Nach 50 Jahren spielen die Ruhrtalherren erstmalig in der Oberliga Westfalen
Favorit OSC Dortmund wurde in der Ruhrtalhalle klar mit 39:32 geschlagen
Das Entscheidenste Spiel der gesamten Saison wurde am Samstagabend in der Ruhrtalhalle vor vollem Haus zu einem Krimi der ganz besonderen Art, der erst 10 Minuten nach Spielende die Erlösung brachte!
Die Ruhrtaler gingen nach 47 Sekunden durch Yannick Mähl mit 1:0 in Führung. Nach 3 Minuten stand es 3:3, danach setzen sich die Ruhtrtaljungs leicht ab zum 5:2. Nach 8 Minuten führten sie mit 4 Toren (7:3), nach 10 Minuten mit 6 Toren zum 6:3. Die Fans konnten es kaum glauben, der Ruhrtalexpress lief auf Hochtouren, wie wir es in der gesamten Saison so noch nicht gesehen hatten. Innerhalb von 3 Minuten warf Justus Klauke 3 Tore in Serie und erhöhte den Spielstand auf 10:3. Eine Auszeit der Dortmunder war die Reaktion auf den Durchmarsch der Ruhrtaler. Aber alle Ratschläge des Trainers, der noch in der Woche über die Heimatzeitung verkündet hatte, dass man in Oeventrop alles geben wolle, alle Tips verpufften, die Ruhrtaler Bauerdick, Klaucke, Mähl, Struwe und vor allem Aaron Humpert lochten unaufhaltsam ein und brachten Ruhrtal bis zur 23. Minute mit 10 Toren zum 19:9 in Führung.
Diese deutliche Führung veranlasste Trainer Moormann zu einer Auswechslung seiner 3 besten Spieler, was eine erhebliche Schwächung des Teams bedeutete. Der Rausch der Geschwindigkeit und Präzision war völlig dahin. Wurde bis zu dem Zeitpunkt nahezu jeder Angriff mit einem Tor abgeschlossen, so lief auf einmal nichts mehr. Stockfehler und Fehlwürfe waren an der Tagesordnung, die Dortmunder holten Tor um Tor auf, letztendlich konnte Ruhrtal noch einen 6-Tore-Abstand mit in die Pause nehmen.
Nach der Pause traten die Ruhrtaler wieder mit der ersten Garnitur an, es wurde aber zunächst nicht wesentlich besser. 5 Angriffe endeten erfolglos (3 x Latte, 1 Parade und 1 x über das Tor). Glücklicherweise ging es den Dortmunder aber nicht besser, auch sie versemmelten eine Chance nach der anderen, somit ändert sich an den Torabständen nichts wesentlich. Urplötzlich waren die Ruhrtaler dann aber wieder da, als Humpert in 3 Minuten 3 Tor warf, von da ab war abzusehen, dass unsere Jungs den Sieg sicher nach Hause bringen würden. Nach 47 Minuten lag man wieder mit 9 Toren zum 31:22 vorn. Die Ruhrtaler machten alles richtig, was aber war auf den Nebenplätzen der Abstiegskonkurrenten los. Trotz der tollen Leistung kam unter den Fans nicht so die richtige Freude auf. Auf fast allen Handys liefen die Liveticker von den Spielen in Bösperde und Hemer. Der 6-Tore-Vorprung von Hemer gegen Hattingen aus der ersten Halbzeit war dahin, Hattingen führte zu diesem Zeitpunkt bereits mit 4 Toren Vorsprung, kam somit für den Abstieg nicht mehr in Frage und Bösperde führte 3 Toren gegen den souveränen Aufsteiger Gevelsberg. In vielen Köpfen tauchten die Gedanken von Spielmanipulationen und grober Unsportlichkeit auf. „Die wollen unsere harzfreie Halle loswerden und die langen Fahrten ins Sauerland gefallen ihnen auch nicht, also lässt man uns über die Klinge springen!“ Dieser Vorwurf passt zwar zum Spiel in Hemer, aber nicht zu dem Spiel in Bösperde, denn Gevelsberg muss in Zukunft nicht mehr nach Oeventrop.
Diese Gedanken lagen wie Mehltau in vielen Köpfen, niemals zuvor sah man die Fans so niedergeschlagen aber troz der schwerwiegenden Folgen feuerten sie ihre Mannschaft bis zur letzten Sekunde an und beklatschten den 39:32-Sieg.
Die Mannschaft nahm den Beifall dankbar entgegen, Trost brachte er ihnen aber nicht. Justus Klauke lag minutenlang auf dem Rücken und starrte völlig niedergeschlagen an die Hallendecke. Man klatschte sich mit Anstand beim Gegner ab und stand anschließend konsterniert auf der Platte.
Spieler und Fans wähnten sich bereits als Absteiger, viele verließen die Halle, so auch ich. Da unsere jüngste Tochter gestern 40 Jahre wurde, war ich in Eile.
Zu dieser Zeit lief aber das Spiel noch in Menden und ich ahnte nicht, was noch passieren würde.
Mein „redaktioneller Mitarbeiter“ und Chef der Abwehr, Michael Gräbener schrieb mir um 04.41 Uhr folgende Nachricht:
Da du es ja nicht mehr mitbekommen hast:
In Bösperde war 13 Minuten vor Spielende ein Feueralarm in der Sporthalle und die Sporthalle wurde wohl dann evakuiert. Gevelsberg wollte mit 2 Toren Rückstand das Spiel nicht mehr wieder aufnehmen (hörensagen). Das Spiel wurde aber wieder aufgenommen. Es vielen wenig Tore und Gevelsberg ließ die wenigen Chancen, welche aber frei vorm Kreis oder von außen aus. Sie kamen aber mühsam auf ein Unentschieden heran, bis ca. 25 Sekunden vor Ende, damit war Bösperde hinter uns. Bösperde nahm eine Auszeit ca. 20 Sekunden vor Ende. Der letzte Wurf ca. 5 Sekunden vor Ende fand nicht den Weg ins Tor. Dann war plötzlich eine Unterbrechung von den Schiedsrichtern und diese berieten sich. Die Beratung ergab wegen eines Fouls an einem Gevelsberger Spielers 7 Meter für Gevelsberg (Sonderregelung : Begeht ein Abwehrspieler in den letzten dreißig Sekunden eine grobe Regelwidrigkeit oder unterbindet regelwidrig eine Wurfausführung (Anwurf, Abwurf, Freiwurf, Einwurf), erhält er nun eine rote Karte ohne Bericht – und die andere Mannschaft automatisch einen Siebenmeter.
Also gab es dann den 7 Meter für Gevelsberg und der wurde dann verwandelt und die Ruhrtalhölle verwandelte sich in Freudenmeer:
Die letzten Sekunden per livestream aus Bösperde
Trainer Frank Moormann sagte am späten Abend:
Natürlich sind wir überglücklich, dass es in letzter Minute doch noch geklappt hat den Abstieg zu verhindern. Die Dramaturgie nach unserem Spiel war ein Wechselbad der Gefühle. Erst waren wir abgestiegen, dann kam Hoffnung auf und zum Abschluss brachen alle Dämme mit übermäßige Freude. Wir haben in diesem Jahr 14 Punkte geholt, das war nach der Hinrunde nicht zu erwarten und macht uns stolz. Ja, wir wissen wir müssen und wollen auch auswärts unbedingt deutlich besser spielen. Daran werden wir in der Vorbereitung arbeiten. Jetzt werden wir aber erstmal feiern was das Zeug hält und den Augenblick genießen.
Es spielten:
Henrik Basler (16/39), Janne Malik (1/10) Torwarte, YannickMäl (4/5), David Bauerdick (4/6), Matthias Storm, Aaron Humpert (16/19), Malte Weber (1/1), Michael Gräbener, Veit Schmidt (2/2), Pierre Jauernik, Dorian Pavic, Steffen Röttger, Lukas Struwe (6/9), Justus Klauke (6/7), Louis Klute und Tilman Weber
Trainer: Frank Moormann
Statistik: Markus Basler
Hallensprecher: Karsten Schulte
Text und Fotos: Franz-Josef Molitor
Handballikone Klaus Spindeldreher postet nach dem Spiel: Einer unserer schönsten Ruhrtalabende!
Damenhandballtrainer Christian Hohmann postete: “Puuuuuuh, das war ja auch in Belgien spannend. Herzlichen Glückwunsch!”
Autor:Ronald Frank aus Arnsberg |
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