Pestalozzihaus: "Sprach-Café" und Förderung für Mütter und Kinder
"Werden durch Sprache"
Sprache ist der Schlüssel zur Integration. „Sprachförderung und Informationen für zugewanderte Kinder und Mütter“ bietet jetzt ein Projekt der Integrationsagentur der AWO in Kooperation mit der Stadt Bergkamen und der VHS im Familientreff Pestalozzihaus Bergkamen an. Durchführende sind selbst Migranten aus Afghanistan, Iran und Kasachstan, die in Bergkamen durchaus bekannt sind. Steh-Café-Betreiberin Lejla Azimi ist auch mit dabei.
„Jede Muttersprache ist wertvoll, denn durch sie lernst du schneller Deutsch“, ist sie überzeugt. Ihr Ziel ist es, dass Frauen sich selbstsicherer fühlen, wenn sie mit ihnen über Gesundheitsthemen, Behördengänge, Arbeiten in Deutschland oder das Schulsystem spricht. Als Übersetzerin und durch ihre Ämter im Integrationsrat, Jugendhilfeausschuss und im kommunalen Integrationszentrum kennt sie die Klientel genau und konzentriert sich auf Unterstützung der Mütter. Sie bekommt die Probleme im Alltag aus erster Hand mit. Corona habe die Situation zusätzlich verschärft. Seit 18 Jahren lebt sie in Bergkamen, hat drei Kinder und erlebt gerade im Bereich Schuldisziplin große Probleme. Das „Home-Schooling“ habe viele Mütter vor große Herausforderungen gestellt. Täglich erhalte sie Anrufe von Lehrern, dass Schüler nicht im Unterricht erscheinen. „Für viele Familien ist es eine große Aufgabe, die Kinder für die Schule fertig zu machen.“ Bei Behördengängen und in den Fragen rund um Leben und Arbeit in Deutschland möchte sie in dem Projekt sprachlich unterstützen. Naheliegend für die Kleingastronomin: Sie bietet die Unterstützung als "Sprach-Café" an.
Gierig auf Sprache
Den Spracherwerb der Kinder hat hingegen Huda Feroughi aus Afghanistan im Blick. Seit 20 Jahren lebt sie in Bergkamen, arbeitet seit 15 Jahren in einem Drogeriemarkt. „Viele Kinder können Deutsch sehr gut, aber die Muttersprache fehlt. Die Kinder sind gierig auf deutsch und persisch.“ Ihre Tochter schreibe leidenschaftlich gerne von rechts nach links.
Bildungschancen verbessern
Sowohl die Muttersprache als auch die deutsche Sprache sollten erlernt werden, sind die Dozentinnen überzeugt. Denn im heimatlichen Kulturkreis gelten Kinder ohne Herkunftssprache als Minderheit. „Da wird auch gehänselt“, weiß Oxana Haffner. Sie möchte auch, dass Kinder beim Lernprozess sprachlich unterstützt werden und dabei Informationen über Regelungen, Kultur und Traditionen erhalten.
Neue Integrationsmanagerin
Bei der offiziellen Eröffnung des Projektes bedankte sich Heiko Sachweger (AWO UB RLE, Migrationsberatung) bei den Initiatoren und Mithelfern. „Vernünftig sprechen zu können ist eine Lebensgrundlage.“ Christian Scharwey, zuständig für Jugendförderung und Integration überreichte gemeinsam mit Christine Busch einen Förderbescheid in Höhe von 20.000 Euro für das Projekt. Die Vernetzung mit der Stadt Bergkamen entstand durch die Aktion „Bergkamen for all“. Der Zusammenschluss von Vereinen und Bürgern entwickelte Ideen, wie Integration neu gestaltet werden kann. „Es ging rasch von der Idee bis zur Umsetzung.“ Der Förderbetrag aus NRW-Landesmitteln ist bis Jahresende bestimmt, Unterstützung darüber hinaus aber wahrscheinlich.
Manche Teilnehmer lernten bei der Projektvorstellung auch Hevidar Yildirim kennen, seit 1. Juni als Integrationsmanagerin für die Stadt Bergkamen tätig. Für sie stehe die Bedeutsamkeit der Muttersprache im Vordergrund.
Das Interesse an Sprachförderung und Informationen zu Alltagsfragen sei groß, hat Oxana Haffner erfahren. Bei einer Auftaktveranstaltung am 14. Juni seinen erstaunlich viele Mütter, Kinder und auch Väter gekommen. Sollte das neue Integrationsprojekt gut anlaufen, möchten Familientreff im Pestalozzihaus, AWO, VHS und Stadt Bergkamen auch Angebote für Männer schaffen.
Zudem soll es im nächsten Schuljahr an Grundschulen und Weiterführenden Schulen durchgeführt werden.
Info:
Die Sprachangebote wenden sich an Kinder und Mütter und finden im Pestalozzihaus, Pestalozzistraße 6, Bergkamen, statt.
Für Kinder (6-12J.) mit Zuwanderungsgeschichte ab sofort bis zum 30. November, montags von 15 bis 17 Uhr. Zur gleichen Zeit findet auch das Sprach-Café für die Mütter statt. Weitere Informationen und Anmeldung unter Tel. 02307 83320 / 0174-6352769 oder integrationsagentur-bergkamen@awo-rle.de
Autor:Stefan Reimet aus Holzwickede |
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