreibblockierten Schriftsteller eine Begebenheit, die ihn als Junge „Gott erfahren ließ“: Einen Schiffbruch mit Tiger. Unglaublich, aber wahr – und der Junge hat augenscheinlich überlebt.
Aber dann beginnt sie, die Reise einer indischen Familie, die nach Kanada auswandern muss, um eine neue Existenz aufzubauen. In ihrem Reisegepäck ist der gesamte Tierbestand ihres Zoos, der in der neuen Heimat verkauft werden soll. Auf hoher See verursacht ein Sturm den titelgebenden ‚Schiffbruch’. Ein Junge und ein Tiger, namens „Robert Parker“ halten sich im wahrsten Sinne ‚über Wasser“.

Das alles wäre "eigentlich" nicht großartig der Rede wert. Passend in die nachweihnachtliche Stimmung erfreut ein bildgewaltiger Film doch generell das Herz der gesamten Familie. So ist es aber nicht - und so bleibt es nicht in diesem wirklich überraschenden Plot. Es ist schon mehr als erstaunlich, dass nicht der Hauch von Langeweile aufkommt, obwohl der Zuschauer die meiste Zeit szenarisch mit einem Jungen und einem Tiger auf stiller See verbringen muss.

Mehr sei nicht verraten. Nur eines noch vorweg: Man ist nachdenklich, wenn man das Kino verlässt. Fragen über Schein und Wirklichkeit, nach Moral und Sinn entstehen. Hat man überhaupt richtig verstanden, was man gerade so cineastisch eindrucksvoll gesehen hat?
Machen Sie sich selbst ein Bild. Es lohnt sich.

Yann Martel
Schiffbruch mit Tiger
Roman. Ausgezeichnet mit dem Booker Prize 2002 und dem Deutschen Bücherpreis, Kategorie Internationale Belletristik 2004
Übersetzung: Allié, Manfred; Kempf-Allié, Gabriele
Quelle: Bücher.de

Autor:

Vera Auffenberg aus Castrop-Rauxel

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