Kontrolle verloren

Die Gedenkstätte

Schützenfestunfall St. Hubertus Menden - auch am vierten Verhandlungstag wurden weitere Zeugen sowie die ersten Sachverständigen zu den Geschehnissen vom 19. Juli 2009 gehört.
„Uns wurde vom Notarzt mitgeteilt, dass eventuell Anzeichen für eine Amnesie oder einen Ohnmachtsanfall des Fahrers bestehen könnten“, so Professor Doktor Klaus Weber, Facharzt für Innere Medizin. „In diesem Fall werden Herz-Kreislauf-Untersuchungen durchgeführt.“ Doch organisch ergaben sich keine Hinweise für diese Verdachtsdiagnose.
Ein 33-jähriger Mendener stand an der Kreuzung Stiftsstraße/Auf der Haar und hörte ebenfalls ein aufheulendes Motorengeräusch. „Dann sah ich einen schwarzen Pkw, der mit dem Streifenwagen kollidierte“, erinnerte sich der Augenzeuge.
Menschen seien durch die Luft geflogen, ein Zugteilnehmer knallte mit verdrehten Gliedmaßen direkt vor den Zuschauern auf den Asphalt. Nach rund einer Minute Schockzustand habe er zu dem Unglücksfahrzeug geschaut: „Da war der Fahrer noch drin.“
Bei dem Versuch, die Tür zu öffnen, musste er mit Gewalt vorgehen: „Es war alles verzogen.“ Anschließend hat er den Mann zu der Mauer geleitet, um ihn dort hinzusetzen. Die weitere Betreuung übernahm die inzwischen informierte Polizei und ein weiterer Zeuge.
Dieser hat sich dann längere Zeit, bis der Notarzt kam, um den Angeklagten gekümmert. „Ich habe mich mit ihm unterhalten“, sagte der Betriebsschlosser aus. Immer wieder fiel die Frage nach seiner Frau, die nach dem Aufprall auf das Polizeifahrzeug nicht mehr im Auto saß. Nach Ansicht des 51-Jährigen Helfers habe der Unfallfahrer am ganzen Körper gezittert und einen geistesabwesenden Eindruck gemacht. „Immer wieder antwortete er: Weiß ich nicht.“ Doch es fiel auch der Satz: „Was habe ich gemacht, dass ich so bestraft werde.“
Inzwischen hatte die Feuerwehr auf dem Parkplatz vor einem Kiosk ein „Erste Hilfe Zelt“ errichtet, wo die leichter Verletzten versorgt werden konnten. Eine Arzthelferin meldete sich sofort, nachdem sie von der Tragödie erfuhr.
Dabei fiel ihr eine ältere Dame auf, die über Schmerzen in der Brust und am Fuß klagte. Es war die vermisste Ehefrau des Unglücksfahrers.
Auf Nachfrage gab sie an, gleich mehrfach während der Fahrt gerufen zu haben: „Nun brems doch, nun brems doch.“ Die Arzthelferin wollte trösten: „Alles wird wieder gut.“ Doch die Beifahrerin war so realistisch, um zu erkennen: „Nichts wird mehr gut.“
Ein mechanisches oder elektronisches Versagen des Fahrzeugs schloss der technische Gutachter kategorisch aus. „Alle elektronischen Bauteile wurden einwandfrei in Zusammenarbeit mit einem unabhängigen Sachverständigen ausgelesen und zeigten keinen Ausfall“, so der Experte.
Durch Versuche konnte die Annäherungsgeschwindigkeit festgestellt werden: „Der Pkw wurde nicht abgebremst. Er war zwischen 65 und 75 km/h schnell.“ Dabei war die Beschleunigungsstrecke nach dem Ausschervorgang nur etwa 70 bis 90 Meter lang.
Der Sachverständige äußerte die Meinung, dass das Herausfahren aus der wartenden Schlange noch normal war. Anschließend sei dem Angeklagten aber etwas entglitten: „Ich glaube, dass er die Kontrolle völlig verloren hatte. Und die Geschwindigkeit tat ein übriges.“

Autor:

Peter Benedickt aus Fröndenberg/Ruhr

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