Niederländisches AKW nur 170 km vom Niederrhein, 250 vom Revier - Einspruchsfrist gegen "Borssele 2" bis 12. Januar

Der 62-jährige Rentner Hartmut Laue aus Moers-Meerbeck ist erst durch die Berichterstattung in der Rheinischen Post darauf aufmerksam geworden, dass nur 200 km von seinem Wohnort entfernt in Borssele (NL, Zeeland) ein weiteres AKW gebaut werden soll. Kurzfristig möchte er viele Bürger mobilisieren, sich bis Ende der Frist mit Einsprüchen zu beteiligen.
  • Der 62-jährige Rentner Hartmut Laue aus Moers-Meerbeck ist erst durch die Berichterstattung in der Rheinischen Post darauf aufmerksam geworden, dass nur 200 km von seinem Wohnort entfernt in Borssele (NL, Zeeland) ein weiteres AKW gebaut werden soll. Kurzfristig möchte er viele Bürger mobilisieren, sich bis Ende der Frist mit Einsprüchen zu beteiligen.
  • hochgeladen von Christian Voigt

"Schlichtweg Wahnsinn" bezeichnet Hartmut Laue, Rentner aus Moers-Meerbeck, was nur knappe 200 km von seinem Wohnort entfernt neu gebaut werden soll. Nach dem Reaktorunglück von Fukushima Anfang diesen Jahres, der nach wie vor weltweit ungeklärten Frage der Endlagerung radioaktiven Abfalls und dem beginnenden Ausstieg vieler europäischer Länder aus der Atomkraft, glaubt der 62-jährige Laue zunächst nicht, was er am Dienstagmorgen (27.12.) in der Rheinischen Post (RP) liest: In Zeeland, einer der größten touristischen niederländischen Regionen, soll u.a. mit Unterstützung des Energie-Konzerns RWE, ein weiteres Atomkraftwerk gebaut werden. Der mögliche "atomare Fall-Out" würde binnen kürzester Zeit bei Ostwinden weite Teile Nordrhein-Westfalens verstrahlen. Auf Nachfrage der RP
habe man sich in den sogenannten "wir4"-Städten Moers, Neukirchen-Vluyn, Kamp-Lintfort und Rheinberg bislang noch nicht mit dem möglichen neuen Atommeiler in direkter Nachbarschaft beschäftigt und am Planungs- und Widerspruchsverfahren beteiligt.

Hartmut Laue -politisch interessiert, aber bisher nicht engagiert, kein Umweltaktivist, tat schon mal seine Meinung mit Leserbriefen kund- zögerte nicht lange und fand unter den angegebenen Links der RP ein Mustereinspruchsschreiben der Grünen aus Kleve. Dieses schrieb er auf Moerser Verhältnisse um und ergänzte einige wichtige Fakten und Argumente. Denn bis zum 12. Januar können auch Bundesbürger per Brief oder Telefon Einspruch im niederländischen Planfeststellungsverfahren leisten. Mit den eingescannten Artikeln sendete Laue noch am gleichen Abend seinen überarbeiteten Mustereinspruchsbrief an Freunde, Bekannte, Nachbarn und an die Anwohnerinitiative seines Wohngebietes mit den Worten "Stuttgart 21 und jetzt der Protest gegen die neue Landebahn in Frankfurt zeigen mittlerweile ja auch mindestens die Wirkung, dass Verwaltung und Politik wesentlich nervöser und vorsichtiger agieren, allein das ist ja auch schon etwas.". Erste Resonanz ließ nicht lange auf sich warten, ein Nachbar kontaktierte Laue noch in der Nacht und der Sprecher der Anwohnerinitiative, Christian Voigt, sagte seine Unterstützung beim Verbreiten von Laue's Mustereinspruch zu.

Nun hofft Hartmut Laue noch zusätzlich, dass viele Lokalkompass-Leser seinem Aufruf folgen mögen. Kontaktaufnahme und Austausch ist unter caomin@web.de mit Herrn Laue möglich.

Weitere Informationen:
Atomkraft in der Nachbarschaft
http://www.rp-online.de/niederrhein-nord/kleve/nachrichten/atomkraft-in-der-nachbarschaft-1.2652477

Niederrhein-Städte lehnen Meilerbau ab
http://www.rp-online.de/niederrhein-nord/kleve/nachrichten/niederrhein-staedte-lehnen-meilerbau-ab-1.2652476

Der Mustereinspruch von Herrn Laue:

Name, Adresse

Bureau Energieprojecten
Inspraakpunt Tweede Kerncentrale Borssele
Postbus 223
NL - 2250 AE Voorschoten

Aktuelles Datum

Geplanter Bau eines neuen Atomkraftwerkes in Borssele

Sehr geehrte Damen und Herren,

Hiermit erhebe ich Einspruch gegen den beantragten Bau des 2. Atomkraftwerks in Borssele.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in einem parteiübergreifenden Konsens entschieden, aus der Atomkraft auszusteigen. Auch Belgien und Schweiz werden die Nutzung der Atomkraft beenden. Andere Staaten wie Italien wollen gar nicht in die Nutzung der Atomkraft einsteigen oder haben zumindest keine Ausbaupläne. Atomkraftwerke haben keine Zukunft.

Ich erwarte daher auch von den Niederlanden, Atomkraftwerke abzuschalten und erst recht keine neuen Atomkraftwerke zu bauen. Die Reaktorkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima haben gezeigt, dass die Atomkraft eine nicht verantwortbare Technologie ist. Hinzu kommt die weltweit nach wie vor ungelöste Endlagerfrage. Wir hinterlassen in einer historisch betrachtet sehr kurzen Phase der Atomkraftnutzung unseren Nachkommen für tausende Generationen hochradioaktiven Müll mit all seinen Problemen und Risiken.

Die Ressourcen an spaltbarem Material sind genauso begrenzt wie die Vorräte an Öl und Gas, und verstärken aufgrund ihrer Vorkommen die Importabhängigkeit Europas. Atomkraft ist auch in dieser Hinsicht kein Beitrag zu einer sicheren und nachhaltigen Energieversorgung.

Hinzu kommt, dass - wie die aktuellen Erfahrungen aus Finnland bestätigen – der Neubau von Atomkraftwerken nicht wirtschaftlich ist und am Ende nur durch erhebliche staatliche Subventionen möglich ist.

Zur Begründung im Einzelnen:

1. Meine Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit, Leben und Eigentum sind durch die Pläne zum Bau des AKW Borssele 2 gefährdet. Umweltverträglichkeit und Genehmigungsfähigkeit sind nicht gegeben. Atomenergie ist, ausweislich der endlosen Pannenserien von Three Mile Island über Forsmark, Tricastin, Stade, Krümmel und viele anderen bis hin zu den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima, unbeherrschbar und nicht mit dem durch den EU-Vertrag und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland garantierten Schutz der Bevölkerung vereinbar.

2. Da ich mit meiner Familie in Moers und damit keine 200 Kilometer von Borssele entfernt wohne, können radioaktive Stoffe von Borssele über den Luftweg bis hin zu unserem Wohnsitz gelangen, sowie in unsere Atemluft und in die Nahrung.

3. Ich befürchte Verseuchung und Verstrahlung durch Leckagen, Störfälle und Erdbeben, wie sie auch in anderen AKW weltweit eingetreten sind. Das AKW Borssele 2 würde eine zusätzliche Produktion und Lagerung von Atommüll verursachen und noch mehr Uran- und Atommülltransporte erfordern. Das Risiko von Transportunfällen und Flugzeugabstürzen nimmt zu, zumal Borssele in einem dicht genutzten Flugkorridor liegt; der radioaktive Fallout würde gerade angesichts der vorwiegenden Westwindlagen auch meinen Heimatort Moers erreichen.

4. Der Standort von Borssele 2 direkt an der Küste auf Höhe des Meeresspiegels ist hochrisikoreich, wie die Katastrophe von Fukushima vor Augen führt. Wahrscheinlich weniger ein Tsunami, dafür aber die Gefahr schwerer Sturmfluten, wie es sie an der Nordesseküste immer wieder gegeben hat, bedrohen die Sicherheit eines Atomkraftwerks. Mit einem durch den Klimawandel ansteigenden Meeresspiegel und zunehmendem Extremwetterlagen erhöht sich diese Gefahr noch weiter. Dass technische Sicherheitsvorrichtungen selbst in einer hochentwickelten Industrienation wie Japan am Ende immer begrenzt sind, zeigt Fukushima.

5. Radioaktivität (Strahlung/Partikel) und z. B. tritiumhaltige Abwässer aus Borssele gefährden in der Nähe der Anlage und weiter entfernt Mensch und Natur. Bereits im sogenannten Normalbetrieb des AKW Borssele 2 würde Radioaktivität frei. In Deutschland dokumentierte 2007 eine Studie des Bundesamtes für Strahlenschutz vermehrt Leukämiefälle bei Kleinkindern in AKW-Nähe. Die Ergebnisse der Studie müssen im Zusammenhang mit dem geplanten AKW Borssele 2 berücksichtigt werden.

6. Bau und Betrieb des AKW Borssele 2 würden den lebensfeindlichen Uranabbau vermehren, und die Abhängigkeit der Niederlande von Uran-Importen erhöhen.

7. Eine militärische Nutzung von Atombrennstoff und Atommüll der Reaktoren in Borssele kann grundsätzlich ebenso wenig ausgeschlossen werden wie Atomspionage. Das Risiko von Anschlägen sowie dem Diebstahl von radioaktivem Material durch Extremisten nimmt zu.

8. Es wird kein ein Endlager geben, in dem der Atommüll, der im Reaktor Borssele 2 anfallen würde, wirklich sicher gelagert werden kann. Die negativen Erfahrungen der deutschen Endlagerprojekte Asse und Gorleben sind im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Auch in den Niederlanden ist mir kein sicheres Endlager für Atommüll bekannt.
9. Die niederländische Provinz Zeeland ist eine stark von Tourismus geprägte Region. Auch ich habe dort bereits Urlaub gemacht. Für mich ist fraglich, ob ich Zeeland auch in Zukunft noch einmal als Urlaubsziel wähle, wenn die AKW-Neubaupläne tatsächlich realisiert werden.

Ich behalte mir vor, diesen Einspruch näher zu erläutern und zu ergänzen und beantrage kostenlos und laufend persönlich über den Stand des Verfahrens informiert zu werden.

In Erwartung Ihrer Stellungnahme verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen

Autor:

Christian Voigt aus Moers

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