Bergkamener Turnhalle für Flüchtlinge - Entscheidung in den nächsten zwei Wochen: Kommt sogar eine zentrale Großunterkunft?
Seit Donnerstagabend, den 6. August, steht fest, dass Bergkamen mehr Flüchtlinge als zuvor vom Bund zugeteilt bekommt und dass die Unterbringungen für die ab Montag, 10. August, eintreffenden Asylsuchenden nicht mehr ausreichen werden. Zunächst sollen die Neuankömmlinge in die Sporthalle Lessingstraße einziehen.
Bis jetzt wurden die Bergkamen zugewiesenen Flüchtlinge dezentral in 22 von der Stadt angemieteten Wohnungen sowie in 25 Hotelzimmern einquartiert. Bundesweit treffen jedoch statt zuvor 1000 Flüchtlinge im Monat 1000 Flüchtlinge pro Tag in Deutschland ein. Rund 400 Menschen sind davon aktuell in der Betreuung der Stadt.
Wo kommen die Flüchtlinge her und was passiert mit ihnen?
Sie kommen aus Krisengebieten, wie Syrien, Irak, Afghanistan und aus afrikanischen Staaten sowie aus osteuropäischen Ländern auf der Suche nach einem besseren Leben nach Deutschland. Nach ihrer Ankunft wird zunächst in der sogenannten Ersterfassung versucht Identität und Gesundheitszustand festzustellen, erste Hilfsmaßnahmen einzuleiten. Eine Bearbeitung der dann folgenden Asylverfahren wäre - laut Bergkamens Bürgermeister Roland Schäfer - in vier Wochen möglich. Nur zu einem einstelligen Prozentsatz wird Asyl gewährt.
Bis jedoch klar ist, was mit den Flüchtlingen passiert, werden sie entweder in zentralen Unterkünften, wie in Kamen, Unna-Massen, Dortmund oder neu in Selm-Bork und Schwerte einquartiert, oder dezentral in die Kommunen geschickt, wie nach Bergkamen, wo dann leerstehende Wohnungen gesucht werden (bis zu 6 Personen pro Wohnung), gegebenenfalls von der Stadt renoviert und eine Wohnungseinrichtung gestellt wird.
Wo und wie werden die neuen Flüchtlinge in Bergkamen untergebracht?
Da kurzfristig ab dem 10. August 30 Flüchtlinge eintreffen, nutzt die Stadt die Sporthalle an der Lessingstraße in Nähe des Bergkamener Hallenbads als Notunterkunft. Bürgermeister Schäfer und das mit drei Personen verhältnismäßig kleine Verwaltungsteam mussten schnell reagieren: „Da kann nicht alles rund laufen und wir sind froh, dass wir eine Übergangslösung gefunden haben und uns viele dabei unterstützt haben.“ Das DRK hilft mit Feldbetten, kocht und gibt zusammen mit Ehrenamtlichen Essen aus. „Das sind Menschen - und für die werden wir Verantwortung übernehmen“, unterstreicht Schäfer. Die Turnhalle bietet Platz für 60 Personen, ist ebenerdig und erfüllt die Brandschutzvorschriften.
Die Vornutzer, ein Ski-, ein Eishockey-, ein Box und der TuRa-Verein, zeigen Verständnis und weichen in andere Hallen aus. Der Schulsport der Freiherr vom Stein-Realschule zieht derweil in die Pestalozzi Schule. Die Mitbürger sind mit einem Schreiben vom Bürgermeister um Verständnis und Willkommenskultur gebeten worden. Sozialpädagogen, Hausmeister und ein 24-Stunden-Wachdienst und eine erhöhte Polizeipräsenz kümmern sich um die Schutzsuchenden. „Bei uns befürchten wir keine Zustände wie in Dortmund, aber man muss vorsichtig sein“, weiß Roland Schäfer. Duschen soll in den sanitären Einrichtungen der Turnhalle sowie - zu abgesprochenen Zeiten außerhalb des Publikumsverkehrs - im benachbarten Hallenbad möglich sein. Kinder können zudem in den angrenzenden Streetworker-Räumlichkeiten „Anstoß“ betreut werden. Im Albert-Schweitzer-Haus, Schulstraße 8, sind Flüchtlingshelfer aktiv und hier werden auch Patenschaften und Hilfsangebote vermittelt.
Hilfe, Ehrenamt und Spende
„Das Ziel der Stadt ist es, die Flüchtlinge weiterhin in Wohnungen unterzubringen“, merkt Beigeordnete Christine Busch an. Wer für die Flüchtlinge in der Notunterkunft gut erhaltene Sachspenden abgeben möchte, der kann dies im Cairitas-Kleiderladen CARiert, Präsidentenstraße 61, montags und mittwochs von 10 bis 12.30 Uhr und 15 bis 18 Uhr sowie am ersten Samstag im Monat von 10 bis 12.30 Uhr machen. Außerdem nimmt das AWO Sozialkaufhaus DasDies, Am Stadion 5, Sachspenden entgegen.
Die Stadt unter Planungsdruck
60 Prozent der weiter ansteigenden Kosten für die Betreuung und Unterbringung der Flüchtlinge bleiben bei der Stadt, 40 Prozent zahlt das Land NRW an Bergkamen zurück. Neben den Kosten befürchtet Bürgermeister Schäfer vor allem weitere logistische Probleme, „denn es kann sein, dass in den nächsten zwei Wochen weitere 100 bis 150 Flüchtlinge auf einen Schwung kommen. Dann müssen wir auch an die größeren Hallen im Stadtgebiet ran. Vielleicht finden wir auch den nicht anzutreffenden Besitzer der Weddinghofener Tennishalle, damit wir an die Halle können.“
In den kommenden zwei Woche wird sich auch entscheiden, ob Bergkamen vielleicht sogar eine zentrale Flüchtlingsunterkunft des Landes für 800 bis 900 Menschen bekommen wird. Schäfer dazu: „Das wäre uns gar nicht so unlieb.“ Das Land müsste dann eine solche Unterkunft organisieren, vielleicht in ehemaligen Industriehallen oder auf dem östlichen Monopol-Gelände.
Stimmung in Bergkamen
Bereits 1995 nahm Bergkamen Flüchtlinge während des Jugoslawien-Konflikts auf, Damals waren sie in Containern und leerstehenden Gaststätten untergebracht. Noch weiter zurück erinnern sich einige ältere Bergkamener an ihre eigene Flüchtlingsgeschichte. Die Skepsis bei der Bevölkerung vor dem kommenden Flüchtlingsstrom ist jedoch groß. Schäfer berichtet davon, dass die Hälfte der Kommentare auf seine Flüchtlingspostings im Internet negative Reaktionen sein, Worte würden fallen wie Überfremdung und Kriminalitätsanstieg. Info- und Gesprächsveranstaltungen mit den Bürgern werden geplant. Schäfer plädiert weiter dafür, dass „eine Willkommenskultur gelebt wird [...] und das wir im besten Sinne eine bunte Gesellschaft bleiben.“
Autor:Steffen Korthals aus Kamen |
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