"Al Capone"
Wenn man ihn sah, und man sah ihn täglich vor dem Ecklokal stehen, grinste er, als sei er „Al Capone“ persönlich. Da waren immer ein paar Typen um ihn herum, für die Schulter klopfen und Händedruck mehr bedeutet, als endloses Gequatsche.
Nur gelegentlich kreuzten drei Männer auf in ihrer schweren Limousine. Einer der Männer, der seinen schlechten Geschmack großspurig ausstellte, klopfte unserem „Al Capone“ nur beiläufig auf die Schulter und verschwand in dem Lokal, um es nach Minuten wieder zu verlassen. Dabei hob er in Siegerlaune seine protzigen Ringfinger und rief „Al Capone“ zu: „Alles klar, Alter…?!“ um mit seinem Mercedes zu verschwinden. Nun hatten „Al Capone“ und seine Typen den Bürgersteig wieder für sich allein.
Al Capone war ein kleiner, kräftiger Mann mit tätowierten Unterarmen und einem maroden Gebiss. Sein Halskettchen war höchstens versilbert und das dünne, strähnige Haar lag als Rattenschwänzchen auf seinem Kragen. Dabei war er immer schlecht rasiert, auch wenn er nach Rasierwasser roch. Vielleicht lag es auch an seiner Akne. Denn wenn er den Mund aufmachte, sah man, dass die Haut seines Gesichtes nur wenig elastisch war. Da musste jedes Wort hart und vulgär klingen. Aber „Al Capone“ hatte ja noch seine Zigarette, an der er sich festhalten konnte. Er rauchte dieses filterlose Kraut immer bis zum Schluss, um dann die Kippe wegzuschnippen. Nur einmal zerbrach er dabei den hoch gezüchteten Nagel seines Kleinfingers. Da sah ich erst wie gelb seine Nägel waren.
Kam aber ein junges Mädchen vorbei, glaubte „Al Capone“ den Blick eines Casanovas zu beherrschen. Dabei verdrehte er nur dösig seine Augen und zuckte markig mit dem Kinn. Auch seine Kumpanen hielten sich nicht mit ihren Kommentaren zurück. Aber „Al Capones“ Anmache bewegte sich weit unter seinem beschlagenen Gürtel. Dabei wippte er auf seinen erhöhten Absätzen wie ein leichtfüßiger Windhund.
Zugeben, früher war er ein kleiner Zuhälter. Aber das, was er damit verdiente, war nicht der Rede wert. So stand er des Öfteren mit einem Fuß im Knast. Immerhin nicht im Grab, denn an ihm hätte sich keiner die Hände schmutzig gemacht. Er war ein Verlierer, auch wenn er austeilen konnte. Denn er kam aus einer Welt, da war ein Mann noch ein Mann. Und wer nicht zuschlug, war ein Feigling.
Als er aber das erste Mal heiratete, lernte er eine Welt kennen, in der man schnell vor dem Richter stand, wenn man aus der Welt kam, in der ein Mann noch ein Mann war. Aber, das muss ich zugeben, ist eine andere Geschichte.
Autor:Dr. Mathias Knoll aus Arnsberg |
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