Abriss des Oberadener Fördergerüstes hat begonnen
Ein Stück Bergbaugeschichte ist nun für immer verschwunden.
Die Stadt Bergkamen schreibt sich gerne auf die Fahnen, ehemals größte Bergbaustadt Europas gewesen zu sein. Wie sie allerdings mit ihrem Andenken daran umgeht, können viele Bürgerinnen und Bürger nicht verstehen. Die Entscheidung, das Fördergerüst über dem Schacht 2 der Schachtanlage Haus Aden abzutragen, sorgt für viel Ärger und Missmut- und das nicht nur unter den Bergleuten.
Den 18. Februar dieses Jahres wird Volker Wagner aus Oberaden so schnell nicht vergessen. An diesem Tag wurde nämlich in der Römerbergsporthalle offiziell der Abriss des letzten Fördergerüstes
der ehemaligen Zeche Haus Aden bekannt gegeben. „Ein schwarzer Tag für alle Bergleute und auch viele andere Bürger/innen aus Oberaden“, erklärt er traurig. Wagner ist heute noch Bergmann durch und durch, das merkt man sofort. 1983 begann er seine Ausbildung auf Haus Aden als Bergmechaniker und schloss diese drei Jahre später ab. Er war bis zur Schließung der Zechenanlage im Jahr 2001 in der dritten Generation dort tätig. Großvater und Vater waren bereits „Kumpel“ unter Tage. Auch in der Jugend- und Gewerkschaftsarbeit der IGBCE engagierte er sich jahrelang, später dann im Bergbaugeschichtskreis seiner Heimatstadt. Für ihn ging mit dem Beschluss ein Stück Heimat verloren. „Nicht nur die ehemaligen Bergleute und die Bevölkerung waren geschockt“, erklärt er. „ Auch jüngere Menschen, die den Bergbau vielleicht nicht mehr so intensiv erlebt haben, konnten diese Entscheidung nicht verstehen.“
Für viele ist es ein hoher Verlust an Bergbaukultur. Dabei hätte es seiner Meinung nach ganz anders kommen können. Die Ruhrkohle AG in Essen hatte der Stadt vor Jahren schon das Angebot gemacht, das Fördergerüst für einen symbolischen Euro zu übernehmen. Über die weiteren Kosten hätte man sich natürlich dann zusammensetzen müssen.
Förderer der Bergbaukultur fühlen sich von der Stadt über den Tisch gezogen
Die Verantwortlichen entschieden sich dann aber dafür anstelle des Turmes ein Pumpenhaus zu errichten, an dessen Fassaden Gemälde des demontierten Fördergerüstes den Bergbau würdigen sollten. Die Kosten des Pumpenhauses würden sich auf sich auf 586.000 Euro belaufen, hinzu kämen 2,2 Millionen Euro für die Verschönerungen. Am Ende würde sich das Projekt dann auf 2,7 Millionen Euro belaufen. 756.000 Euro würde die Stadt Bergkamen bezahlen, der Rest von 1,5 Millionen Euro würde aus anderen Steuereinnahmen fließen. Für die Mitglieder des Bergbaugeschichtskreises war die Idee mit den Kunstwerken auf dem Pumpenhaus völlig indiskutabel. „Dabei hatte der frühere Bürgermeister Roland Schäfer in einer Ratssitzung den Eindruck erweckt, dass auch er für den Erhalt plädieren würde“, erzählt Wagner. Vermutlich stand aber damals schon das Ende des Fördergerüstes fest, denkt Volker Wagner. Das Angebot, schon frühzeitig einen Förderverein zu gründen, lehnte die Stadt ab, weil man den möglichen Erhalt in Eigenverantwortung weiter führen wollte. Nach Wagners Ansicht begannen die Stadtoberen bereits zu diesem Zeitpunkt schon, die Förderer der Bergbaukultur gehörig „über den Tisch zu ziehen“.
Erhalt wäre finanzierbar gewesen
Das setzte sich dann auch in dubiosen Gutachten fort, die den Erhalt rein rechnerisch unmöglich machten. „ Unser Plan wurde mit irgendwelchen Schätzungen schlichtweg kaputt gerechnet“, so Wagner. So sollte die Instandhaltung beispielsweise alle 20 Jahre rund 2,2 Millionen Euro kosten, weil man den Turm dann einrüsten müsse und Sandstrahlen, um ihn zu streichen. „Das stimmt nicht“, kontert Wagner. Das Fördergerüst steht, im Gegensatz zum Turm auf Neu Monopol, nicht unter Denkmalschutz, benötigt daher auch keine besondere Farbe. Aufgrund von Recherchen bei anderen Bergbaugeschichtskreisen im Ruhrgebiet hätte sich eine ganz andere, weitaus kostengünstigere Variante ergeben. In Gelsenkirchen zum Beispiel wird das Gerüst der ehemaligen Zeche Pluto von Fassadenkletterern gestrichen. „Bei uns würde das dann ungefähr mit 26.000 Euro plus Farbe auf einen Endpreis von ca. 50.000 Euro zu Buche schlagen“, rechnet Volker Wagner vor.
Warum das Fördergerüst auf neu Monopol unter Denkmalschutz steht, kann Wagner sowieso nicht verstehen. „Die Substanz des Oberadener Gerüstes ist weitaus besser-und es sieht schöner aus.“
Auch der Plan, das Fördergerüst zunächst einmal abzubauen und an anderer Stelle erst einmal zwischen zu lagern, stieß bei der Stadt auf Ablehnung. Der Plan war nämlich, das Gerüst später am Eingang der Wasserstadt wieder aufzubauen- quasi als Tor, durch welches man hindurch gehen oder fahren würde. Die Breite von etwas über elf Metern zwischen den beiden äußeren Streben hätte das ermöglicht. Aber auch hier meldete die Stadt Bedenken an, wegen der Verkehrssicherheit angeblich. „Seltsamerweise wurde aber auch das an anderer Stelle im Ruhrgebiet praktiziert“, erzählt Volker Wagner. „Wir hätte die vier Plattformen begehbar gemacht und Besuchern für einen kleinen Eintrittspreis zugänglich gemacht. Das wäre einzigartig gewesen.“
Ein Stück Heimat ging nun endgültig verloren
Am vergangenen Mittwoch lud die RAG zu einem offiziellen Pressetermin ein, weil an diesem Tag der Rückbau mit der Demontage der Seilscheiben begann. Der WDR aus Köln war auch angereist und wollte den Mitgliedern des Bergbaugeschichtskreises wohl auch einige Fragen dazu stellen. „Wir haben abgelehnt, weil das kein Grund zum Feiern war“, erklärt Volker Wagner traurig. Für ihn und viele Oberadener ging an diesem denkwürdigen Tag definitiv ein Stück Heimat verloren.
Autor:Jörg Prochnow aus Kamen |
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