"Dürfen wir Sie fotografieren?" - Langscheider Elmar Hoffmann mit dem Drahtesel in China unterwegs
Elmar Hoffmann ist kein unbekanntes Gesicht: Schon mehrfach berichteten der Wochen-Anzeiger und lokalkompass.de über die besonderen Fahrradtouren des Langscheiders, der mit dem Zweirad unter anderem schon Vietnam, Russland oder das Baltikum bereiste. Diesmal zog es ihn nach China.
"Ich habe viel gesehen - und doch nicht viel", zieht Elmar Hoffmann ein Fazit seiner China-Reise. Ein Widerspruch? Für den passionierten Radfahrer nicht. Acht Tage lang war er in Peking, hat die bekannten Sehenswürdigkeiten wie den Tian´anmen-Platz (Platz des himmlischen Friedens) und die Verbotene Stadt besichtigt. "Der Platz ist sowas von trist, es gibt keine Musik, keine einzige Bank. Man soll sich nicht setzen. Alles ist sehr hell beleuchtet, es ist viel Polizei da, man muss durch einen Sicherheits-Check", so der 79-Jährige. Auch die Verbotene Stadt hat er sich ausgiebig angesehen, "das ist alles sehr umfangreich, da werden schnell die Füße müde."
"Ich dachte schon, ich müsste an der Straße übernachten"
Fahrradfahren könne man gut in Peking, erzählt er, die Radwege seien fast so breit wie die Straßen. "So etwas haben Sie noch nicht gesehen: Sechs-, acht-, teilweise zehnspurig mit separatem Fahrradweg. Und überall können Sie Fahrräder leihen." Die Radfahrer allerdings seien schlimm. "Die fahren auch bei Rot, und dann ist kein Licht an den Rädern. Ich wusste abends einmal nicht, wie ich zum Hotel kommen sollte, und dachte schon, ich müsste an der Straße übernachten." Auch Mopeds würden auf den Radwegen fahren, teilweise abenteuerlich beladen. "Die brauchen Platz, da müssen Sie sehen, wo sie bleiben!" Überhaupt sei in der Großstadt unglaublich viel Bewegung. "Da ist immer soviel Betrieb wie bei uns vor Weihnachten." Die Polizei sei an allen öffentlichen Plätzen sehr präsent, im Straßenverkehr kaum. "Mir hat jemand gesagt, die haben immer noch Angst vor der Masse."
"Alles nur in chinesischen Schriftzeichen"
Ein wirkliches Problem war die Sprache für den Langscheider. "Die Schilder an den Hauptstraßen waren in Englisch, das ging. Aber in den U-Bahnen oder an anderen Straßen war alles nur in chinesischen Schriftzeichen", erzählt Hoffmann. "Ich habe mich einfach an die Bushaltestelle gestellt und gedacht, `irgendwo wird´s hingehen´. Es gab ja auch keine Karten, Sie wissen teilweise nicht, wo Sie sind." Trotzdem - oder vielleicht auch gerade deshalb - seien es wirklich schöne Tage gewesen in Peking. "Ich habe überall Hilfe bekommen, viele Leute haben Zeit für mich gehabt." Mit vielen Chinesen ist er in Kontakt gekommen, hat viel über Land und Leute erfahren. "Eine junge Chinesin hat mich drei Tage lang herumgeführt und mir vieles gezeigt."
Alles hat er nicht gesehen. "Ich wollte noch ins Staatliche Museum und die Peking-Oper besuchen. Aber auch in acht Tagen Peking kann man nicht alles schaffen. Und die ganze Fragerei hat mich viel Zeit gekostet." Dafür habe er vieles gesehen, was Gruppenreisende oder "normale Touristen" nicht mitbekämen.
Zur rund 60 Kilometer entfernten Chinesischen Mauer wollte der 79-Jährige eigentlich mit dem Fahrrad fahren. "Aber das hätte drei Tage gedauert - Sie müssen ja alles erfragen. Das packen Sie nicht!" Also ging´s ohne den Drahtesel zu dem Monument und in einer Kleingruppe mit der Seilbahn weiter. Auch wenn es sehr voll gewesen sei, sei die Mauer "schon etwas sehr, sehr Gewaltiges."
Entlang des Großen Kanals
Von Peking ging es weiter mit dem Zug nach Pitsou. Dort begann die eigentliche Radreise entlang des Großen Kanals (auch Kaiserkanal genannt, UNESCO-Weltkulturerbe) und kleineren Orten. Der Kanal gilt als der älteste künstliche Wasserlauf der Welt. "Da gibt es unglaublich viel zu sehen", schwärmt Hoffmann. "Der Kanal ist riesig, auch heute fahren da noch große Transportschiffe." Viele Nachtmärkte habe er besucht, oft an Garküchen gegessen. Auch in einer Musikkneipe sei er gewesen, in der viele junge Leute gewesen seien. "Da habe ich viel Spaß gehabt." Immer wieder beeindruckten ihn die Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit der Menschen. Und immer wieder sei er gefragt worden: Dürfen wir Sie fotografieren? "Ich wurde vielfach bestaunt", schmunzelt der Langscheider.
Drei Tage ohne Geld
Von Shanghai habe er nicht viel gesehen. Nach einer stundenlangen Tour mit dem Rad durch strömenden Regen sei er so krank geworden, dass er während seines achttägigen Aufenthaltes fast nur im Bett gelegen habe. Und auf ein weiteres Erlebnis hätte er verzichten können: Zwei Trickbetrügerinnen ergaunerten seine Kreditkarte. "Meinem Sachbearbeiter in Deutschland kam eine Abbuchung zum Glück komisch vor, und er rief mich an. Ich habe die Karte sofort sperren lassen", erzählt Hoffmann. Allerdings habe er deswegen drei Tage kein Geld gehabt. "Ich wollte dann früher zurück, habe am Flughafen übernachtet - DAS sind Abenteuer!" Und wieder halfen ihm die Leute. "Sie haben mich eingeladen, haben mir Kaffee und Essen gegeben - da sind alle so freundlich!"
Die nächste Fahrradreise ist noch nicht geplant, aber, soviel verrät der Langscheider: "Lhasa und Kathmandu würden mich reizen...". Schuster am Wegesrand. Fotos: Hoffmann
Ich wusste abends einmal nicht, wie ich zum Hotel kommen sollte, und dachte schon, ich müsste an der Straße übernachten.
Autor:Diana Ranke aus Arnsberg-Neheim |
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