Acht Minuten – acht Männer – acht Stockwerke
Afghanische WG besucht gemeinsam mit Paten die Freiwillige Feuerwehr in Arnsberg
Acht Minuten Zeit haben die acht freiwilligen Feuerwehrmänner nach dem alarmierenden Notruf, um sich gemeinsam mit Christian Karla, stellv. Stadtjugendfeuerwart, am Löschfahrzeug einzufinden und während der Fahrt in ihre rund 25 Kilogramm schwere Schutzausrüstung zu werfen. Acht Minuten, in denen den Kämpfern gegen das Feuer alles Mögliche durch den Kopf gehen kann – denn noch kennen sie das Ausmaß des Einsatzes nicht. Da bekommen nicht nur die afghanischen jungen Männer große Augen, sondern auch ihre Paten, die gemeinsam mit ihnen an der Brandschutzübung der Freiwilligen Feuerwehr in Arnsberg teilnehmen.
„Es beginnt mit dem korrekt abgesetzten Notruf“, erklären Christian Karla und Robin Schmidt, Brandschutzerzieher der Jugendfeuerwehr, den afghanischen Gästen und ihren Paten.
„Bestenfalls in deutscher, notfalls auch in englischer Sprache!“ Nur dann sei eine barrierefreie Kommunikation möglich.
„Möchte es mal jemand ausprobieren?“, fragt Christian Karla im nächsten Moment.
Es dauert nur Sekunden, bis Nazrat sein Smartphone in der Hand hält und die beiden Feuerwehrmänner fragend ansieht: „Jetzt anrufen?“ Natürlich – aber woher soll er das auch wissen – werden diese Notrufübungen an einem spezifischen Telefon geübt.
Nazrat macht sich gut – setzt einen Übungsnotruf in deutscher Sprache ab. Um seine Situation zu mimen, wird ihm ein Foto gezeigt. Anhand dieser Darstellung muss er auf die Fragen der Feuerwehr eine Antwort geben. Geschafft!
Khalid möchte den lebensrettenden Notruf ebenfalls üben. Und so antwortet auch er auf die fünf Fragen der Feuerwehr – in englischer Sprache. „Wichtig ist, dass Sie erst dann auflegen, wenn die Feuerwehr es Ihnen sagt“, erklärt Christian Karla weiter. Dies sei notwendig, um sichergehen zu können, dass die Feuerwehr den Einsatz richtig einschätzen können.
Praktische Veranschaulichung an verschiedenen Einsatzwagen
Nach diesen Trockenübungen und vielen weiteren Tipps für den Notfall geht´s ans Eingemachte – Robin Schmidt zeigt am Einsatzwagen, wie er innerhalb von wenigen Minuten in kompletter Montur steckt. Immerhin 25 Kilogramm wiegt die Schutzausrüstung – schlichtweg zu schwer für Marita Gerwin, die diese nur „per Hand“ zu tragen versucht.
„Acht Minuten. Wie schaffen Sie das?“, fragt Marita Gerwin unglaubwürdig. „Schnell sein!“, antwortet Robin Schmidt mit einem zwinkernden Auge.
Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, hält er sich mit regelmäßigem Sport fit. Einsatzübungen in großen Gebäuden mit teilweise acht Stockwerken, wie zum Beispiel das Finanzamt oder auch die Bezirksregierung tragen dazu bei, für den Ernstfall gewappnet zu sein.
„Warum in acht Minuten?“, interessiert sowohl die afghanischen jungen Männer wie auch ihre Paten. Die Antwort ist schlicht: Weil das Gehirn lediglich acht Minuten ohne Sauerstoff auskommt, ohne dass es Folgeschäden davonträgt.
Diese „acht Minuten“ und das Gewicht der Schutzausrüstung wie auch des Materials, das beim Einsatz an Ort und Stelle gebracht werden muss, lassen Tamim keine Ruhe – und so probiert er direkt einmal aus, wie schnell er die komplette Montur anziehen kann.
Gar nicht so einfach! Aber er schafft es.
Der Respekt der afghanischen jungen Männer gegenüber den Männern und Frauen der Freiwilligen Feuerwehr scheint von Kilo zu Kilo anzusteigen. Christian Karla und Robin Schmidt erklären derweil die einzelnen Funktionen der Einsatzwagen, zeigen viel Material und erläutern den Gästen, wie wichtig die korrekte Handhabung des Materials, aber auch das disziplinierte Verhalten der einzelnen Feuerwehrmänner und -frauen ist. „Ein Befehl wird nicht hinterfragt. Im Nachhinein kann man darüber diskutieren, ob diese Entscheidung richtig oder falsch war. Aber im Moment des Einsatzes wird nicht diskutiert – es wird gehandelt“, erklären die beiden.
Insgesamt genießen die afghanischen neuen Nachbarn und ihre engagierten Paten, Hans-Werner Wienand, Carola Klarke sowie Claudia und Klaus Brozio, einen spannenden, informativen und zugleich lustigen Nachmittag bei der Freiwilligen Feuerwehr in Arnsberg, für den sie sich in aller Öffentlichkeit bedanken! Einige der afghanischen jungen Männer können sich sogar vorstellen, nach ihren Integrationskursen Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Arnsberg zu werden, um sich gesellschaftlich zu engagieren.
Jetzt heißt es aber erst einmal: Deutsch perfektionieren! Denn auch, wenn sie bereits ganz gut Deutsch sprechen, so müssen sie die Sprache noch perfektionieren. Mit einem Ziel vor Augen ist die Motivation da natürlich besonders hoch. So kann das Ankommen in Arnsberg und insbesondere die Integration von geflüchteten Menschen in der „neuen Heimatstadt“ gelingen.
Weitere Fotos finden Sie im Web auf der Webseite der Fachstelle Zukunft Alter.
„Alt für Jung – Patenschaften“ ist ein Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenbüros in Kooperation mit dem Dachprojekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Menschen stärken Menschen“. Weitere Informationen finden Sie unter "Menschen stärken Menschen"!
Autor:Thora Meißner aus Arnsberg |
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