Waldsterben im Sauerland nach Kyrill – Weihnachtsbaumplantagen und deren Folgen
BUND-Arnsberg: Die ganze Welt schaut auf den Regenwald wenn es um den Erhalt der Wälder und Urwälder geht. Viele Menschen sind entsetzt wenn der Regenwald, die Lunge der Erde, abgeholzt und zerstört wird. Diese Entwicklung ist dramatisch. Viele Pflanzen- und Tierarten werden für immer vom Menschen ausgerottet und vielen indigenen Völkern wird damit die Lebensgrundlage entzogen.
Aber was ist mit Deutschland? Deutschland ist auf dem Gebiet "Urwald" ein Entwicklungsland und besitzt nur noch 0,1% Urwald!
Unser Urwald musste vor einigen 100 Jahren als Brenn- und Bauholz herhalten und viele Waldflächen wurden auch in Ackerland und Bauland verwandelt. Dieser Trend hält bis heute an, obwohl der Wald wieder aufgeforstet wurde. Leider sind dabei keine Urwälder von morgen entstanden, sondern wieder Kulturland, nämlich überwiegend Fichten-Forst!
Im Jahre 2007 fegte der Orkan Kyrill über weite Teile des Sauerlandes hinweg und zerstörte einen großen Teil dieser Fichtenmonokulturen, da die Fichten in weiten Teilen des Mittelgebirges nicht Standortgetreu sind und daher als Immergrüner Baum und Flachwurzler dem Orkan nicht genug Wiederstand bieten konnten. Außerdem kränkeln die Fichten an vielen Orten vor sich hin und sind somit anfällig für Krankheiten. Der Klimawandel, die Umweltverschmutzung und ein falscher Standort sind die Ursache dafür.
Für einige Menschen aus dem Forstbereich war dieser Orkan, trotz des finanziellen Schadens, ein Segen für den Wald und sie setzten für die Zukunft auf Naturverjüngung, Laub- und Mischwald. Sie lernten aus den Fehlern der Vergangenheit.
Heute, fast sechs Jahre danach lässt sich aber auch beobachten, dass sich auf vielen entstandenen Kahlflächen nicht etwa eine artenvielfältige Baumpopulation hat entfalten können, sondern es ist dort genau das Gegenteil entstanden: Eine rasch wachsende Weihnachtsbaum-Produktion.
Anstelle mit Laubwald oder Mischwald aufzuforsten, wofür die Landesregierung Förderprogramme bereitgestellt hatte, oder der Natur einfach ihren Lauf zu lassen, sind landwirtschaftliche Flächen – Weihnachtsbaumplantagen - auf Waldböden entstanden. In vielen dieser Weihnachtsbaumplantagen werden giftige Pflanzenschutzmittel gegen Gräser, Krankheiten, für guten Wuchs und eine kräftige Farbe angewendet. Viele dieser Pflanzenschutzmittel sind Umweltschädigend.
Ganz besonders die Glyphosate, die hier ebenfalls angewendet werden, vergiften langfristig unser Grundwasser, zerstören die Bodenmikroflora, wirken toxisch auf Amphibien und Fische, sind mitverantwortlich für das Artensterben, sind Fruchtschädigend und stehen im Verdacht Krebserregend zu sein (siehe NABU-Studie).
Aus Umweltschutzgründen benutzt der Großteil der Forstwirtschaft schon lange nicht mehr diese konventionellen Pflanzenschutzmittel. Aus der Erfahrung heraus, dass es auch anders geht und um dem Wald, den darin lebenden Tieren, der Umwelt allgemein und dem Menschen keinen Schaden zuzufügen. Viele Weihnachtsbaumanbauer interessiert das nicht. Sie wittern nur den schnellen Gewinn den die Weihnachtsbaumplantagen einbringen. Sie sagen das ist alles legal was wir tun, diese Pflanzenschutzmittel sind offiziell zugelassen und ohne gehe es nicht.
Hier sollten wir uns doch eher an unsere Verantwortung der Natur und der zukünftigen Generationen gegenüber erinnern und von selbst die entsprechenden Schlüsse ziehen, egal ob diese Mittel nun zugelassen sind oder nicht.
Anhand der neuen Erkenntnisse sollte die Zulassung, besonders der glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittel neu überdacht und verboten werden.
Dabei geht es sehrwohl ohne diese Mittel. Auf den Bio-Weihnachtsbaumhöfen, aber auch in einigen anderen, nicht zertifizierten, Weihnachtsbaumkulturen und in den Landes-Forstbetrieben werden diese konventionellen Pflanzenschutzmittel nicht angewendet. Die Bäume brauchen nur ein bis zwei Jahre mehr Zeit zum Wachsen. Hier wachsen die Bäume natürlich auf.
Ein Großteil der nach Kyrill entstandenen Weihnachtsbaumplantagen befindet sich auf Waldböden. Das ist möglich, da das Landesforstgesetz momentan noch diverse Lücken aufweist.
Doch die Anbauflächen für Weihnachtsbäume steigen weiter. Es werden zusätzlich Bäume gefällt um dort anschließend Weihnachtsbaumplantagen anzulegen.
Die Landesregierung hat beschlossen Anfang 2013 das Landesforstgesetz zu Novellieren.
Diesem Raubbau am Wald muss unbedingt Einhalt geboten werden!
Hier sind auch wir als Verbraucher angesprochen, wie wir mit Produkten aus Holz in Zukunft umgehen. Auch der Umgang mit Weihnachtsbäumen spielt da eine große Rolle. Ein Weihnachtsbaum ist ein Naturprodukt und kein toter Dekoartikel. Wie bei allen Naturprodukten ist es üblich, dass es Abweichungen von Farbe, Form und Wuchs gibt. Gerade das macht jeden Baum einzigartig und schön.
Für den BUND ist eine naturschutzkonforme Waldnutzung gemäß der Richtlinien des Forest Stewardship Council (FSC) Germany der Schlüssel zur umfassenden Regeneration unserer Wälder.
Das rasante Artensterben und der Flächenverbrauch muss gestoppt werden. Auch ganz besonders die Buchenwälder, für die Deutschland eine besondere Verantwortung trägt, brauchen einen angemessenen Schutz.
Einige Buchenwälder Deutschlands sind im Juni 2011 als Weltkulturerbe anerkannt worden.
Wir finden es außerordentlich wichtig, dass von dem deutschen Wald ein Teil (mind. 5%) an die Natur zurückgegeben wird und die Weihnachtsbaumplantagen auf ehemaligen Kyrillflächen in natürliche Waldgesellschaften durchwachsen.
Eine verantwortungsvolle Waldpolitik und Forstwirtschaft unterstützt naturnahe standortgerechte Wälder und weist entsprechende Schutzgebiete aus. Auch hier sollten Subventionen umverteilt werden.
Weiterhin müssen zukunftsfähige Konzepte umgesetzt werden, damit der Wald in Deutschland und im Besonderen im Sauerland nach den Schäden von Kyrill, ein intakter Lebensraum für Böden, Gewässer, Tiere, Pflanzen und uns Menschen wird und bleibt!
Autor:Birgit Jakubzik aus Arnsberg-Neheim |
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