Kundenärger im Telefonladen
"Das habe ich nie so gewollt!": Verbraucherzentrale gibt Tipps rund um Handy-Verträge
Schlechter Vertrag statt guter Rat: "Handy-Verträge sind immer mehr Grund für Ärger", erklärte die Leiterin der Neheimer Verbraucherzentrale, Petra Golly, anlässlich des Weltverbrauchertages. "Oft entstehen sehr viel höhere Kosten, als zuerst gedacht."
In einem konkreten Fall in Neheim hatte eine Kundin einen Mobilfunk-Shop aufgesucht, da ihr der bestehende Vertrag zu teuer war. Als sie den Shop wieder verließ, hatte sie anstatt günstigerer Konditionen für ihren bestehenden Vertrag einen zusätzlichen Vertrag abgeschlossen. Außerdem war das neue Handy nicht inbegriffen, sondern musste in monatlichen Raten abbezahlt werden. Und die angebotenen Rabatte für den Vertrag galten nur für drei Monate.
Kein 14-tägiges Widerrufsrecht
Kein Einzelfall, wie Petra Golly erklärt. "Solche Fälle erleben wir hier täglich." Was viele nicht wissen: "Verträge, die man im Shop abschließt, sind direkt wirksam: "Es gibt kein 14-tägiges Widerrufsrecht." Die betreffende Kundin suchte Rat bei der Verbraucherzentrale, denn "das habe ich nie so gewollt." Da sie durch die Verträge an existentielle Grenzen geriet, sei das Unternehmen im Falle des einen Vertrages zum Einlenken bereit gewesen. "An dem anderen sind wir noch dran", erklärte Golly.
Der Markt wird immer unübersichtlicher, im Telefonshop werden Kunden erschlagen von einer Vielzahl an Tarifen für höhere Übertragungsgeschwindigkeit, mehr Datenvolumen und zahlreiche Extras.
Produktinformationsblatt muss bereit gestellt werden
„Damit Ratsuchende eine Chance haben, in dem Gewirr von Kosten, Extras und Tarifen einen für sie passenden Handyvertrag zu finden, sind Shopbetreiber seit Mitte 2017 verpflichtet, Kunden über die wichtigsten Details vor einem Vertragsabschluss zu informieren“, so Golly. Händler müssen Kunden auf ein nach Vorgaben der Bundesnetzagentur gestaltetes Produktinformationsblatt hinweisen und dieses leicht zugänglich bereitstellen, also entweder sehr gut sichtbar auslegen oder den Kunden aushändigen.
Erschreckendes Ergebnis bei Stichprobe
Doch diese Vorgabe ist vielfach bloße Theorie. Das ergab eine Stichprobe, die die Verbraucherzentrale NRW im Vorfeld des diesjährigen Weltverbrauchertages (15. März) landesweit in 301 Telefongeschäften durchgeführt hat. Demnach händigten nur zwei Shopverkäufer Ratsuchenden das hilfreiche Produktinformationsblatt von sich aus aus. Neun von zehn Händlern rückten die Übersicht auch auf nochmalige Nachfrage nicht raus.
Ergebnis der lokalen Stichprobe, das in die landesweite Erhebung eingeflossen ist: Aufgesucht wurden vier Telefonshops in Arnsberg. Von denen haben vier kein Produktinformationsblatt (PIB) herausgegeben. „Das Ziel der Vorschrift, ratlose Kunden anhand des Produktinformationsblatts durch den Tarifdschungel hin zu dem von ihnen gewünschten Vertrag zu führen, wird durch die Nichtherausgabe des Produktinformationsblatts regelmäßig untergraben“, kritisiert Golly.
Infos & Tipps
Das Team in Arnsberg gibt Telefonkunden folgende Infos und Tipps mit auf den Weg zum passenden Vertrag:
Transparenz und Vergleich - im Produktinformationsblatt A und O:
Die Übersicht enthält die wesentlichen Angaben, die Telefon-, TV- und Internetverträge transparent und miteinander vergleichbar machen. Dazu gehören unter anderem Name des Tarifs, die darin enthaltenen Zugangsdienste, die Vertragslaufzeit, Infos zur Kündigung und Verlängerung des Vertrags, die Datenübertragungsraten in Mbit/s, das Datenvolumen und Informationen zur Drosselung, Preise sowie Name und die ladungsfähige Adresse des Anbieters. Mit Hilfe des Produktinformationsblattes soll sichergestellt werden, dass Kunden die wichtigsten Vertragsdetails auf einen Blick erhalten und mit Angeboten anderer Unternehmen vergleichen können.
Händler muss informieren
Dieses Blatt muss grundsätzlich für alle Verträge bereitgestellt werden, die einen Zugang zum Internet ermöglichen. Weist der Verkäufer während des Verkaufsgesprächs nicht auf das Produktinformationsblatt hin, sollten Kunden gezielt danach fragen und um einen Ausdruck bitten. Falls sich der Händler weigert, verstößt er damit gegen seine gesetzliche Informationspflicht. Kunden sollten in einem solchen Fall besser nach einem Shop Ausschau halten, der seinen Servicepflichten nachkommt.
Vertragsbedingungen genau studieren
Die Informationen des Produktinformationsblatts müssen im Vertrag deutlich ins Auge stechen. Wichtig ist, dass die Auskünfte darin mit den Angaben im Vertrag übereinstimmen und Sonderkonditionen im Vertrag schriftlich ergänzt werden. Kunden sollten auch prüfen, ob sich mündliche Zusagen des Verkäufers exakt im Vertrag wiederfinden. Vor der Zustimmung zu einem Vertrag sollten Kunden alle für den Vertrag relevanten Unterlagen zur Kenntnis nehmen können. Dazu gehören neben dem Vertragsformular auch noch die Leistungsbeschreibung, das Preisverzeichnis, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und eben auch das Produktinformationsblatt. Die Unterlagen sollten am besten zu Hause abgeheftet werden.
Top – der abgeschlossene Vertrag im Laden gilt
Im Gegensatz zum Internet können im Handyshop abgeschlossene Verträge in der Regel nicht im Nachhinein widerrufen werden. Mögliche Ausnahme: Wenn mit dem Abschluss eines Mobilfunkvertrags etwa zusätzlich ein vergünstigtes Handy oder ein Tablet erworben wird.
Wer wieder aus dem Vertrag raus will
Wer es sich zu Hause anders überlegt, ist zunächst an den Vertrag gebunden. Haben Kunden Zweifel, ob der Vertrag rechtmäßig zustande gekommen ist, oder stellen sie im Nachhinein fest, dass die Leistungen nicht dem entsprechen, was im Vertrag vereinbart worden ist: Dann sollten Betroffene rechtlich prüfen lassen, ob der Vertrag angefochten, außerordentlich gekündigt und Schadensersatz geltend gemacht werden kann.
Anlaufstelle Verbraucherzentrale
Kunden können ihren Ärger über das Verkaufsverhalten in Telefonläden bei der Verbraucherzentrale NRW melden. Beim Besuch in der Beratungsstelle oder im Internet unter www.verbraucherzentrale.nrw/handyvertrag werden die nötigen rechtlichen Informationen gegeben, die für einen optimalen Abschluss eines Handyvertrags erforderlich sind. Sind Kunden bereits hereingefallen, kann in einer individuellen Rechtsberatung die Rechtslage geklärt werden. Auch Möglichkeiten zum vorliegenden Vertrag werden im Bedarfsfall ausgelotet.
Autor:Diana Ranke aus Arnsberg-Neheim |
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