MDR-Fernsehen begleitet Kinder ins Altenheim

Foto: Marita Gerwin
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Arnsberg/ Herdringen/ Hüsten

Kinder aus dem Herdringer „Krähennest“ besuchen ihre Freunde im Altenheim Klostereichen. Es klingt so selbstverständlich. Ist es aber nicht!

Enna, Justus, Aimy, Lieselotte, Maik, Lars, Jana, Kilian und ihre Freunde bringen mit ihrem Temperament Leben ins Altenheim. „Hallo, schön, dass Du da bist, die Hacken und die Spitzen, die wollen nicht mehr sitzen, die Versen und die Zehen, die wollen weiter gehen. Hallo, schön, dass Du da bist...“

Mit ihrem Begrüßungslied zaubern die Kleinen Lachfalten in die Gesichter der alten Menschen. Ein wunderbares Gefühl für beide Seiten. Mit bunten Seidentüchern in den Händen, die sie im Kreis der Senioren weiter reichen, fordern sie spontan zum Singen, Winken und Tanzen auf. Die quirligen Wirbelwinde werden schon sehnsüchtig erwartet. Mit ihren glockenklaren Stimmen laden sie zum Mitmachen ein. Das lässt sich niemand zwei Mal sagen. Faltige Hände greifen begeistert zu. Die hochbetagten Bewohner des Hauses sind mit Eifer bei der Sache. Die Kinder öffnen Herz und Mund, auch bei Menschen, die oft schweigen.

"Hallo, schön, dass Du da bist. Weil ich Dich so gern mag, winke ich Dir zu...weil ich Dich so gern hab, kitzle ich Dich jetzt... weil ich Dich so gern hab, umarme ich Dich nun!“

Ein Lied mit Symbolcharakter für die Freundschaft zwischen den Kindergartenkindern und den Bewohnern des Altenheims Klostereichen.

Die Initiative greift die Neugier und Offenheit von Kindern auf und nutzt sie zur sozialen und emotionalen Entwicklung. Ihnen wird die Möglichkeit geboten, Gemeinschaftssinn, Toleranz und Verantwortung zu erleben und zu erlernen. Die Persönlichkeitsentwicklung und der Dialog der Generationen werden gefördert.

Ein Jahr lang gehen die sog, „Schulkinder“ des Städt. Kindergartens regelmäßig in das nahe gelegene Altenheim „Klostereichen“, in dem auch demenzerkrankte Menschen betreut werden. Dort spielen, malen, singen, werkeln und tanzen die Kinder mit den alten Menschen. Zentrales Element ist die gute Vorbereitung und Begleitung aller Beteiligten. Die Kinder werden spielerisch behutsam an die Themen „Leben im Alter und Leben mit Demenz“ herangeführt. Auch die Eltern der Kids werden frühzeitig mit eingebunden. So können Ängste und Vorbehalte abgebaut werden. Bilderbücher rund um das Thema „Junge Bilder vom Alter“ und Qualifizierungen wie z.B. das Weiterbildungsprogramm für Erzieherinnen “KiDzeln-Kindern Demenz erklären“ stellen die Fachstelle Zukunft Alter der Stadt Arnsberg und die Demenz-Service Zentren in NRW bereit.

So haben die Kinder die Gelegenheit, durch den Austausch neue Erfahrungen und Eindrücke zu gewinnen. Sie werden hilfsbereiter, aufmerksamer und lernen einen respektvollen Umgang mit älteren Menschen. Diese Begegnung zwischen den Generationen ist sehr prägend für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder.

Mit zunehmendem Projektverlauf nehmen die Kinder das „Zepter“ selbst in die Hand. Sie bringen ihre eigenen Ideen ein und reagieren sehr empathisch und einfühlsam auf die Bedürfnisse der alten Menschen. Wichtiger Erfolgsfaktor ist die innere Bereitschaft der Erzieherinnen und der Mitarbeiter im Altenheim. Das Projekt verlangt den Abbau von Barrieren im Kopf, sich u.a. auch mit den Tabu-Themen Demenz und Einsamkeit auseinander zu setzen.

Diese Initiative ist im Kindergarten „Krähennest“ kein zusätzliches Angebot, sondern integrierter Bestandteil des pädagogischen Konzeptes, des Bildungsauftrages.

„Was ist das Besondere an dieser Begegnung?“ möchte ich gern von den Erzieherinnen Kerstin Dülberg und Johanna Lampe wissen. „Dass die Kinder in ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung reifen. Das Wichtigste ist: Es macht beiden Generationen großen Spaß“, ist ihre einmütige Antwort.

„Die Senioren erlangen einen Teil ihrer Sozialkompetenz zurück und werden aus ihrer Sprachlosigkeit herausgeholt. Sie vergessen ihren Alltag. Sie genießen es, mit den Kindern zu lachen, zu spielen. Schön, dass die Kleinen sich die Zeit nehmen für die alten Menschen! Es sind immer wieder berührende Momente“, ergänzen Silvia Hageleit und Magdalene Bannes, die engagierten Betreuerinnen der Senioren.

Die Kinder erleben schon im Vorschulalter, wie wichtig es ist, Menschen, die „anders“ sind, so anzunehmen, wie sie sind. Sie werden sich ihrer Gefühle bewusst. Gleichzeitig nehmen sie wahr, dass das Herz nicht dement wird, dass Freude, Trauer, Ärger, Humor, Witz, Charme nicht verloren gehen, auch wenn Gedanken und Worte sich verflüchtigen und wie Seifenblasen zerplatzen.

Humanitäre Wertschätzungen entstehen. Lebenseinstellungen prägen sich.

Die Kinder erfahren im Umgang mit hochbetagten und demenzerkrankten Menschen die Langsamkeit und Entschleunigung. Dass es im Leben nicht nur darauf ankommt, dass sich die Welt schneller, weiter, höher dreht, sondern auch Ruhe, Muße, Beschaulichkeit ihren berechtigten Platz haben. In einer Gesellschaft in der zukünftig immer mehr Menschen leben, die unsere Zuwendung und Unterstützung benötigen, sind Erfahrungen, wie diese ein kostbares Gut.

Einfach unvergesslich!

Für heute sagen sie "Tschüss, bis bald. Wir kommen wieder, ganz bestimmt", sammeln ihre bunten Tücher ein, schütteln viele Hände und strahlen mit der Sonne um die Wette. "Alle Leut´, alle Leut´, gehn jetzt nach Haus. Große Leute, kleine Leute, dünne Leute, dicke Leute, alle Leut`, alle Leut` - gehn jetzt nach Haus..." Ihr Abschiedslied, inzwischen zu einem Ritual geworden, setzt den Schlusspunkt. Schön wäre, wenn Ideen, wie diese Schule machen würden.

Kinderlärm ist Zukunftsmusik - auch im Altenheim!

Ich empfehle Ihnen in diesem Zusammenhang den Film-Beitrag im MDR-Fernsehen - Exakt - Die Story vom 07.08.2013. Den Link finden Sie in der ARS-Mediathek hier:

http://www.ardmediathek.de/mdr-fernsehen/exakt-die-story/schoener-altern-koennen-wir-uns-juenger-machen?documentId=16388156

Wie empathisch solche Begegnungen sein können, lesen Sie hier:

http://www.lokalkompass.de/arnsberg/leute/mit-mut-freiheit-und-neugierde-beginnen-d360582.html

http://www.lokalkompass.de/arnsberg/leute/mit-einem-freund-an-der-seite-ist-kein-weg-zu-lang-d298202.html

Autor:

Marita Gerwin aus Arnsberg

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