Ein Bild - Eine Geschichte

Am Ende der Brücke

Mühsam kämpfte Andres seine aufkommende Panik nieder. Das Kettenhemd lastete schwer auf seinen Schultern. Angstschweiß lief ihm in die Augen und ließ ihn blinzeln. Die Angreifer hatten den Fuß der Treppe bereits erreicht. Er konnte das Waffengeklirr deutlich hören. Er fasste sein Schwert fester. ‚Ein Mann kann die Brücke eine Stunde halten, wenn es sein muss!‘, hatte Gilig gesagt, bevor er aufgebrochen war, um Verstärkung zu holen. Doch nicht er, sondern Andres stand hier und musste mit anhören, wie seine Kameraden einer nach dem anderen starben, in dem verzweifelten Versuch, die Befreiung des Gefangenen zu verhindern. Sie hatten den Gegner unterschätzt. Er hatte sie schneller gefunden, als erwartet. Sie waren auf einen Angriff nicht vorbereitet gewesen. Nun lag es an ihm, dass der Gefangene seine gerechte Strafe erhielt.
„Ihr hättet mich besser gleich getötet, als ihr die Möglichkeit hattet. Euer lächerlicher Gerechtigkeitssinn wird euch teuer zu stehen kommen. Ich werde fürchterliche Rache an euch für meine Gefangennahme nehmen. Ihr werdet um den Tod betteln!“
Andres versuchte die raue Stimme in seinem Rücken zu ignorieren. Der Gefangene redete schon die ganze Zeit auf ihn ein und insgeheim gab Andres ihm Recht. Sie hätten ihn gleich töten sollen. Aber dann wären sie nicht besser als ihr barbarischer Gegner gewesen und der Gefangene hätte all seine Geheimnisse mit ins Grab genommen. Schritte erklangen auf der Treppe. Andres hob entschlossen das Schwert.
www.sabine-kalkowski-schriftsteller.de

Autor:

Sabine Kalkowski aus Bergkamen

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