Öffentliches Wohnzimmer mit Street-Piano dazu

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Mitten in der Stadt. Große gelbe Sofas, Fauteuils und ein riesiger Sonnenschirm beleben den zentralen Marktplatz von Radstadt, Eine alte Telefonzelle, rot gestrichen, ausgestattet mit Regalen und so zu einem Bücherschrank umfunktioniert, ist das Herzstück des öffentlichen Wohnzimmers.

Gefüllt mit mehr als 300 Büchern aller Genres werden Besucher und Gäste zum Lesen, Verweilen, Plaudern eingeladen. Literaturzitate schmücken die Auslagen der Geschäfte rund um den Stadtplatz. Kleinere spontane Lesungen laden zu den unterschiedlichsten Tageszeiten zum Zuhören ein. Ein Vergnügen für Jung und Alt. Eine Oase im belebten Zentrum der Stadt. Diese temporäre Sommer-Initiative des Kunstvereins in Radstadt ist ein erster Schritt, um den neu gestalteten Platz zu beleben.

Er ist ein Raum für Begegnung, Kommunikation, Unterhaltung, Kunst, Kultur und vieles mehr.
Ich hab´s während meiner Radtour erlebt. Es war großartig! Mitten in der Lese-Lounge, ein „StreetPiano“ zum freien Spiel – zwischen 9 - 21 Uhr. New York, London, Paris, Berlin – und jetzt in Radstadt, einer Kleinstadt im Salzburger Land. Ein ”Street-Piano” mit der Aufforderung an Jedermann: ”Play me, I´m yours!”

Eine geniale Idee. Das erste Steet-Piano, was ich bisher erlebt habe. Unter dem Motto “komm spiel auf mir” ist dieses Musikinstrument in die Lese-Lounge integriert. Faszinierende und rührende Szenen spielen sich dort ab.

Momente der Begegnung. Unvorhergesehen. Spontan. Witzig. Einmalig. Wunderbar.

Zuerst etwas ungläubig wagt sich eine junge Frau mit einem wippenden Pferdeschwanz an das Street-Piano heran. Mit Ihrem Zeigefinger prüft sie zaghaft, ob das Instrument wirklich Töne von sich gibt. Sie klimpert die Tonleiter rauf und runter „c-d-e-f-g-a-h-c“. Tatsächlich. Ein echtes Piano. Unglaublich. Mitten auf dem Platz.

Sie ergreift die Initiative und spielt gekonnt und professionell drei fetzige Songs von den Beatles „yesterday, op la di, op la da, life is crazy und yellow submarine“.

Applaus. Strahlende Gesichter. Für einen Moment halten die Vorbeieilenden inne. Hören zu, klatschen, wippen mit den Füßen und schnipsen mit den Fingern im Takt. Gut gelaunt ziehen sie nach diesem kurzen Zwischen-Spiel weiter. Eilen, hasten, rennen. Die Zeit aufholen. Andere genießen in aller Ruhe und Gelassenheit ihr Eis, ihren „Coffe to go“, den sie sich in der Bäckerei nebenan schnell geholt haben, lesen eine Illustrierte, die Tageszeitung, die sie aus dem öffentlichen Bücherschrank ausgeliehen haben.

Eine ältere Dame rauscht mit ihrem sportlichen Fahrrad herbei. Parkt direkt vor der roten Telefonzelle. Greift in den Korb auf dem Gepäckträger, holt drei Bücher und eine Mode-Zeitschrift heraus, legt sie ohne viele Worte in das öffentliche Bücherregal und nimmt gleichzeitig neuen „Lesestoff“ mit nach Hause. Freudestrahlend steigt sie aufs Rad und radelt davon.

Inzwischen hat bereits ein sympathischer Herr am Street-Piano Platz genommen, rückt den Schemel zurecht und intoniert voller Inbrunst das Stück „Geben sie dem Mann am Klavier, noch ein Bier, noch ein Bier!“ Eine ältere Dame schmunzelt und singt dazu „sagen Sie ihm, es wäre von mir, es wäre von mir!“ Ihre Blicke treffen sich. Augenzwinkernd singen beide weiter. Eine spontane, flüchtige Begegnung. Eine nette Geste. Ein Lächeln. Wunderbar.

Die Lese-Lounge - natürlich Video überwacht - als öffentliches Wohnzimmer, die rote Telefonzelle als Bibliothek und das Straßen-Piano zum Spielen für Jedermann; wunderbare kreative Ideen, um Menschen spontan miteinander in Kontakt zu bringen. Ein Lächeln in die Gesichter zu zaubern.

Wäre das nach New York, London, Paris, Berlin, Radstadt, nicht auch eine tolle Idee für die öffentlichen Plätze in der Stadt Arnsberg? Ich würd mich freuen!

Kunst ist kein Luxusmittel, sondern eine wichtige geschichtliche Form des gesellschaftlichen Umgangs der Menschen untereinander. (Rosa Luxenburg)

Autor:

Marita Gerwin aus Arnsberg

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