Ein Bild - Eine Geschichte
Fata Morgana
Flimmernd stand die heiße Luft über dem Wüstensand. Erschöpft fiel Tom auf die Knie, als er die Kuppe des Hügels erreichte. Er hatte seinen letzten Schluck Wasser am Fuße des Hügels getrunken, in dem Glauben, dass er in dem Tal vor ihm die Oase und den See finden würde. Sein müder Blick schweifte über die trockene Landschaft. Am Horizont zeichnete sich die hochaufragende Bergkette ab, davor ein Hügel nach dem anderen. Vereinzelt fristete noch ein vertrocknetes Büschel Gras sein Dasein, ein trauriger Rest aus den wenigen feuchten Tagen im Jahr. Der allgegenwärtige Staub kroch durch alle Ritzen der Kleidung und scheuerte auf der verschwitzten Haut. Was sollte er nur tun? Hinter jedem dieser Hügel konnte die Oase liegen. „Du musst auf die Lücke zwischen den zwei höchsten Gipfeln zu halten, dann kommst du direkt zum kleinen See. Mein Vetter tränkt seine Kamele dort“, hatte Ahmed gesagt, bevor er ihm den Zettel mit der Nachricht für seinen Vetter in die Hand gedrückt hatte. Tom erinnerte sich, wie erstaunlich leicht ihm die Flucht aus dem Gefängnis gelungen war. Er war sich sicher gewesen, dass man ihn bemerkt hatte, doch niemand folgte ihm. Er schaute erneut zur Bergkette hinüber. In der flimmernden Luft konnte er sie kaum ausmachen und es schien, als seien alle Gipfel gleich hoch. Er rieb sich die Augen und glaubte plötzlich auf dem nächsten Hügel Bäume zu erkennen. Er fuhr sich erneut übe die Augen und die Bäume waren verschwunden. ‚Nur eine Fata Morgana‘, dachte Tom und gab auf. Er war so müde. Er sah nicht mehr, wie auf dem gegenüberliegenden Hügel Männer mit einigen Kamelen auftauchten. Langsam schritten sie den Hang hinunter und den Hügel, auf dem Tom lag, wieder hinauf. Als sie ihn erreichten, kniete einer nieder, fühlte nach seinem Puls und schüttelte dann den Kopf.
„Tragisch!“, meinte er zu seinen Gefährten. „Er hatte die Oase beinahe erreicht.“
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Autor:Sabine Kalkowski aus Bergkamen | |
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