Jahresbericht 2018
Mehr als 6.000 Anfragen bei der Verbraucherzentrale
6.015 Anfragen von Ratsuchenden hat die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale Arnsberg im vergangenen Jahr bearbeitet. "Am häufigsten beschäftigten uns die Tücken des digitalen Verbraucheralltags", erklärte Leiterin Petra Golly jetzt bei der Vorstellung des Jahresberichts.
Ob dreiste Abzocke auf Marktplätzen oder mit Prepaid-Karten, es gibt jede Menge Fallen im Internet. Aber auch untergeschobene Lieferverträge für Strom und Gas oder tückische Ratenzahlungsvereinbarungen bei Inkassounternehmen sorgten für ratlose Verbraucher. Und einmal mehr versuchten Schlüsseldienste und Telefon-Hotline-Betreiber, mit undurchsichtigen Geschäftsmodellen Kasse zu machen. Dabei werden die Fälle immer komplexer, "unsere Akten werden immer dicker", erläuterte Petra Golly. "In einigen Branchen gelingt es dem Einzelnen immer seltener, sein Anliegen selbstständig beim Anbieter vorzubringen."
Hilfe bei Fallstricken im Alltag
Als gefragter Lotse hat sich die Beratungsstelle auch 2018 gezeigt: Denn ihre Angebote halfen, um sich gegen Fallstricke des Verbraucheralltags zu wappnen und gegen unberechtigte Forderungen zu wehren. „Damit helfen wir keineswegs nur Haushalten mit knappen Kassen, sondern eröffnen beispielsweise auch finanzielle Spielräume, etwa um fürs Alter vorzusorgen, um sich gegen Risiken wie Berufsunfähigkeit abzusichern oder auch in Maßnahmen zur Energieeinsparung zu investieren“, erläuterte Golly.
Unterschiedliche Ausgangssituationen
Gefragt waren die Hilfestellungen bei ganz unterschiedlichen Ausgangssituationen: Sowohl „Vorinformierte“, die etwa übers Internet schon mögliche Problemlösungen recherchiert hatten und damit dann gescheitert waren, als auch Ratsuchende, die aufgrund vielfältiger Faktoren nur über geringes Potenzial zur Selbsthilfe im Verbraucheralltag verfügen, zählten zur „Kunden-Klientel“. Mit rund 900 Rechtsberatungen und -vertretungen hat sich die heimische Verbraucherzentrale zumeist erfolgreich für die berechtigten Ansprüche von Ratsuchenden eingesetzt.
Energieversorger: Ungewollte Wechsel und Vertragsumstellungen
Einmal mehr gehörten im vergangenen Jahr ungewollte Wechsel des Energieversorgers und Vertragsumstellungen zu den Dauerbrennern der Beratungsnachfrage. Als Ausgangspunkt dafür ließ sich in der Regel ein Telefonat oder ein Kontakt an der Haustür ausmachen. So sind Verbraucher häufig ungewollt zum Thema Energie angerufen worden. "Mal hatten sich die Werbenden als Vertreter eines Energieversorgers, mal als Energieberater oder als Vermittler vorgestellt", erzählte Golly. Anliegen dabei war es zumeist, persönliche Daten in Erfahrung zu bringen, um einen Wechsel des Stromanbieters einzuleiten. "Diese Intention blieb den Überrumpelten jedoch fast immer verborgen – und wurde erst dann enttarnt, wenn Wochen später überraschend der Vertrag vom bisherigen Anbieter gekündigt wurde oder eine Auftragsbestätigung für einen neuen Vertrag eintraf."
Klagen gegen Unternehmen
Zudem sorgten intransparente Preisänderungsmitteilungen von Energieversorgern für Verbraucherärger: Vier Unternehmen hat die Verbraucherzentrale NRW daher abgemahnt und gegen drei inzwischen auch Klage eingereicht, weil in den Schreiben der eigentliche Zweck so geschickt verschleiert war, dass der Kunde die enthaltene Ankündigung der Preiserhöhung kaum bemerken konnte - und so auch sein Sonderkündigungsrecht für den Wechsel zu einem günstigeren Versorger verpasste. Die Beratungsstelle hatte hier anbieterunabhängigen Rat und rechtliche Hilfestellungen parat.
Fake-Shops im Internet
"Beim Onlineshoppen wurde die Hoffnung der Verbraucher auf einen billigen Einkauf zum teuren Vergnügen", gab Petra Golly ein weiteres Beispiel. So bot eine Shopping-App Artikel zwar zwischen 60 und 90 Prozent günstiger als im stationären Handel an - doch das Ordern der billigen Produkte kam Kunden teuer zu stehen: So beschwerten sich Ratsuchende über überraschend in Rechnung gestellte Zollgebühren, Steuern und Versandkosten, aber auch über monatelange Lieferzeiten und minderwertige Qualität der Waren.
Kreditvermittler-Masche entlarvt
Schon der Name schien Programm: Der Kreditvermittler blitz.credit bot
im Internet und via Facebook eine MasterCard Gold und einen Sofortkredit bis zu 7.777 Euro an. Selbst wenn der eigene Finanzrahmen
in Schieflage geraten war, verhieß das Angebot den unproblematischen
Zugang zum bargeldlosen Bezahlen. „Doch nahm die Bestellung häufig
einen enttäuschenden Ausgang: Denn Verbraucher erhielten nicht den
erhofften Kredit, sondern ein Starterpaket mitsamt Zugangsdaten für die
Beantragung einer kostspieligen Prepaid-Kreditkarte. 149,90 Euro
Ausgabegebühr mussten bei der Auslieferung per Nachnahme beglichen
werden“, entlarvt Beratungsstellenleiterin Petra Golly die Masche. Wurde
die Annahme verweigert, folgten Zahlungsaufforderungen, zusätzliche
Mahn- sowie Inkassokosten von bis zu 555,45 Euro. All dies wurde für
eine bloße Prepaid-Kreditkarte verlangt, auf die vor der Benutzung erst
Geld geladen werden muss – und die anderswo kostengünstiger
erhältlich ist. Vom versprochenen schufafreien Sofortkredit sahen
Interessenten obendrein nichts.
Unberechtigte Forderungen und Drohungen
Wer nicht rechtzeitig zahlt, riskiert Post vom Inkassobüro zu bekommen– oftmals horrende unberechtigte Gebühren und Drohkulisse inklusive.
„Wird dann unbedacht eine Ratenzahlungsvereinbarung unterschrieben,
kommt die Kostenspirale oft erst richtig in Gang“, berichtet
Beratungsstellenleiterin Petra Golly. Denn diese Vereinbarung zum
Abstottern müssten säumige Zahler meist teuer erkaufen. So seien hohe
Einigungsgebühren zumeist der Preis, um diesen Deal überhaupt
abschließen zu können. Obendrein müsste eine Reihe von
verklausulierten Erklärungen in den Vordrucken akzeptiert werden –
deren nachteiligen Folgen Verbraucher kaum überschauen können. Bei
einem Check von über 200 Ratenzahlungsvorschlägen von 45verschiedenen Inkassobüros hatte die Verbraucherzentrale NRW
massenhaft Fallstricke entdeckt. Unter dem Aktionsmotto „Vorsicht,
Inkasso!“ hatte die Beratungsstelle viele Hilfestellungen parat, um
Forderungen zu prüfen und nicht einfach draufloszuzahlen. Denn
grundsätzlich gilt: Durch Zahlungsverzug entstehende Kosten dürfen
nicht unnötig aufgeblasen werden. Die Verbraucherzentrale hat eine
zügige gesetzliche Regelung gefordert, dass für
Ratenzahlungsvereinbarungen keine zusätzlichen Kosten berechnetwerden dürfen und diese auch nicht an die ungeprüfte Anerkennung der
Forderung gekoppelt sein dürfen.
Probleme mit Telekommunikationsanbietern
Bei vielen außergerichtlichen Rechtsberatungen und -vertretungen standen einmal mehr Probleme mit Telekommunikationsanbietern im Mittelpunkt. Nicht nachvollziehbare Posten in der Rechnung, Stolperfallen beim Anbieterwechsel - oftmals gab es mit den Unternehmen gleich mehrere Probleme. Anlass für Beschwerden war vielfach auch, wenn die tatsächliche Leistung und Geschwindigkeit des Internetanschlusses mit den Versprechungen in der Werbung oder des Kundenberaters nicht übereinstimmten. Mit einem Informationspaket begleitete die Beratungsstelle den digitalen Verbraucheralltag, um sich über vertragliche zustehende Geschwindigkeiten zu orientieren. Dabei wurde erklärt, dass das Produktinformationsblatt hierbei verbindliche Grundlage ist und gezeigt, wie man tatsächliche Surfgeschwindigkeiten rechtssicher festhält. Außerdem gab es kompetente Unterstützung bei der gezielten Durchsetzung von Kundenrechten.
Verbraucherzentrale fordert 14-tägiges Widerrufsrecht
"Wir haben festgestellt, dass Telekommunikatiosshops bei ihren Informationspflichten häufig patzen", so Golly. "Wir haben daher ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei solch komplexen Vertragskonstellationen gefordert."
Kampagne "Besser heizen"
Was läuft im Keller? – Mit dieser Frage hatte sich die
Verbraucherzentrale bei ihrer Kampagne „Besser heizen“ aufgemacht,
Energieeinsparpotenzialen auf die Spur zu kommen. Denn 60 Prozent
aller Heizungen verbrauchen nach heutigem Stand der Technik zu viel
Energie. Und schon mit dem einfachsten Schritt, dem Tausch des alten
Öl- oder Gasheizkessels gegen moderne Brennwerttechnik, sinkt der
Energieverbrauch um ein Viertel.
Häufigste Anfragen 2018
Finanzen: 10 Prozent, Konsumgüter: 11 Prozent, Telefon: 14 Prozent, Energie: 19 Prozent, Dienstleistungen: 35 Prozent.
904 Verbraucher-Rechtsberatungen und Rechtsvertretungen in 2018: allgemeine Dienstleistungen: 34 Prozent, Telefon/ Internet: 26 Prozent, Energie 17 Prozent, Konsumgüter: 13 Prozent, Freizeit: 4 Prozent, Gesundheit: 3 Prozent, Finanzen: 3 Prozent.
Geänderte Öffnungszeiten
Übrigens: Die Beratungsstelle ist nun in neu gestalteten Räumen neben Sprechstunden am Vormittag an zwei Wochentagen auch bis in den frühen Abend erreichbar. Weitere Infos zur heimischen Beratungsstelle der Verbraucherzentrale unter www.verbraucherzentrale.nrw/beratungsstellen/arnsberg
Autor:Diana Ranke aus Arnsberg-Neheim |
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