David gegen Goliath am Bergkamener Schwanenweiher

Gewässer und Acker locken die Wildgänse an den Bergkamener Schwanenweiher, die mit ihren Jungen die Straße überqueren müssen. Wir sprechen mit Naturschützer, der Stadt und Forschern. | Foto: Kerstin Zenker
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  • Gewässer und Acker locken die Wildgänse an den Bergkamener Schwanenweiher, die mit ihren Jungen die Straße überqueren müssen. Wir sprechen mit Naturschützer, der Stadt und Forschern.
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Seit 20 Jahren kommen die Wildgänse zum Brüten an den Bergkamener Teich. Zwischen Nahrungssuche und Schlafplatz liegt für Gansmutter und ihre Jungen eine vielbefahrene Straße. Hat die Zivilisation der Natur den Zugang verbaut? Wir sprachen mit Experten und klären auf.

Woher kommen die Kanadagänse mit ihren fünf Küken sowie die Nilgänse mit ihrem achtköpfigen Nachwuchs eigentlich? „Es sind entlaufene Jungtiere aus Stadtparks und Volieren, die dort als Ziervögel gezüchtet wurden. Die Gattung ist weitverbreitet und man findet vor allem die Kanadagans auch häufig in der Umgebung“, weiß Ornithologe Karl-Heinz Kühnapfel vom Naturschutzbund (NABU).
Seit circa 1970 haben sich die entflohenen Tiere von Bayern und Norddeutschland aus verbreitet und eine stabile Population gegründet. Diese Wildgänse sind nicht, wie oft angenommen, Zugvögel und gelten - aufgrund ihrer großen Anzahl - als jagdbares Wild. Besonders die Kanadagänse können in Binnengewässern Schaden anrichten und das Wasser zum Umkippen bringen, wie kürzlich anhand der Kanadagänse am Dortmunder Phoenix-See diskutiert.
Für das Biotop am fließenden Gewässer des Bergkamener Schwanenweihers besteht aber keine Gefahr. Das gilt nicht für die Kanadagans, die im vierten Jahr zum Brüten an den Teich nahe der Erich-Ollenhauerstraße zum Brüten kommt. Seit zwei Jahren gesellt sich die Nilgans dazu. Insgesamt ist das Brutgebiet seit circa zwanzig Jahren beliebt bei den Wildgänsen.

„Um die Gänse müssen wir uns keine großen Sorgen machen“ - Karl-Heinz-Kühnapfel, Ornithologe Naturschutzbund

Warum suchen sich Tiere den Platz in Straßennähe aus? Udo Bennemann, ebenfalls vom NABU, meint: „Genau kann das niemand sagen, warum die Wildgansmutter vor zwanzig Jahren diesen Brutplatz gewählt hat. Da war die Straße ja schon da und kann nichts dafür“. Nach dem erstem Mal brüten kehren Wildgänse instinktiv zum gleichen Platz zurück. Die Wildgänse brauchen einen Teich oder Schilf, um dort mit ihren Jungen die Nacht in relativer Sicherheit vor Füchsen verbringen zu können. Tagsüber geht es zur Nahrungssuche nach Gras und Körner zu einer Wiese oder einem Feld, wie auf der anderen Seite der Erich-Ollenhauer-Straße, wo ein Getreideacker liegt. Dafür müssen die Tiere die Verkehrsader heil überqueren. Bürgermeister Roland Schäfer hat spezielle Warnschilder entwickeln und aufstellen lassen, welche die Autofahrer warnen. „Mit der Situation kommen die Gänse ganz gut klar. Eher sollten neugierige Spaziergänge vorsichtig sein und nicht zu nah an die Wildgänse herankommen, denn die verteidigen sich“, bemerkt Vogelwissenschaftler Kühnapfel.

„Vorsicht ist trotzdem angebracht“ - Udo Bennemann, Naturschutzbund Bergkamen

Neben Wildgänsen machen auch Kormorane, Kraniche und weitere Vogelarten Halt am Teich. „Es lohnt sich also für Autofahrer - auch im eigenen Interesse - immer an dieser Stelle auf der Erich-Ollenhauer-Straße vorsichtig zu sein“, unterstreicht Natur- und Umweltexperte Bennemann. Die Brutzeit der Wildgänse dauert noch bis Mitte Juni. Dann geht es für die gefiederten Kleinfamilien weiter auf die Felder der Umgebung.
„Auch wenn die Gänse gerade viel Aufmerksamkeit bekommen, so wird vergessen, dass auch andere Tierarten über die Strasse müssen“, mahnt Udo Bennemann von der NABU, „Im Frühjahr laichen Frösche, Kammmolch, Erdkröte und Bergmolch und weitere Amphibien und wollen zu diesem Zweck über die Erich-Ollenhauer-Straße. Für die kleineren Tiere interessieren sich wenige. Es gibt Hinweisschilder für die Autos, aber wir sammeln von der NABU aus die Tiere und tragen diese per Hand zum Teich“. Bennemann schlägt das Anlegen eines weiteren Teichs an der Seite der Straße vor, wo sich auch das Futter der Tiere befindet, womit sowohl Verkehrsteilnehmern als auch Wildgänsen und Amphibien geholfen wäre.

Hintergrund: Die Erich-Ollenhauer-Straße - ein Stück Stadtgeschichte

-> Vor dem 19. Jahrhundert war die heutige Erich-Ollenhauer-Straße als „Sandweg“ bekannt und wurde gemäß ihres Aussehens von Reisenden und Anwohnern so genannt. Sie diente ab dem 19. Jahrhundert als Wirtschafts- und Verbindungsweg zwischen Weddinghofen und Heil beziehungsweise zwischen der früheren Weddinghofer und Oberadener Heide.
-> Um 1890 erhält der Weg durch die Vertretung der Gemeinde Weddinghofen den Namen „Talstraße“.
-> Erst am 25. Juni 1970 wird die Straße nach dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden Erich-Ollenhauer vom Stadtrat umbenannt. Stadtarchivar Martin Litzinger, der uns Auskunft erteilte, ergänzt: „Die Straße stellte die Hauptverbindung von den Stadtteilen Heil und Oberaden zur damals erst im Bau befindlichen Bergkamener City her“.
Ein Bild vom Bau oder vom früheren Aussehen der Straße existiert nicht. In der topographischen Karte von 1892/1912 ist der Verlauf eingezeichnet.
Wissenwertes über Bergkamens Geschichte und das Archiv der Stadt gibt es auch online unterhttp://www.bergkamen.de/geschichte.
(Bilder von Bürgerreporterin Kerstin Zenker)

Gewässer und Acker locken die Wildgänse an den Bergkamener Schwanenweiher, die mit ihren Jungen die Straße überqueren müssen. Wir sprechen mit Naturschützer, der Stadt und Forschern. | Foto: Kerstin Zenker
Seit 1970 verbindet die Erich-Ollenhauer-Straße Oberaden und Heil mit der Bergkamener Innenstadt. Seit 1995 kommen die entlaufenen Gänse. | Foto: Kerstin Zenker
Autor:

Steffen Korthals aus Kamen

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