PROVINZ – irgendwo in Deutschland

Wo liegt eigentlich der besondere Reiz der Provinz? Oder möchte nur jeder von uns auf bequeme Weise seine Vorurteile bestätigt bekommen?
Aber bei dem Wort -„Provinz“- hat vermutlich jeder eine andere Vorstellung. Aber diese verschiedenen Vorstellungen ergeben am Ende das Bild einer Region, in der die Grenzen nicht überschritten werden. Und schon umgibt diese kleine Harmonie der Einschränkung ein Jägerzaun mit dem Hinweisschild:
Einfahrt freihalten!
Eine Blumenrabatte begleitet die Auffahrt zur Garage. Der Hausherr sprengt in kurzen Hosen inbrünstig sein abgezirkeltes Rasenstück, das von Zierpflanzen umgeben wird. Bleibt nur noch zu hoffen, dass die Wäsche auf der Nachbar- Leine ungestört trocknen darf.
Sie sehen, wenn man in der Provinz lebt, darf man nicht vor sich hin dämmern. Man hat immer etwas zu tun. Und selbst der Geistliche aus dem nächsten Dorf übernimmt beim lokalen Blättchen den wöchentlichen Kommentar, der nur halb soviel Platz einnehmen darf wie eine Todesanzeige.
Immerhin, dieser Mann Gottes versucht beharrlich den angeblichen Zeitgeist zurückzudrängen, weil dieser vermeintliche Fortschrittsglauben nichts Anderes sei, als die Flucht vor sich selbst.
Wollen Sie diese Einstellung „provinziell“ nennen?
Und wenn schon, schreibt dieser Geistliche:
„Ein einziger Baum in der Stadt regeneriert die Luft von 80 Bundesbürgern. Wie viel europäische Luft wird hier also in unserer Heimat regeneriert? Hier kann man hundert Jahre alt werden und noch mehr.“
Wer vermag da noch über die Provinz die Nase zu rümpfen?
Nun gut, die pomadige Dorfjugend bestimmt, wer von den Jugendlichen dazugehören darf und wer nicht. Christlich ist das nicht und schon gar nicht gerecht.
Wer aber im Dorfleben die Garantie für seine eigene Freiheit und Geborgenheit sucht, wird alles dransetzen, dass diese Art von Gemeinsamkeit in einer Gruppe zelebriert wird, die bereit ist ihren Alltag den Dorf-Ritualen zu unterwerfen. Da kann man sich nicht freundlich winkend aus dem Weg gehen.
So trifft man sich also regelmäßig zum Schützenfest, auf der Kirmes und im Kegelclub. Dann reden und streiten erhitzte Köpfe immer wieder über die gleichen Dinge. Wer aber über die Theke hinweg Ladenhüter hin und her schiebt, wird vermutlich kaum erwarten wollen, dass er die Grenzen seiner Welt überschreitet.
Obwohl, die Parabolantennen auf den Häusern ihrer Eltern lassen zwar einen Fortschritt erahnen, aber den Lauf der Dinge verändern sie nicht. Denn schon kreist die Bierflasche und der Grill entwickelt verführerische Schwaden von saftigem Fleisch.
Und ich denke, während ich die Flasche ansetzte, vermutlich nimmt man erst dann Gewohnheiten an, wenn man sich langweilt. Und da ich schon so weit bin, frage ich mich, ob es wohl stimmt, dass es viele Pflanzen gibt, die ihre Köpfe hängen lassen, wenn sie umgetopft werden?
Ich muss unbedingt den Mann Gottes fragen.

Autor:

Dr. Mathias Knoll aus Arnsberg

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