Afghanistan: Zwischen den Welten
Mit Afghanistan verbindet man nur Krieg und Terror. Wie ist es, in einem solchen Land aufzuwachsen? Und wie fühlen sich Auswanderer in einem fremden Land? Wie kommen sie damit klar, ihre Heimat vielleicht nie wieder zu sehen? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, führte der Stadtspiegel ein Interview mit Frosan Sultani, die 1990 im Alter von 24 Jahren aus Afghanistan nach Bergkamen ausgewandert ist.
Wie lange leben Sie schon hier in Deutschland?
Ich lebe seit 23 Jahren mit meinen zwei Töchtern hier.
Warum haben Sie Afghanistan verlassen und sich ausgerechnet Deutschland als neue Heimat ausgesucht?
Aufgrund der politischen Situation in Afghanistan bin ich nach Deutschland ausgewandert. Warum Deutschland ? Da meine Eltern und Geschwister auch schon hier lebten.
Wie schwierig war es, alles in Afghanistan hinter sich zu lassen?
Es war natürlich sehr schwierig die eigene Heimat, wo man aufgewachsen ist und die Kindheit verbracht hat, zu verlassen. Ich musste mein zu Hause, meine Freunde, die Kultur wie auch das vertraute Umfeld aufgeben und mich auf etwas Neues und Fremdes einlassen.
Was für eine Ausbildung haben sie drüben absolviert?
Nach meinem Abitur habe ich Chemie studiert und bin nun Diplom Chemikerin. Allerdings konnte ich meine ganzen Dokumente und Zeugnisse aus Afghanistan nicht mitnehmen, da die Möglichkeit nicht bestand. Daher habe ich hier eine Ausbildung, weitere Fortbildungen und Umschulungen absolviert.
Würden sie jetzt nach Afghanistan zurückkehren, um sich die Lage dort anzuschauen?
Ich traue mich nicht jetzt zurückzukehren. Wie Sie bereits aus den Nachrichten gehört haben, ist die Lage dort ziemlich gefährlich - gerade für Frauen. Außerdem möchte ich die schönen Erinnerungen, die ich an Afghanistan habe, nicht durch die jetzige Situation beeinträchtigen.
Wo fühlen Sie sich zu Hause, in welchem Land?
Es war am Anfang sehr schwierig für mich, mich hier einzuleben, doch jetzt kann ich sagen, dass Deutschland wie meine eigene Heimat ist.
Könnten Sie kurz schildern, wie ein Tag in Ihrer Familie aussah?
Der Tagesablauf verlief wie auch hier in Deutschland, wir hatten ein sehr organisiertes und geregeltes Leben. Wir Kinder gingen zur Schule oder zur Universität und meine Eltern waren berufstätig.
Pflegen Sie hier in Deutschland nur ausländische Kontakte oder auch deutsche?
Ich habe sowohl deutsche als auch persische Freunde hier.
Wie stehen Sie zu Ihrer Religion in Deutschland?
Meiner Meinung nach ist die Religion eines Menschen die Verbindung zwischen ihm und Gott. Dies hat nichts damit zu tun wo man lebt. Egal wo man sich befindet, man kann seine Religion frei entfalten.
Mit welcher Kultur haben Sie Ihre Kinder großgezogen?
Ich habe meine Kinder zweisprachig aufgezogen und die positiven Aspekte aus beiden Kulturen in die Erziehung eingebracht. Meine Kinder studieren beide hier und ich bin froh, dass ich als alleinerziehende Mutter dies geschafft habe.
Autor:Scharzad Sultani aus Kamen |
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