Chronologie der Ereignisse

Die Chronologie der Ereignisse langweilt mich so wie die Sehenswürdigkeiten, die jeder Touristenbus anfährt. Deswegen möchte ich nicht nur das erzählen, was ich erlebe. Ich möchte auch davon berichten, was ich noch nicht kenne. So hoffe ich das zu verstehen, was ich allenfalls erahne.
Und während ich darüber noch nachdenke, begleiten mich plötzlich Wortverbindungen, die ich liebe, weil sie in ihrem Rhythmus und in ihrer Melodie von dem abweichen, was ich jeden Tag hören muss.
Und schon, wie auf einer Bühne, schlüpfen die Worte in ihre farbigen Kostüme und reden sich um Kopf und Kragen. Aber ich schreibe ihnen kein Drehbuch. Denn jede Geschichte ist allenfalls der Anfang oder das Ende einer anderen Geschichte.
Soll ich also meinen Worten die Möglichkeiten nehmen, die ihnen der Alltag bietet? Dabei ist für mich der Alltag schon lange kein Kriterium mehr, an dem ich mich orientiere.
Zugegeben, das Schicksal des Menschen ist immer ähnlich. Und doch unterliegt das Leben einem Script, das vermutlich von fremder Hand geschrieben wurde. Viele Lebenskapitel können da nur Reprisen sein. So wird das Leben eine Wiederholung wie das Leben eines Schauspielers, der noch immer seine Rolle probt.
Und so bleibt für ihn das, was ihm gelingt und das, was er erhofft, nur die Spitze eines Eisberges oder der Anfang einer imaginären Geschichte.
Aber gleichzeitig soll das, was ich schreibe, wie eine Delikatesse schmecken. Und ich hoffe, wer davon gelegentlich nascht, bekommt nie genug davon.
Aber da ich mich schon mit unzeitgemäßen Gedanken beschäftige, frage ich mich, warum soll diese Art von Leben nicht reizvoll sein?
Im Übrigen kann es für ein unordentliches Leben keine ordentliche Erzählform geben.
Aber gerade deswegen poliere ich meine Worte und feile an meinen Sätzen bis sie mir gefallen.
Denn was ist schon ein Satz ohne Leichtigkeit und Sentimentalität? Und wie banal ist die Wahrheit, die als „Wahrheit“ daherkommt?
Und was soll ich mit Sätzen anfangen, die den Tagtraum nicht kennen oder die schlaflose Nacht?
In dieser Zeit neigen die Menschen ohnehin zu Geständnissen, die sie sonst niemals machen würden. Der Schlaflose aber kramt in seinen Erinnerungen bis er einschläft. So wird jeder Tag zu einem neuen Traum.

Autor:

Dr. Mathias Knoll aus Arnsberg

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