3000 Starter beim Braveheart Battle - und 2 Sauerländer mittendrin! André Kraus siegt bei einem der härtesten Hindernisläufe Europas!

Jörg Brouwer im Ziel | Foto: LAC privat
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Wie bereitet man sich vor auf ein Rennen wie dieses? Auf eine Strecke von 27 Kilometern, gespickt mit 38 Hindernissen, 1500 Höhenmetern, Abhängen, Anstiegen, Schlamm, Wasser, Geröll, Dornenbüschen, Dickicht und 3000 verrückten Mitstreitern? Definitiv schwierig! Und doch ist dies Jörg Brouwer und André Kraus scheinbar bestens gelungen, denn die beiden LAC Sportler finishten bei diesem Mega-Event, das als eines der härtesten Rennen Europas gilt, mit überragenden Zeiten und Platzierungen!

Jörg Brouwer gelang bei seiner Premierenteilnahme mit Platz 76 in 2:53 Std. ein völlig unerwartetes Spitzenresultat im unterfränkischen Münnerstadt von dem er noch lange zehren wird. Brouwer: „Ein unglaubliches Erlebnis! Vor dem Start hätte ich mir fast in die Buchse gesch….., aber dann habe ich mich von der Begeisterung der Mitstreiter anstecken lassen und trotz der harten, kraftraubenden Hindernisse und extrem kalten Wasserdurchquerungen das Rennen richtig genossen. Der Teamgeist unter diesen sich meist völlig Fremden Läufern ist der Wahnsinn! Aus den Schlammgruben, aus denen es allein keinen Ausweg gibt, wurden Fremde zu Verbündeten. Von unten wurde geschoben, während von oben helfende Hände gereicht wurden, einmalig und unvergesslich!“ Aus Trainingseinheiten, bei denen diverse Wasserdurchquerungen getestet wurden, hatte Brouwer seine Lehren gezogen und sich für das Rennen in Münnerstadt mit Neoprenfüßlingen und Badekappe (für die diversen Tauchpassagen im sogennannten „Loch Ness“) bestens vorbereitet. Vaseline als zusätzlicher Kälteschutz wurde ebenfalls aufgetragen – Vorbereitung zahlt sich eben manchmal aus, denn als er nach 2:53 Stunden als 76. des 3000 Mann starken Feldes ins Ziel gelaufen kam, hatte er immer noch ein breites und stolzes Grinsen auf den Lippen! Seine ersten Worte nach Zieleinlauf, auf die Gratulationswünsche der Sprecherin am Mikrofon, richteten sich allerdings direkt nach dem Ausgang des Rennens… „Wer hat gewonnen? Hat der André gewonnen?“ so Brouwer.
André Kraus, im Vorjahr Dritter des Rennens, hatte sich intensiv auf dieses Event vorbereitet, ausschließlich in schwerem Gelände trainiert und seinen kompletten Fokus auf die Battle gelegt. Hier war noch eine offene Rechnung zu begleichen… „Im letzten Jahr hab ich das Rennen am letzten Anstieg, dem sogenannten „Killing Hill“ verloren. Da konnte ich den anderen beiden Läufern nicht mehr standhalten, das hat mich echt gewurmt! 2012 konnte ich krankheitsbedingt gar nicht antreten, während ich 2011 bei Kilometer 16 in Führung liegend umgeknickt bin und den Lauf am Ende nur als Sechster beenden konnte. Ich und Münnerstadt, dass war bisher eine unvollendete Geschichte“, so Kraus.

Auch in diesem Jahr standen die Vorzeichen nicht unbedingt gut, denn mächtige Konkurrenz hatte für die BraveheartBattle gemeldet – fast übermächtige Konkurrenz. Rein lauftechnisch und bestzeitenmäßig konnte André Kraus da nicht mithalten, aber der Laufteil ist bei solch einem Event nur eine Komponente, wenn auch sicherlich eine große. Weitere wichtige Aspekte sind eine gewisse Risikobereitschaft, Kletter- und Kriechkünste, Schwimmfähigkeit, Geländeerfahrung, Trittsicherheit, eine hohe Leidensbereitschaft und extreme Willensstärke – denn bei diesem Run wird definitiv jeder Teilnehmer körperlich leiden und sein Wille oftmals auf die Probe gestellt werden, ob es nicht doch besser wäre einfach Aufzugeben!

Angereist waren die beiden Oeventroper, die sich für diesen Sommer bei einem vielleicht noch extremeren Trailrunningevent, den Salomon 4-Trails (ein viertägiges Etappenrennen über die Alpen mit einer Gesamtdistanz von 160 Kilometern, bei 10000 Höhenmetern) angemeldet haben, bereits in den frühen Morgenstunden. Bei minus 1 Grad wurden die Mauern von Münnerstadt erreicht und die Startunterlagen abgeholt. Bei einer Kurzbesichtigung der ersten Streckenkilometer wurden bereits wichtige Erkenntnisse gewonnen welcher Weg durch das Dickicht des ersten Abhangs am besten gewählt werden sollte. Die ersten Flussdurchquerungen wurden ebenfalls inspiziert und Taktiken zurecht gelegt. Im Getümmel des ersten Startblocks galt es dann wenig später seine Position ständig zu verteidigen. Beim obligatorischen „Braveheart-Gebet“, vorgetragen vom Chefstreckenplaner Joachim von Hippel, mussten alle Teilnehmer auf die Knie, um sich auf die bevorstehende Schlacht vorzubereiten – die Luft knisterte und alle erwarteten den Startschuss dieses Mega-Events bei strahlendem Sonnenschein bei inzwischen 8 Grad. Kraus behauptete sich in einer vierköpfigen Spitzengruppe, die alle Hindernisse mit tollem Teamwork gemeinsam meisterten. Diese Spitzengruppe setzte sich immer weiter vom restlichen Feld ab, so dass schnell klar war, dass der neue Braveheart Champion aus dieser Gruppe hervorgehen würde. Kraus: „Wir haben gemeinschaftlich super zusammengearbeitet, wenn jemand Probleme hatte Schritt zu halten wurde das Tempo verlangsamt, so dass alle zusammen bleiben. Schnell wurden wir uns einig, dass wir mindestens bis zu den Schlammgruben auf dem Rückweg zusammen arbeiten sollten, wo wir auf die Unterstützung des jeweils anderen angewiesen sind und dann jeder auf eigene Rechnung kämpft.“ Und so wurde es auch gemacht.

Ab Kilometer 18 sollte der Kampf dann entbrennen: „Jeder hat es mal versucht, den ein oder anderen mit einer Tempoverschärfung oder an Hindernissen abzuhängen, aber bis zum vorletzten Hindernis waren wir noch alle zusammen“, so Kraus. In der letzten Flussdurchquerung der 5 Grad warmen „Lauer“ musste als erster Läufer Abbi Westphal mit einem Krampf abreißen lassen, so dass es vor dem Finalanstieg, der in diesem Jahr zweimal hintereinander zu absolvieren war, nur noch drei Läufer waren. Kraus: „Ich hatte fast ein Deja vú und führte mir vor meinem geistigen Auge das letztjährige Szenario vor, als ich das Rennen an gleicher Stelle verlor. Ich war körperlich vollkommen fertig und sah meine Felle erneut davonschwimmen, zumal meine beiden verbliebenen Konkurrenten an den bisherigen Anstiegen immer einen extrem starken Eindruck machten. Aber dann hab ich mir gesagt: Zweifel jetzt nicht, dafür, genau für diesen einen Moment hast du die ganze Zeit trainiert und so viele Stunden investiert. Du kannst das schaffen, du kannst hier gewinnen – und jetzt mach es einfach!“

Kopf an Kopf liefen die potenziellen Braveheart-Champion-Anwärter in die 35% steile erste Steigung. Einer fiel nach der Hälfte der ca. 150 Meter Länge leicht zurück. Blieben nur noch zwei. Immer noch zusammen wird der Kopf des Killing Hill erreicht und es geht wenige Meter weiter erneut herunter. Kraus zum entscheidenden Moment: „Auf dem Weg runter ging ich bereits volles Risiko und hüpfte so schnell es geht über das überall herumliegende tote Holz, aber mein Konkurrent blieb dran. Bergauf suchte ich dann mit aller Macht und mit allen mir noch zu Verfügung stehenden Mitteln die Entscheidung. Ich nahm mein Herz, steckte es in meine Füße und befahl ihnen mit den Restfunktionen meines Gehirns sich gefälligst diesen letzten Berg hoch zu bewegen! Und das Wunder geschah, sie gehorchten und ich setzte mich immer weiter ab. Oben angekommen musste ich fast auf allen Vieren kriechen, aber ich war oben und hatte einen Vorsprung. Den nahm ich mit auf die letzten 400 Meter, erklomm die Mauer zum Stadion und wusste, wenn ich jetzt nicht noch einen Krampf am letzten Hindernis, der „Vent Wall“ bekomme, werde ich hier und heute meinen Traum verwirklichen, ich werde gewinnen beim BraveheartBattle!“ Am Ende wurde es noch über eine Minute Vorsprung auf Platz 2 und 3, die André Kraus im Ziel mit seiner Gesamtzeit von 2:18:23 Stunden aufwies.

Zu seinem Sieg sagte Kraus: „Ich glaub nicht dass ich mehr draufhatte, oder besser war als die anderen, ich glaub dass ich diesen Sieg einfach mehr gewollt habe als die anderen! Zudem hatte ich heute vielleicht auch das Quäntchen Glück, dass mir in den letzten Jahren hier gefehlt hat. Verschweigen will ich auch nicht, dass die vermeintlich größten Konkurrenten der Szene, Franzke und Baiker, heute nur im Team gelaufen sind und daher schon vor dem Startschuss aus dem Rennen um den Titel waren. Wie auch immer, es war wirklich ein Traum von mir hier zu gewinnen und der ist jetzt wahr geworden – ich kann es immer noch nicht ganz glauben!“

Neben diversen Prellungen, übersäuerten Muskeln, verkratzen Armen, Beinen und offenen Knien, nehmen die beiden Sauerländer ganz viele unvergessliche Eindrücke mit aus Münnerstadt! Für Brouwer und Kraus wird dies mit Sicherheit nicht die letzte BraveheartBattle gewesen sein…

Ein paar Daten am Ende:
Platz Startnr. Name Verein Netto
1 1684 Kraus, André (GER) Team Suzuki - LAC Veltins 02:18:23
2 798 Link, Thomas (GER) Gummibärenbande 02:19:37
3 797 Zwickel, Andreas (GER) Gummibärenbande 02:19:38
..
76 1001 Brouwer, Jörg (NED) LAC Veltins Hochsauerland 02:53:15

Sieger nach Kategorien:
First Braveheart (schnellster Läufer m/w): André Kraus, 2:18:23
First Bravehearty (schnellste Frau): Yvonne Lehnert, 2:48:13
Grand Braveheart (ältester Finisher): Peter Schweibert, Jahrgang 1954, 3:47:48
Grand Bravehearty (älteste Finisherin): Elke Milbrett, Jahrgang 1956, 4:40:26
Best Team (schnellstes Team): Getting Tough CT, 2:41:36
• gestartet: 2883
• Finisher: 2797, das sind 97 Prozent
• Frauen bei den Finishern: 256, das sind 9 Prozen

Jörg Brouwer im Ziel | Foto: LAC privat
Brouwer und Kraus | Foto: LAC privat
Autor:

Michael Küsgen aus Arnsberg

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