Pressemitteilung zur aktuellen Pflegepolitik
Herr Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, jetzt ist es Zeit zu liefern!

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Sieht man die aktuellen Entwicklungen in der Pflege so wird deutlich, dass sich die Politik im Bereich der Pflege in einen Irrgarten verlaufen hat, aus dem sie selbst keinen Ausweg findet.

Selbst diese Pandemie, bei der nun wirklich eklatant die Mängel der Pflegepolitik der letzten Jahrzehnte zutage treten, führt nicht dazu, die bestehende Haltung gegenüber Pflegekräften (w/m/d) und die Strukturen der Preisfindung und Refinanzierung im Pflegebereich in Frage zu stellen. Stattdessen wird munter mit dem seit Jahrzehnten bekannten Instrumentenkoffer weiterregiert und die Pflege weiter ins Verderben getrieben.

Es war schon unerträglich, wie Pflegekräfte (w/m/d) den Mangel an geeigneter Schutzkleidung am eigenen Leib erdulden sollten und sogar mussten.

Dieser Mangel war lange absehbar. Eine Pandemiestudie, die dem Bundestag seit dem Jahr 2012 vorliegt, zeichnete genau diesen Weg vor: Knappheit an Schutzmitteln im Falle einer weltweiten Pandemie. Selbst im Dezember 2019 wurde das Haus von Herrn Jens Spahn nochmals daran erinnert, dass das Schutzmaterial knapp werden könnte. Eine letzte Warnung dann nochmal im Februar 2020 durch einen Vertrieb für Schutzmittel. Dem Mitarbeiter dort wurde klar, dass es keine Möglichkeit mehr zur Organisation von diesen Schutzmaterialien gab. Das Haus von Herrn Jens Spahn brauchte aber bis Ende März, um ernstzunehmende Konsequenzen daraus zu ziehen. Da hielt das Virus schon munter Einzug in Kliniken und Pflegeeinrichtungen im ganzen Land. Monate wurde weggeschaut und die Situation schöngeredet. Das hätte gut gehen können, ging es aber leider nicht.

Die Haltung die dahinter steht ist in ihrer Klarheit nicht schönzureden. Die Pflegekräfte (w/m/d) sollen leisten. Auch unter Einsatz ihres Lebens.

Denn ein Mangel an Schutzkleidung gefährdet sowohl das Leben der Pflegekräfte (w/m/d) als auch das Leben der zu pflegenden Menschen. Der Gipfel ist allerdings, wenn man den Applaus einlösen will. Dann wird die Groteske unerträglich:

„Doch keine 1.500-Euro-Prämie für Pfleger?“
„Blamage für Spahn“ so titelt das Redaktionsnetzwerk Deutschland am 23.04.20 einen Artikel, der kaum besser das Versagen der Politik im Pflegebereich darstellen könnte.

Die Prämie an sich ist schon lächerlich, wenn man sich die Lohnentwicklungen im Pflegebereich in den letzten Jahrzehnten ansieht. Sie wird auch nicht helfen, langfristig etwas für die Pflege zum Besseren zu verändern. Aber selbst diese billige und untaugliche Maßnahme, gemessen am wirklichen Finanzbedarf für eine angemessene Entlohnung der Pflege, wird im altbekannten Bermudadreieck der Pflege zwischen Kostenträgern, Arbeitgebern und Gewerkschaft untergehen. Die Gewerkschaft feiert etwas, was noch gar nicht refinanziert ist in der Annahme, die Arbeitgeber können das aus ihrem Taschengeldkonto zahlen. Diese weigern sich (zurecht) und die Kostenträger verweisen dreist darauf, man hätte ja jetzt einen sicheren Job und solle froh darüber sein und halte die Prämie für unnötig.

Immerhin wird nun einigen Journalisten klar, was das bedeutet. So schrieb die Redakteurin des Spiegel Hauptstadtstudios Cornelia Schmergal treffend:
„Dass eine ausgebildete Fachkraft in der Automobilindustrie fast doppelt so viel an Jahresbruttoentgelt erhalten kann wie eine examinierte Fachkraft in der Altenpflege-wir hielten das für üblich. Dabei ist es nicht weniger als ein Skandal. Und wir alle haben ihn mitverschuldet.“

Kurz zuvor feiert sich die Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey in den Medien, weil sie eine bessere Bezahlung von Pflegefachkräften auf den Weg gebracht hat. Wir müssen hier leider Wasser in den Wein gießen.

Es wurde ein Mindestlohn für Pflegefachkräfte (w/m/d) vereinbart, der absolut untauglich ist, irgendetwas zu verbessern. 15,40 Euro pro Stunde, darunter darf jetzt nicht mehr bezahlt werden. Das sind rund 2.550 Euro im Monat. Für einen Beruf mit instabilen Dienstplänen, schlechtem Personalschlüssel und einer Riesenverantwortung für das Leben von Menschen. Man muss nicht einmal Pflegekenner sein, um zu erkennen, dass das nicht funktionieren kann. Und es weitaus bessere Lebensplanungen gibt, als sich das anzutun. Man verweist dann gerne auf die Bemühungen um einen Flächentarifvertrag und tut so als hätten Einrichtungen, die nach den besten Tarifen bezahlen, keine Personalnöte. Dem ist nicht so.
Das beweist, dass auch ein Lohnniveau im Bereich des TVÖD und AVR keinen Sog in den Beruf auslöst.

Was also ist zu tun?
Wir fordern Herrn Jens Spahn auf, endlich Farbe zu bekennen. Eine Verbesserung in der Pflege wird es nur geben, wenn Wertschätzung sich auch auf dem Gehaltszettel ausdrückt. Das muss im Kontext zum Lohnniveau von Facharbeitern (w/m/d) in anderen Branchen gesehen werden. Pflege bewirbt sich auf dem Arbeitsmarkt mit anderen Anbietern. Es ist unerträglich, dass Menschen lieber an Maschinen arbeiten, weil die Arbeit am Menschen nicht mit den entsprechenden Rahmenbedingungen ausgestattet wird.

Eine Petition bei Change.org hat bereits weit über 400.000 Unterzeichner gefunden, die ein Einstiegsgehalt von 4.000 Euro für Pflegefachkräfte für angemessen halten.

https://www.change.org/p/covid2019-gemeinsamer-pflegefachkr%C3%A4fte-aufruf-an-jensspahn-illner?source_location=discover_feed

Auch erfahrene Gesundheitspolitiker wie Karl Lauterbach (SPD) sehen inzwischen ein, dass die Tarifverhandlungen in den letzten Jahren (im Bermudadreieck s.o.) nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt haben.

Herr Spahn, sorgen Sie endlich für eine Bezahlung, die attraktiv genug ist, dass Menschen in diesem Beruf arbeiten wollen. Kümmern Sie sich um eine ausreichende Refinanzierung von guten Pflegefachkraftlöhnen in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Diensten.
Hören Sie auf sich hinter den Strukturen zu verstecken, die seit Jahrzehnten verhindern, was die Pflege in diesem Land so dringend braucht!

Der Vorstand
Pflege in Bewegung e.V.

Autor:

Ulrich Mönke aus Arnsberg-Neheim

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