25 Jahre Verbraucherzentrale in Arnsberg
Interview mit Marlies Albus, Beratungsstelle in Neheim
Seit 25 Jahren setzt sich das Team der Verbraucherzentrale NRW in Neheim auf der Burgstraße mit Rat und Tat für die Belange der Arnsberger Verbraucher ein. Im Zuge der Jubiläumsfeier am Freitag, 1. Juli, sprach ich mit Marlies Albus, Leiterin der Beratungsstelle:
Wochen-Anzeiger: 25 Jahre Verbraucherzentrale - wie viele Arnsberger haben sich seither beraten lassen?
Marlies Albus: “Es sind rund 350.000 Anfragen aus dem Sauerland, die sich an die Verbraucherzentrale Arnsberg gewandt haben.”
Was beschäftigte die Bürger am meisten - wo lagen vor 25 Jahren die Themenschwerpunkte?
“Früher war es das in der chemischen Reinigung verdorbene Kleid oder auch der Händler, der die gekauften Möbel nicht lieferte. Auch hatten wir viele Fragen zu Kreditvertragsprüfungen bezüglich Sittenwidrigkeit. Oftmals lösten auch Gesundheits- und Umweltskandale eine große Nachfrage aus, z.B. BSE im Fleisch oder Glykol im Wein. Testergebnisse zu den besten Waschmaschinen, Videorekordern oder Walkmans waren ebenfalls ein Thema.”
Welche Geschichte zeichnete sich als spektakulärster Fall vor 25 Jahren aus?
“Nicht unbedingt der spektakulärste, aber wohl kurioseste Fall war das Bockwürstchen. Eines montagmorgens entdeckte ich ein Bockwürstchen in unserem Briefkasten, welches sich bereits seit dem Freitag zuvor darin befand. Gewünscht wurde hier eine Analyse auf schädliche Inhaltsstoffe. Das werde ich nie vergessen - einen vergleichbaren Fall gab es seither nicht.”
Sind die “alten” Themen immer noch aktuell?
“Teils, teils - zum Beispiel die Kaffeefahrten. Wo man früher 10 DM bezahlte, um an einer solchen Fahrt teilzunehmen, gewinnt man diese heute. Die damit verbundenen unseriösen Verkaufsveranstaltungen gibt es auch heute noch. Auch Kredite sind nach wie vor ein Thema. Früher ging es um eine mögliche Sittenwidrigkeit der Kredite, heute sind es dubiose Kreditvermittler, die im Internet teils mit 0%-Finanzierungen locken, die jedoch oftmals durch versteckte Kosten oder Versicherungsprämien zum finanziellen Boomerang werden.”
Wie lange sind Sie, Marlies Albus, bereits dabei?
“Ich bin von Anfang an dabei, 25 Jahre. Zuvor habe ich in Verbraucherzentralen in Düsseldorf, Wuppertal und Hagen gearbeitet.”
Können Sie sich an Ihre erste Beratung in Neheim erinnern?
“Hm, das ist schwer. Ich weiß noch, dass die ersten Anfragen bereits gestellt wurden, bevor wir die Neheimer Verbraucherzentrale überhaupt eröffnet haben. Es ging direkt zur Sache. Jedoch gab es im ersten Jahr eine tolle Aktion, mit der wir gut starteten: Stop für Kinderfänger! Wir forderten damals, dass Süßigkeiten aus der Kassenzone verschwinden, um den Eltern einen stressfreien Einkauf zu ermöglichen. Das war schon etwas Besonderes.”
Gibt es eine Generation, die das Beratungsangebot der Verbraucherzentrale mehr nutzt als andere?
“Nein. Wir beraten Querbeet - Jung und Alt durch alle Bevölkerungsschichten. Zahlungsprobleme auf der einen Seite und Geldanlagen, wie z.B. die Altersvorsorge, auf der anderen Seite ebenso wie moderne Technik, das Internet und die damit verbundenen Fallen (Abzocke etc.) stellen alle Generationen auf die Probe.”
Hat die Entwicklung des Internets die Arbeit der Verbraucherzentrale beeinflusst, weil sich zum Beispiel viele Menschen “via Google selbst beraten”?
“Teilweise. Denn viele Ratsuchende kommen vorinformiert, weil sie sich bereits über Google eingelesen haben. Jedoch tummeln sich im Internet so viele Plattformen und unterschiedliche Aussagen, dass sie schnell den Überblick verlieren und sich dann bei uns melden.”
Wie wirkt sich das Internet ansonsten auf das Beratungsangebot der Verbraucherzentrale aus?
“Natürlich beinhalten die Neuen Medien einen Wust an weiteren Problemen. Angefangen bei Fishing-Mails, hinweg über Abo-Fallen bis hin zu Urheberrechtsfragen. Die Fälle sind viel komplexer und verworrener. Andersherum kann uns das Internet auch unterstützen - wir bieten auf unseren Webseiten beispielsweise zahlreiche aktuelle Infos, die sich Ratsuchende kostenlos downloaden können. Aber: Das Internet kann unterstützen, niemals jedoch eine persönliche Beratung in der Verbraucherzentrale ersetzen.”
Was sagen Sie persönlich: Inwiefern haben sich die Herausforderungen an die Verbraucherzentrale - und damit an Ihre Arbeit - im letzten Vierteljahrhundert verändert?
“Es hat sich einiges geändert! Die Fälle sind heute viel komplexer - es muss viel mehr recherchiert werden, um einen Fall zu lösen. Die Digitalisierung und Globalisierung setzen hohes Fachwissen in Technik- und Internetfragen voraus. Daher sind regelmäßige Schulungen ein absolutes Muss, um Ratsuchende rundum betreuen zu können.”
Vielen Dank für das Gespräch!
Autor:Thora Meißner aus Arnsberg |
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