Geliebte & Krankenschwester

„In der ersten Hälfte seines Lebens war ich seine Geliebte und im letzte Drittel seine Krankenschwester. Aber so, wie sich Klaus in den letzten Monaten benahm, fragte ich mich oft, wenn ich seine Unterhosen wusch, warum war er früher nie auf die Idee gekommen meine Slips zu waschen?
Nun, das hätte ich ja noch ertragen…
Aber mit der Zeit wurde Klaus so kleinlich wie ein Diabetiker, der einem ununterbrochen seine Broteinheiten vorrechnete. In diesem Punkt war er sehr konsequent.
Und da er immer nur Recht hatte, hielt er sich peinlich genau an seine eigenen Maßstäbe. So drehte sich am Ende alles nur noch um ihn.
Klaus aber kam nie mehr auf irgendeinen Gedanken, an dem ich mich hätte erwärmen können. Und wenn ich ihn dann aus der Nähe betrachtete, wie durch ein Mikroskop, erinnerte er mich immer öfter an einen faulenden Zahn.
Ich würde das gar nicht erwähnen, aber schon früher hörte er nicht auf mich. Und mit der Zeit bekam er auch noch einen Körpergeruch, den ich so an ihm nicht kannte.
Je länger dieser Zustand also anhielt, desto öfter hatte ich das Gefühl, dass sich die Zeit rückwärts drehte.
Kurz, unser Zusammenleben wurde eine Reise zum Ende meiner Geduld.
Eigentlich bin ich ja kein Mensch, der sich etwas vormacht, “ sagte Frau Z. sachlich, „…und zu meinen Falten hatte ich immer ein ungestörtes Verhältnis. Aber noch war ich jung genug…, “ lächelte sie, als könnte sie mit ihrer elektrischen Zahnbürste genauso geschickt umgehen wie, nun ja, wie mit einem Vibrator. „Ich war nie eine Frau, die nach dem weinerlichen Motto:
Kopf hoch…! lebte,“ sagte Frau Z. „Dabei wusste auch ich immer, dass man nicht bei Adam und Eva anfangen soll und schon gar nicht aufhören...
Und doch, wer mit so einem Mann wie Klaus verheiratet gewesen war, war mit Sicherheit auch noch fit für eine zweite Ehe… und…,“ lächelte Frau Z. „…eigentlich ist mir das peinlich…aber Ihnen kann ich es ja erzählen… Sie haben doch Schweigepflicht…?! “
Ich nickte, während ich ihre Krankenakte einpackte.
„Ja,“ sagte Frau Z. „ wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich gar nicht bemerkt, als er starb. Klaus war doch immer ein Langschläfer…“

Autor:

Dr. Mathias Knoll aus Arnsberg

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