Ein Bild - Eine Geschichte
Ein Bier zu viel

„Miran, komm jetzt. Wir sind schon zu lange hier!“ Pablo sah sich nervös um. Im Moment war zwar alles still, aber diese Mönche schienen nie zu schlafen. Sie mussten schleunigst hier weg, bevor man sie entdeckte. „Komm jetzt! Wir haben, was wir wollten.“ Pablo rückte den Rucksack zurecht, denn die alten Kerzenleuchter und Kelche, die darin steckten, drückten unangenehm.
„Reg dich ab Pablo. Ich will nur noch einen Blick in den Keller werfen. Irgendwo müssen sie doch ihr Bier verstecken.“
„Bier? Das ist doch jetzt nicht dein Ernst. Wir sind nicht zum Saufen hergekommen. Wenn die merken, dass wir ihren Altarraum leer geräumt haben, sperren die uns in eine ihrer Zellen und lassen uns da verrotten.“
„Ach was. Was erzählst du nur für einen Blödsinn.“ Miran ging weiter. „Da, ich seh die Tür. Da muss es in den Keller gehen. Komm schon. Nur einmal probieren. Die machen so ein Geheimnis darum, ich will wissen, ob es wirklich so gut schmeckt, wie man sagt. Er schlängelte sich an weiteren Säulen vorbei, öffnete eine kleine Tür und verschwand in der Dunkelheit, die sich dahinter auftat.
„Elender Pferdedreck.“ Pablo fluchte verhalten, dann folgte er Miran. Er wollte am liebsten verschwinden, doch er konnte seinen Freund nicht zurücklassen. Hinter der Tür führte eine Wendeltreppe in die Tiefe. Langsam stieg er hinab. Am Ende sah er flackerndes Kerzenlicht. Er blieb stehen.
„Pablo, lauf weg!“
Schwielige Hände packten Pablo und zerrten ihn die letzten Stufen hinunter. Der Rucksack wurde ihm vom Rücken gezogen.
„Na, da haben wir ja alles.“
Pablo drehte sich um und blickte in die schwarzen Augen eines Mönches.
„Ihr möchtet sicher unser köstliches Bier kosten, nicht wahr?“ Zwei Krüge wurden mit Bier aus einem der Fässer gefüllt. Es schäumte nicht. Grünlicher Dampf stieg aus den Krügen auf. Miran wand sich, versuchte, sich loszureißen, doch die zwei Mönche, die ihn hielten, waren stärker als er. Sie zogen seinen Kopf nach hinten und flößten ihm das Gebräu ein.
Pablo starrte ihn mit offenem Mund an. Ihm wurde heiß und sein Magen krampfte sich zusammen. Schweiß brach ihm aus und er begann sich nach Leibeskräften zu wehren. Aber die Hände, die ihn festhielten, waren wie Schraubstöcke. Mirans Hautfarbe hatte sich zu grün gewandelt, er wurde dünner und durch seine Kleidung bohrten sich spitze Triebe, aus denen Blätter sprossen. Er schrie und seine Stimme wurde immer höher und schwächer.
„Ja, es zwickt ein wenig, aber dafür werden wir euch gut pflegen. Aromatischer Hopfen ist die Grundlage für ein schmackhaftes Bier, musst du wissen.“
Pablos Kopf wurde nach hinten gezogen und der Krug an seine Lippen gesetzt.
www.sabine-kalkowski-schriftsteller.de

Autor:

Sabine Kalkowski aus Bergkamen

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