Ist der Zebrastreifen ein Brennpunkt?
Fußgänger sollen am Zebrastreifen über die Straße gehen - das lernen schon Kinder. Und Autofahrer sollten für Fußgänger bremsen. In der Theorie und in der Praxis. Wie sicher der Zebrastreifen aber wirklich ist, darum ist seit dem tödlichen Unfall an der Moltkestraße eine Diskussion in der Stadt entbrannt.
Schlimmer Zufall oder ein Unglück, das nur eine Frage der Zeit war? Eine Seniorin war an der Moltkestraße auf dem Fußgängerüberweg von einem Auto erfasst worden, starb kurze Zeit später im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen. Fragt man Anwohner zum tödlichen Unfall an der Moltkestraße, ist die Antwort in vielen Fällen eindeutig. Der Zebrastreifen an der Einmündung zum Hülshof, der eigentlich mehr Sicherheit bei der Überquerung der Straße versprechen soll, gilt in der Nachbarschaft als Brennpunkt. Maria Kursawe wohnt in der Nähe der Unfallstelle. Den Zebrastreifen benutzt die Seniorin oft, immer mit einem mulmigen Gefühl. "Ich habe Angst, wenn ich hier über die Straße muss", sagt die Lünerin. Ein Mann berichtet, dass er hier als Fußgänger bereits zwei Mal Opfer eines Unfalls geworden sei. Und eine dritte Anwohnerin erzählt, dass Autofahrer nur selten am Zebrastreifen anhalten. Ist das wirklich so?
Zebrastreifen im Test mit Problemen
Wir machen an drei Tagen in der Dämmerung den Test - zu der Zeit, als die Seniorin am vergangenen Mittwoch auf dem Zebrastreifen von einem Auto erfasst wurde. Zwanzig Mal wollen wir mit Hilfe des Zebrastreifens über die Straße und bekommen den Eindruck, dass manche Autofahrer den Zebrastreifen und wartende Fußgänger unter Umständen schlicht nicht bemerken. Faktoren, die nach Auswertung unserer Test-Ergebnisse die Situation für Autofahrer schwierig machen: Ein Baum, der auf der Segelflugplatz-Seite die Sicht auf Fußgänger versperrt und die Bushaltestelle. Halten Busse, sind Fußgänger am Zebrastreifen für Autofahrer aus Richtung Innenstadt erst spät zu sehen. Zudem ist der Überweg in der Dunkelheit je nach Wetter erst spät zu erkennen. Einige Fahrer können nur mit Mühe vor dem Überweg anhalten, während unsere Testperson noch am Straßenrand wartet. Ein Autofahrer fährt in der Dämmerung sogar mit hoher Geschwindigkeit über den Zebrastreifen, während unsere Testperson schon in der Straßenmitte ist. Ein weiterer Schritt hätte fatale Folgen für den Fußgänger gehabt; eine Kollision mit dem Auto wäre kaum zu vermeiden gewesen. Andere Autofahrer ignorieren den Überweg und wartende Fußgänger ebenfalls völlig.
Ist die Stelle ein Unfallschwerpunkt?
Der zweite Eindruck: Je später der Abend, desto schneller die Autos? Beweisen können wir diese These mit einer Geschwindigkeits-Messung und Zahlen zwar nicht, doch Berichte von Anwohnern lassen den Schluss zu, dass Autofahrer auf diesem langen und geraden Stück der Moltkestraße schneller fahren, als die Schilder mit Tempo 50 es erlauben. Wer auf's Gas drückt, riskiert seinen Führerschein. Stadt Lünen und Polizei führen Geschwindigkeitskontrollen im Bereich durch, schon aufgrund der Nähe zur Friedrich-Ebert-Schule. Im Rathaus sei der tödliche Unfall am Zebrastreifen Thema. "Wir haben die Stelle im Blick", so Simone Kötter, Sprecherin der Stadt Lünen. Im Moment werde geprüft, ob das Unglück ein Fall für Unfallkommission ist. Vertreter von Polizei, Stadt, Verkehrsbehörde und Straßenbaulastträger treffen sich je nach Anlass, um nach schweren Unfällen mögliche Maßnahmen zu besprechen. Eine der zentralen Fragen: Ist der Zebrastreifen ein Unfallschwerpunkt? Die Pressestelle der Polizei in Dortmund beantwortet diese Frage mit einem klaren "Nein". "Im Zeitraum der Jahre 2012 und 2013 verzeichnete unsere Statistik vor dem tödlichen Unfall lediglich einen Auffahrunfall vor dem Zebrastreifen", so ein Sprecher.
Politiker fordern Maßnahmen
Der Unfall könnte bald auch den Ausschuss für Sicherheit und Ordnung beschäftigten. Das fordert Dr. Ulrich Böhmer von der Wählergemeinschaft Gemeinsam für Lünen. Samstag hatten sich rund zwanzig Anwohner auf Initiative des Ratsherrn am Zebrastreifen versammelt, um über eine verbesserte Sicherheit am Übergang zu diskutieren. Rüdiger Haag und Siegfried Störmer - beide Ratsvertreter der SPD - waren ebenfalls vor Ort, denn Böhmer strebt an, die weiteren Maßnahmen interfraktionell in die Wege zu leiten. Nach Meinung der Ratsmitglieder und der Anlieger müsse der Fußgängerweg in erster Linie besser beleuchtet werden. Böhmer schlug außerdem eine eventuelle Herabsetzung der Geschwindigkeit auf Tempo 30 etwa auf dem Abschnitt zwischen Friedrich-Ebert-Schule und Lippestraße vor.
Ihre Meinung zum Thema interessiert uns! Diskutieren Sie mit unter diesem Beitrag.
Mehr zum Thema:
>Kommentar: Rücksicht auf Schwächere
>Seniorin stirbt nach Unfall am Zebrastreifen
3 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.