Bad Boy Uli – „Wir sehen uns in der Hölle“ Rezension von Gabriele Redlinger
Das Buch „Wir sehen uns in der Hölle“ von Ulrich Detrois im Econ-Verlag erschienen, hinterlässt beim Leser einen merkwürdigen Eindruck. Es ist bereits das zweite Buch von Ulrich Detrois, der mit diesem Buch Innenansichten in den bekanntesten und auch gefürchteten Rockerclub Hells Angels bietet.
Der Autor war Mitglied in der Führungsriege des Rockerclubs Hells Angels. Einerseits will der Autor glauben machen, er sei geläutert von der Gewalt – gleichzeitig ist er aus dem Club nach eigenen Angaben herausgedrängt worden. Nähere Angaben dazu werden im Buch nicht gemacht. Es wird nur von einer überfallartigen Szene gesprochen, die zu seinem Ausschluss aus dem Club führte. An mehreren Stellen des Buches wird auch deutlich, dass Gewalt und Gewaltbereitschaft weiterhin ein bestimmendes Element im Leben von Detrois sind. Dies alles spricht für mich nicht von einer überzeugten Läuterung.
Einblicke in den Rockerclub Hells Angels
Es ist wohl eher die aktiv diametrale Einstellung zu den Vorkommnissen, die dazu geführt haben, dass Bad Boy Uli, wie er sich selbst nennt, jetzt über den Rockerclub Hells Angels berichtet. Hier begibt er sich jedoch auf ein Terrain, welches er selbst als todesmutig interpretiert. Die Information von Internas an Aussenstehende wird laut überlieferter Satzung der Hells Angels als so schwerwiegender Verstoß erachtet, dass der Informant für die Clubmitglieder zu Freiwild erklärt wird und Morddrohungen erhält. Die Schwester des Informanten wird ebenfalls mit dem Tod bedroht. Diese Art von Bestrafung mit Sippenhaft ist bekannt aus Zeiten des Nationalsozialismus oder von der Mafia.
Die Gefahren, die von den Hells Angels oder den Bandidos bzw. jeder anderen kriminellen Vereinigung ausgehen sind umfangreich. Das waffentechnische Arsenal, das u.a. mit Maschinenpistolen und Handgranaten ausgestattet ist, lässt darauf schließen, dass hier nicht der Kleingärtner mit der Heckenschere unterwegs ist, um die Nachbarhecke zu stutzen. Detrois erklärt mehrfach eingehend, wie naiv und dumm jemand in die Seilschaften des Clubs eingebunden wird, er schreibt von Vorgängen, wie das ein oder andere Mitglied sich in der Öffentlichkeit verhält und sich durch unüberlegtes Verhalten lächerlich macht.
Rassismus, Chauvinismus und Selbstjustiz
Es hat etwas von Cowboy-Image, wenn davon berichtet wird, wie elegant jemand vom Motorrad absteigt und dabei den Seitenständer ausklappt. Der Lonesome-Rider, der nach dem Abstieg vom Motorrad erst einmal einen Joint durchzieht und anschließend die Welt durch eine tolle Brille sieht. Bemerkenswert ist, dass dieser Rockerclub deutlich rassistisch und frauenfeindlich eingestellt ist: Mitgliedschaft im Hells Angels Club gibt es nur für weiße Männer und Frauen sind nur zum Zeitvertreib zu gebrauchen.
Eine antiquierte Haltung zu gesellschaftlichen Umbrüchen der letzten 100 bzw. 200 Jahre, dabei gibt es die Hells Angels erst seit knapp 70 Jahren. Damals noch tatsächlich ein motorradbegeisterter Club, entwickelte sich später eine Gruppe von Männern, die die Probleme ihrer eigenen Welt in Cowboy-Manier lösen. Schusswaffengebrauch ist da natürlich inbegriffen und intern legalisiert. Hauptsache, die Polizei und Staatsanwaltschaft merken es nicht.
Es ist festzuhalten, dass von den Hells Angels und anderen Rockerclubs Straftaten begangen werden. Straftaten wie Mord, Totschlag, gefährliche Körperverletzung und Brandstiftung. Für mich ist nicht überzeugend rübergekommen, dass Gewalt ein probates Mittel für die Durchsetzung eigener Interessen ist. Selbstjustiz mag in Zeiten großer Aggressivität ein gewünschtes Vorgehen sein – in einem Staat mit Gewaltenteilung und demokratischem Grundverständnis hat Selbstjustiz keinen Platz. Daher haben die Hells Angels als Straftäter in Deutschland keinen Platz.
Manche Höllenengel sind wenig selbstkritisch
Nur geistig einfältige oder psychisch labile Personen als auch machtgierige Menschen werden von dem Nimbus eines ehrenhaften Clubs mit Bruderschaft und Codex á la Mafia angezogen.
Enttäuschend ist für mich, dass Ulrich Detrois als jahrelanger Vizepräsident nun so erstaunt ist, dass die ehemaligen Clubkameraden seine Schwester bedrohen. In die Eigenschaft eines Vizepräsidenten einer derartigen Kameradschaft wird niemand gewählt, der sich ein klösterliches Leben auferlegt hat. Die Verantwortung für seine Schwester hätte schon viel früher einsetzen müssen. Ein Buch, welches zwar vage Einsichten bietet, aber nach spätestens der Hälfte der 362 Seiten zu Wiederholungen neigt. Das ermüdet den Leser, der sich nach einem vorzeitigen Ende des Buches sehnt – oder es konsequenterweise aus der Hand legt, um sinnvollere Dinge mit der Zeit anzufangen.
Das Buch ist im Econ-Verlag erschienen und kostet 18 Euro. Geld, dass besser an den Weißen Ring für Opfer von Gewalttaten gespendet werden kann. Von mir leider keine Kaufempfehlung.
Autor:Gabriele Redlinger aus Arnsberg |
4 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.