Übermäßiger Gebrauch fördert Resistenz
Antibiotika: Weniger ist oft mehr

Frank Göckeler, Hans-Heiner Decker, Maria Bertelsmann und Gisbert Breuckmann (v.l.) unterstützen die Kampagne „Damit Antibiotika auch morgen noch wirkt“.  | Foto: Peter Benedickt
  • Frank Göckeler, Hans-Heiner Decker, Maria Bertelsmann und Gisbert Breuckmann (v.l.) unterstützen die Kampagne „Damit Antibiotika auch morgen noch wirkt“.
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Antibiotika werden in Deutschland zu häufig verordnet. Übermäßiger Gebrauch fördert Resistenzen, und das Medikament verliert seine Wirkung. Um dem entgegen zu arbeiten, hat das „Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales“ in Nordrhein-Westfalen eine Aufklärungskampagne unter dem Namen „Rationale Antibiotikaverordnung“ gestartet.

„Die Entdeckung des Penicillins hat die Medizin revolutioniert“, erläutert Apothekerin Maria Bertelsmann. „Die bakterielle Lungenentzündung gehört aber nach wie vor in Deutschland zu den zehn häufigsten Todesarten. Deshalb ist der gezielte Einsatz dieser Medizin oft überlebenswichtig.“
Aber durch zu häufige Verabreichungen hat Antibiotika für viele Bakterienstämme ihren Schrecken verloren. Zahlreiche Faktoren spielen eine Rolle.

Weniger ist oft mehr

Weniger wäre oft mehr: Es muss nicht in allen Fällen ein Breitbandantibiotikum verordnet werden, oft reicht eine spezifische Arznei. Antibiotika hilft gegen Bakterien, nicht gegen Viren. Häufig würde das Medikament falsch eingesetzt, weil der Patient es für das Allheilmittel hält. "Der prophylaktische Einsatz in der Massentierhaltung war und ist ebenfalls nicht förderlich." Zudem weiß die Fachfrau: „In den letzten 50 Jahren sind außer gelegentlichen Ausnahmen keine neue Antibiotika-Gruppen mehr auf den Markt gekommen.“ Da auch die Weltgesundheitsbehörde immer wieder vor diesem Problem warnt, schließlich treten diese Resistenzen nicht auf Deutschland begrenzt auf, sondern global, soll nun gegengesteuert werden.

Für sinnvollen Einsatz sensibilisieren

„Wir wollen die Menschen über einen sinnvollen Einsatz von Antibiotika aufklären und zu einem sorgsamen Umgang damit sensibilisieren“, erklärt Frank Göckeler von der Krankenkasse IKK. Zwar werden in NRW zunehmend weniger Antibiotika verordnet, der Trend also rückläufig ist, liegt das Land noch immer zehn Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Dazu hat Dr. med. Hans-Heiner Decker von der Kassenärztlichen Vereinigung einige Zahlen zur Hand. „In den Winterquartalen sind die entsprechenden Verschreibungen traditionell höher, was auf jahreszeitlich bedingte Atemwegsinfektionen zurückzuführen ist. Im ersten Quartal 2015 wurde bei 74.224 Patienten Antibiotika verordnet.“ 2019 nur noch für 54.881 Erkrankten. Rückgang rund 26 Prozent. Dies sei unter anderem auch der kontinuierlichen Weiterbildung der Ärzte zu verdanken, weiß der Fachmann. Aber: „Weitere Anstrengungen werden jedoch notwendig sein, angemessen und zeitnah auf das sich ständig wandelnde Erregerspektrum bakteriell induzierter Krankheiten zu reagieren.“
Dr. Gisbert Breuckmann von der Ärztekammer und Hausarzt in Freienohl sieht ebenfalls Aufklärungsbedarf. Zu ihm kommen zurzeit etwa 70 Prozent der Patienten mit grippalen Effekten oder Erkältungssymtomen.

Antibiotikum hilft nicht gegen Viren

Durch eine gezielte Diagnostik wird erkannt, ob es sich um einen grippalen Atemwegsinfekt oder die „richtige „Grippe handelt. „Beides sind aber Virenerkrankungen“, so der Mediziner. „Da helfen also keine Antibiotika, eher bewährte Hausmittel, die doch sehr in Vergessenheit geraten sind.“ Deshalb ist eine genaue Untersuchung mit anschließender Beratung wichtig. Dazu sollte aber auch dem Hausarzt die entsprechende Zeit gegeben werden.

Beratung ist wichtig

Die Beratung hält Maria Bertelsmann von der Pinguin-Apotheke ebenfalls für wichtig: „Zudem sollte Antibiotika nur nach ärztlicher Verordnung eingenommen werden, nie eigenmächtig höher, niedriger oder kürzer dosiert. Auch keine Restbestände weiterreichen oder gar durch die Toilette spülen.“ Ein Antibiotika-Pass, kostenlos in jeder Arnsberger Apotheke, informiert über die einzunehmenden Antibiotika, zeigt chronologisch, welcher Arzt welches Medikament verschrieben hat, und dokumentiert Unverträglichkeiten.

Text: Peter Benedickt

Autor:

Lokalkompass Arnsberg-Sundern aus Arnsberg

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