Tagebuch eines Kreistagsmitglieds
Die ersten Tage der neuformierten Kreistagsfraktion
Die Kandidaten vom DIE LINKE-Kreistagswahlteam haben im Wahlkampf u.a. versprochen, dass sie, um ihre Arbeit allen Bürgerinnen und Bürgern transparent zu machen, regelmäßig über ihre Arbeit in der Fraktion berichten.
Deshalb werden zukünftig auch auf dieser Internetseite persönliche Berichte der Mitglieder der Gesamtfraktion veröffentlicht.
Heute starten wir damit.
Teil 1
Die ersten Tage der neuformierten Kreistagsfraktion
Nach den anstrengenden, aber trotzdem schönen Wahlkampf-Wochen kam endlich der Tag, dem unser Kreistags-Wahlteam schon lange entgegenfieberte: Die Auszählung der Stimmen im Kreishaus Meschede.
Joachim Blei und ich trafen uns in einem der Sitzungsräume. Es war schon eine komische Atmosphäre. Wären da nicht die netten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung an den Computern und die Leute von der Sauerländer Bürgerliste gewesen, hätte es gar kein Lächeln uns gegenüber gegeben. Die kostenlos angebotenen salzigen Frikadellen passten daher gut zu der Stimmung.
Wir verließen nach einigermaßen verlässlichen Zahlen unsere zukünftige Wirkungsstätte und fuhren in unsere Rathäuser, um den Restabend unter netteren Menschen zu verbringen.
Am nächsten Tag kam die erste E-Mail von Reinhard Loos von der SBL, der nachfragte, ob wir generell eine Listenverbindung mit Ihnen und evt. anderen kleineren Parteien eingehen würden.
Der erste Gedanke ging in Richtung „Seele verkaufen für mehr Macht“, aber nach dem persönlichen Gespräch unter 8 Augen in Meschede am 03.06.2014 war uns klar, dass wir mitmachen. Hinzu kam noch der Einzelvertreter der Piraten, sodass wir jetzt mit unseren 5 Kreistagssitzen der Listenverbindung, die keine Koalition ist, ca. 9 % der Wählerinnen und Wähler vertreten.
Die Grünen sollten eigentlich auch mitmachen, haben sich aber für die FDP entschieden. Aber das war mir ja schon längere Zeit klar, dass die Grünen die neue FDP sein wird und daher einige
Wählerschichten der Vergangenheit nicht mehr erreichen werden.
In den letzten Tagen wurde offiziell die Fraktion mit mir als Vorsitzender und Joachim Blei als Stellvertreter gebildet. Diese wurde mit der Zusendung der vorläufigen Geschäftsordnung der Kreisverwaltung mitgeteilt.
Die Tätigkeiten in der Geschäftsführung übernimmt Siegfried Huff, der durch Martin Werner unterstützt wird.
Auch für die Besetzung der Ausschüsse und sonstigen Gremien, in denen DIE LINKE einen Sitz hat, wurden Vorschläge erarbeitet. Wieviel weitere Gremien wir besetzten können, hängt davon ab, wie viele Sitze die anderen Parteien freiwillig unserer 9%-Listenverbindung abgeben oder wie viele wir durch Wahlen gewinnen.
Die anderen Parteien waren dann auf der Ältestenratssitzung am 05.06.2014 im Kreishaus Meschede wenig begeistert. Weder einen stellvertretenden Ausschuss-Vorsitz noch weitere Gremiensitze wollte man uns freiwillig überlassen.
Von Seiten der Verwaltungsleitung um den Landrat Dr. Schneider kam uns eine „Eiseskälte“ entgegen, die ich nicht erwartet hatte. Kein schöner Start in die Kommunalpolitik.
Der Landrat drohte damit, Kreistagsbeschlüsse aufheben zu lassen, wenn sie nicht den Stimmenverhältnissen der Kommunalwahl entsprächen, was aus meiner Sicht Rechtsbruch wäre.
Außerdem gab es im „barschen“ Ton die Anweisung an die Neuen, keinen Mitarbeiter bzw. keine Mitarbeiterin an der Basis der Kreisverwaltung auf Sachfragen anzusprechen. Aber wen ich zukünftig in der Verwaltung frage oder nicht, entscheide ich persönlich.
Der anschließende persönliche Kontakt zu den Kolleginnen, die in der Verwaltung für unsere Kreistagsarbeit zuständig sind, bestätigte meine Vermutung, dass es an der Basis der Kreisverwaltung viele nette Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt.
Und „Eiseskälte“ beim Nachfragen in der oberen Ebene der Hierarchie muss ich mir ja zukünftig nicht freiwillig antun.
Zum Schluss noch eine Anmerkung zu dem Kreistagskollegen der SPD im Ältestenrat. Als aktiver Gewerkschafter weiß ich jetzt, warum ich damals mit Oskar Lafontaine als interessierter Bürger Abstand zur SPD gesucht habe und in die Vorgängerpartei von DIE LINKE eingetreten bin.
Ich bin gespannt auf die nächsten Wochen.
Teil 2
Endlich geht es los!
Sitzung der Baukommission „Sauerlandmuseum“ und erste Kreistagssitzung
Nachdem die Listenverbindung der „Kleinen“ (DIE LINKE/SBL/Piraten) in sehr angenehmer Gesprächsatmosphäre die erste Kreistagssitzung vorbereitet hatte, meldete sich der neue Fraktionsvorsitzende der SPD telefonisch bei mir, um mich persönlich kennenzulernen. Es war vielleicht eine gute Idee der SPD, die Fraktionsspitzer auszutauschen. Leider blieb es wegen der Terminenge bei uns beiden nur bei einem Telefonat.
Am 24.06.2014 fand dann eine Sitzung der Baukommission „Sauerlandmuseum“ in Arnsberg statt. Die Projektleitung und ein Architektenbüro stellte die aktuelle Planungsphase vor.
DIE LINKE Hochsauerlandkreis lehnt dieses Bauvorhaben eigentlich generell ab, da es im sozialen Bereich viele fehlende Finanzen gibt. Wir konnten den Kreistagsbeschluss aber nicht verhindern. Jetzt sitze ich in der Baukommission, damit wir in Arnsberg keine Verhältnisse wie beim Flughafen in Berlin bekommen.
Aber auch ganz pragmatische Dinge habe ich in die Diskussion eingebracht:
• Warum wird die sehr nützliche Außentoilette am Museum zumacht mit der Folge, zukünftig erst einmal an der Museumskasse um den Toilettengang bitten zu müssen?
• Warum gibt es an der Ruhrstraße direkt an der Bushaltestelle eine Zugangstür im Neubau, die nicht benutzt werden soll, mit der Folge, dass gehbehinderte Menschen am Neumarkt aus dem Bus steigen und den beschwerlichen Weg über den Steinweg in den heutigen Altbau-Eingang benutzen müssen?
Es gibt aber eine Zusage des Architektenbüros, dass bei weiterer nicht eingeplanter Kostensteigerung (z.B. durch zu hartes Bodengestein) die Finanzierungsobergrenze eingehalten wird, indem u.a. an der Qualität der Inneneinrichtung gespart werden kann.
Ansonsten zeigte auch hier der Ausschussvorsitzende sehr wenig Empathie mir gegenüber und war nur bedacht, die Sitzung schnell hinter sich zu bekommen.
Da scheint auch aus meiner Sicht ein Grundübel von uns Politikern zu sein. Man wird in Ausschüsse und Gremien gewählt und möchte am liebsten von der Verwaltung alles fertig vorgelegt bekommen, um es dann möglichst schnell nur noch abzunicken.
So war es aus meiner Sicht auch in der ersten Kreistagssitzung am 27.06.2014. Ich habe nicht mitgezählt, wie häufig die Worte „Ich will schnell nach Hause“ im Zusammenhang mit den von der Listenverbindung der „Kleinen“ eingeforderten geheimen Abstimmungen fielen.
Hintergrund dieser Abstimmungen war, dass die „großen“ Parteien nicht einsahen, dass wir „Kleinen“ ca. 9% der Wählerinnen und Wähler vertreten und daher auch dementsprechend viele Ausschüsse und Gremien besetzen wollten.
Beim dem Gratulations-Blumenstrauß für den Landrat waren wir übrigens alle gleich beteiligt! Aber diese Definition von „gerecht“ kennen wir aus vielen anderen Politikfeldern!
Wir mussten also unsere Ansprüche einzeln einfordern. Dieser legitime demokratische Prozess dauert halt. In diesem Zusammenhang warf uns der Landrat „Politik-Clownerie“ vor, glänzte aber als neutraler Versammlungsleiter selbst durch abwertende Bemerkungen.
Außerdem interessierte es an diesem Nachmittag niemanden im Saal, ob es bei der Besetzung der Spezial-Gremien irgendwelche Menschen in den jeweils anderen Fraktionen gab, die aufgrund spezieller fachlicher Kompetenz fraktionsübergreifend geeignet waren. Ich bin gespannt, mit welcher Qualität die neu besetzten Gremien zukünftig arbeiten.
Auch die aus meiner Sicht berechtigte Forderung der SBL die Sitzordnung im Kreistag so zu verändern, dass die Listenverbindung der „Kleinen“ näher zusammensitzt, wurde ins Lächerliche gezogen.
Am beschämensten fand ich aber, dass niemand von den „Alt-Fraktionen“ für den Antrag der SBL gestimmt hat, dass im Jugendhilfe- und im Schulausschuss ein Vertreter der muslimischen Gemeinden neben den katholischen und evangelischen Vertretern zugelassen wird. Es gibt Integration im Sauerland halt immer noch nur in den „Sonntagsreden“.
Ach, da war ja noch die niveaulose Bemerkung eines FDP-Fraktionsmitglieds, dass wir so sind wie unsere Vorgängerpartei. Ich fragte bescheiden nach, ob er damit die WASG oder die PDS meinte!
Nach 4 Wochen gelebter Kommunalpolitik kann ich die Menschen teilweise verstehen, die mit Politik nichts mehr zu tun haben wollen.
Ich werde aber weiter diesem politischen System den Spiegel vor das Gesicht halten! Vielleicht merken sie ja irgendwann, dass sie auf dem falschen Weg sind!
Dietmar Schwalm
Fraktionsvorsitzender DIE LINKE im Kreistag Hochsauerland
Weitere Infos unter www.facebook.com/DieLinkeimKreistagHSK
Autor:Dietmar Schwalm aus Arnsberg |
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