1. Limes Run in Bad Gögging am 19.10.13 - Erlebnisbericht von André Kraus LAC
„gemeinsam mit 1500 weiteren Athleten stellte ich mich bei der Premiere des Extremlaufes „Limes Run“, den Herausforderungen die die rund 25km lange Strecke, gespickt mit 40 Hindernissen, für uns bereithielt.
Bereits am Freitag reiste ich mit meiner Familie ins niederbayerische Bad Gögging, um mir vorab schon einmal ein Bild von der Strecke und den Hindernissen zu machen und diesen Lauf mit einem Kurzurlaub zu verbinden. Direkt vor unserem Hotel baute sich die imposante „Eisvogel Wall“, eine 6,5 Meter hohe Strohballenpyramide vor uns auf. Die Abens, ein momentan Hochwasser führender Nebenfluss der Donau, drohte mit seinem Rauschen nur wenige Meter weiter.
Diesen Fluss durften wir am nächsten Tag insgesamt 8 mal durchqueren, mal watend, mal schwimmend. Weitere längere Schwimmstrecken warteten im örtlichen Kurparksee auf uns, während das umliegende Moorgebiet ebenfalls nur darauf wartete, unsere Körper bis zu den Knien kurzzeitig zu verschlingen. Die Strecke versprach auf jeden Fall sehr anspruchsvoll, herausfordernd, aber auch extrem spaßig zu werden. Mein Ziel war es, die kombinierte Wertung des bereits im Frühjahr ausgetragenen „Braveheart Battles“ im unterfränkischen Münnerstadt, und des „Limes Runs“ zu gewinnen und damit der 1. PAS Team Champion zu werden. Nachdem ich in Münnerstadt, beim wohl härtesten Extremlauf Deutschlands, bereits Dritter geworden war, standen die Chancen auf diesen Titel im Vorfeld schon mal nicht schlecht.
Am Samstag drängten sich dann die Läufermassen, unter ihnen auch 130 weibliche Starterinnen, dann im Start-Ziel Bereich zusammen, so dass man aufpassen musste, um eine gute Position für den Startschuss zu ergattern. In vorderster Front lauerte eine ganze Horde Läufer vom Team Getting Tough (ein Zusammenschluss von Extremläufern aus ganz Deutschland, die sich in gemeinsamen Trainingseinheiten speziell auf diese Art Läufe vorbereiten und diese in Extrembedingungen simulieren). Sie gelten als die Härtesten unter den Harten in dieser Szene und haben in der Vergangenheit bereits so gut wie fast immer in den verschiedenen Wertungskategorien triumphiert.
Die Konkurrenz war also extrem groß, wenn nicht gar übermächtig, denn auch der amtierende Strong Man Run Sieger hatte für diesen Lauf gemeldet. Aber ich war hier um zu kämpfen und wollte mich zumindest nicht kampflos geschlagen geben…
So fiel um Punkt 11 Uhr der Startschuss in Form eines Feuerwerks und vorne ging die wilde Hatz los. Bis zum ersten Hindernis, einer fast 3 Meter tiefen Grube, aus der man allein nicht wieder heraus kam, war vorne noch eine Achtköpfige Gruppe zusammen. Als der Führende sich am Rand dieser Grube entlang mogelte und dieses Hindernis damit ausließ, trafen ihn nicht nur die Unmutsaüßerungen der zahlreichen Zuschauer und der Konkurrenten hinter ihm, sondern auch 24km später die ganze Konsequenz der Veranstalter, die ihn nachträglich als Gesamtdritten im Zieleinlauf disqualifizierten!
Der Rest des Feldes unterstützte sich derweil in der Grube vorbildlich und arbeitete sich mit „Räuberleiter“, von oben ziehend und unten schiebend, kameradschaftlich wieder heraus. Jetzt aber hatte sich das Feld bereits weit auseinander gezogen. Vorne lief der „Hindernisauslasser“ einsam vorne weg, verfolgt von Charles Franzke vom Getting Tough Team und Kozlowski, einem Läufer mit polnischen Wurzeln vom Marathonclub Regensburg. Ich folgte als Vierter. An dieser Reihenfolge änderte sich zunächst nichts, bis bei km 6 die 3 langen Schwimmpassagen durch den Kurparksee auf dem Programm standen. Vorne gingen die ersten Drei fast parallel über eine 2 Meter hohe, angelgte Holzplankenrutsche, per waghalsigen Sprung in den ca. 10 Grad kalten See, während ich ca. 20 Sekunden nach ihnen ins kühle Nass eintauchte. Ui, es war kalt! Vorne setzt sich der mit Abstand beste Schwimmer Franzke, Meter für Meter ab.
Die 1. Schwimmstrecke ist mit 100m extrem lang und nimmt mir Klamotten am Leib einfach kein Ende. Aber ich komme näher an die anderen beiden heran und habe sie beim Ausstieg schon fast erreicht. Ein kurzer Landgang, dann geht es wieder ab zurück in den See, wo jetzt eine gut 50m lange Strecke, erneut schwimmend, auf uns wartet. Als ich in den See eintauche, entsteigt ihm der Führende am anderen Ende des Ufers bereits wieder. Sein Vorsprung ist groß, fast schon riesig. Durch meinen Kopf huscht bereits der Gedanke: Das Ding ist bereits entschieden… Zumal es auf dem Rückweg ja noch mal durch den See geht. Dafür überhole ich aber die beiden anderen im Wasser und gehe als Zweiter in den Nebentümpel, wo erneut eine Schwimmstrecke zu absolvieren ist. In den Folgekilometern warten geballt die Hindernisse in Form von Kriechstrecken, Flussdurchquerungen, Sprüngen über Traktorenanhänger, Robben durch Röhren, das Queren von schier undurchdringlichen Passagen durchs Unterholz der Wälder und immer wieder mannshohen Brennnesselfeldern auf uns.
Dann erreichen wir die „Eisvogel Wall“, an der meine Familie steht und mir einen warmen Applaus und aufmunternde Worte mit auf den weiteren Weg gibt. Trotz Position 2 läuft es heute nicht rund, geschweige denn optimal bei mir. Ich fühle mich schlapp, habe heute Morgen anscheinend zu viel gefrühstückt, so dass sich immer wieder mein Magen bei mir beschwert. In der Folge warten längere, reine Laufabschnitte auf uns, in denen man eigentlich Tempo machen sollte. Aber es läuft nicht richtig. Zwar renne ich die Kilometer im 3:50 er Schnitt, was für diese Art von Läufen sehr zügig ist, aber die beiden Konkurrenten hinter mir holen auf, während Franzke vorne nur noch als winziger Punkt zu erkennen ist und inzwischen bestimmt 2 Minuten Vorsprung hat.
Als mich der Marathonläufer aus Regensburg überholt, passieren wir gerade km 15. Ich versuche dran zu bleiben, aber es gelingt mir nicht. Mein Körper will nicht mitmachen. Auf dem höchsten Punkt der Strecke, dem Castel Abusina, einem alten Römerbauwerk, erwartet uns eine Kriechpassage über eine Wiese mit Brennnesseln. An den Unterarmen schmerzen diese noch wesentlich mehr als an den Beinen – ein echt fieses Gefühl, besonders wenn es wieder ins Wasser geht – ein vielfach verstärkter Effekt! Jetzt machen wir uns wieder auf den Rückweg und passieren alle Hindernisse der 1. Hälfte noch einmal, zuzüglich eines neuen Abstechers hinter einem Campingplatz, wo ein sumpfiger Wassergraben mit Schilf uns das Leben schwer macht. Inzwischen ist auch der nächste Läufer an mir vorbei gezogen, so dass ich nur noch Vierter bin.
In diesem Graben fluche ich wie ein Rohrspatz, denn es ist unglaublich wie tief man dort einsinkt. Kaum ein Vorwärtskommen, egal ob ich es rechts, links oder durch die Mitte versuche. Unter Zuhilfenahme der Arme, ziehe ich meine Beine aus dem stinkenden Sumpf Meter für Meter vorwärts, immer mit dem besorgten Blick Richtung Fuß, ob der Zeitmesschip und der Schuh sich noch daran befinden… Das Schilf schneidet in die Oberschenkel und hinterlässt blutende Wunden – jetzt ist es richtig hart, jetzt ist es ein Kampf! Und ich liebe diesen Kampf – erst jetzt, bei km 20, werde ich richtig wach und schalte in den Kampfmodus! Auf allen Vieren, wegen der besseren Gewichtsverlagerung, komme ich hier am schnellsten vorwärts durch diesen verflixten Sumpfgraben, habe ich inzwischen festgestellt.
Der Sumpf schließt ab mit einer weiteren Tümpeldurchquerung und es geht weiter ins freie Feld hinaus. Es wird unübersichtlich und eng, denn immer mehr Läufer kommen uns entgegen die erst auf dem Hinweg bei km 9 sind. Die Schmerzen und die müden Beine, auch mein rebellierender Magen, sind mir jetzt egal, denn jetzt ist es Zeit das Kämpferherz auszupacken! Den ersten schwächelnden, den Drittplatzierten, sammelte ich direkt hinter der „Eisvogel Wall“ ein, wo meine Familie wieder auf mich wartet. Auch der Zweite kommt näher und näher und ich nutze den Vorteil meiner profilierteren Trailschuhe, um ihn an den kurzen, aber steilen Anstiegen zu überholen und schließlich abzuhängen, noch vor der Schwimmpassage im Kurparksee.
Zu meiner Überraschung sind die lange und die kürzere Schwimmstrecke aber von der DLRG nach mehreren Rettungseinsätzen gesperrt worden, so dass wir nur noch die gut 50m lange Strecke schwimmen müssen. Rein ins Wasser mit einem vollen Risikosprung, denn zu meinem Erstaunen ist der führende Franzke, dem See noch nicht wieder entstiegen – ich hole unglaublich auf! Im See hänge ich den Dritten und Vierten nun endgültig ab und habe jetzt nur noch ein Ziel – den Sieg! Raus aus dem Wasser und die Beine in die Hände nehmen – ab geht’s. Sekunde u Sekunde knabber ich ab vom Rückstand, habe vielleicht noch 100m auf 1. Ich weiß nicht genau wo wir uns befinden und wieweit das Ziel noch entfernt ist, denn der Rückweg ist auf den letzten Kilometern etwas anders wie der Hinweg. Beim nächsten Geländeabschnitt will ich zum Angriff ansetzen und ihn mit aller Macht attackieren, so mein Vorhaben.
Doch da höre ich schon die Lautsprecher und die vielen Zuschauer im Hintergrund und mir wird klar, dass das Ziel direkt um die Ecke sein muss. Und tatsächlich, da ist es (leider) schon, denn so bleibt es beim Sieg von Franzke, der direkt im Ziel erschöpft und entkräftet zusammenbricht und von den Helfern kurz versorgt werden muss. Seine Siegerzeit: 1:57:28 Std gegen meine 1:57:46 Std. Am Ende fehlten mir 18 Sekunden zum Sieg beim 1. Limes Run – schade. Schade vor allen Dingen deshalb, weil ich erst so spät die Chance auf den Sieg erkannt, zu spät den Kopf ausgestellt habe. Auf den Drittplatzierten lief ich am Ende noch einen mehr als 2 Minuten Vorsprung heraus.
Aber immerhin kann ich mich mit dem Sieg in der PAS Team Challenge Wertung trösten, denn in der Addition der erreichten Punktzahlen aus dem Braveheartbattle und dem Limes Run, lag ich am Ende doch deutlich vorne und trage nun zumindest ein Jahr lang den Namen PAS Team Champion.
Für diese Anstrengung werde ich zwar beim letzten Wertungslauf des Volksbank Sauerland Laufcups in Oeventrop schwer büßen, aber das war es wert – eine tolle Veranstaltung!“
Autor:Michael Küsgen aus Arnsberg |
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