Bedarfsgemeinschaft unterstellt
Jobcenter Märkischer Kreis blamiert sich in mutwillig provoziertem OWi-Verfahren

Am 18.09.2014 leitete das Jobcenter Märkischer Kreis ein Ermittlungsverfahren gegen einen jungen Mann ein und forderte 500,00 € Bußgeld, samt Gebühren. Der Jobcentermitarbeiter behauptete, der Mann sei dem Jobcenter gegenüber über seine finanziellen Verhältnisse auskunftspflichtig. Begründet wurde dies mit der Wohnsituation des Mannes. Er wohnt mit seiner Familie und einer alleinstehenden Frau in Form einer Wohngemeinschaft zusammen.

Während die Leistungsberechnung bei Wohngemeinschaften im Normalfall pro Person von 100% der Regelleistung ausgeht, gelten für „Bedarfsgemeinschaften“ als „Einstandsgemeinschaften“ nur zweimal 90 % als Berechnungsgrundlage, also bei Erwachsenen anstelle von 399,00 € nur 359,10 €. Dazu kommt, dass wenn eine Person erwerbstätig ist, diese unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Einkommen, die zweite Person unterstützen muss.

In dem diesem Ordnungswidrigkeiten-Verfahren zugrunde liegenden Fall hatte der Mann sich lediglich geweigert, seine Einkommensverhältnisse darzulegen, weil er zum Einen weder selbst Leistungen vom Jobcenter bezog, noch mit einer weiteren Person eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II bildete. Nach mehrmaligen Aufforderungen stellte der Sachbearbeiter des Jobcenters für die Mitbewohnerin die Leistungen mit Versagungsbescheid vom 03.07.2014 ein. Sie suchte die Beratung des Vereins aufRECHT e.V. auf und Rechtsanwalt Lars Schulte-Bräucker leitete unverzüglich, am 16.06.2015, ein Eilverfahren im einstweiligen Rechtsschutz ein, weil die Mandantin ohne jeden Rechtsgrund auf unbestimmte Zeit mittellos gemacht worden war. Das Verfahren war erfolgreich (SG Do, S 19 AS 2439/14 ER) und das Jobcenter Märkischer Kreis hob mit Schreiben vom 17.07.2014 den Versagung-/Entziehungsbescheid vom 03.07.2014 gegen die junge Frau auf. Mit Bescheid vom 17.07.2014 bewilligte das Jobcenter die vollen Leistungen als Einzelperson.

Und obwohl der Sachbearbeiter der Frau die Leistungen nunmehr in voller Höhe weiterbewilligte und damit der sozialgerichtlichen Entscheidung folgte, dass eben doch keine Bedarfsgemeinschaft bei der Frau vorliegt, schrieb er noch am gleichen Tag, am 17.07.2014 vermeintlichen Partner an:

„Sie leben mit Frau XXX XXX in einem Haushalt zusammen. Frau XXX XXX bezieht derzeit bei mir Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II

Sie sind deren Partner. . . .“

– was denn nun? Die Frau ist Single und der Mann mit Ihr in Beziehung?

In der Verhandlung vor dem Amtsgericht Iserlohn am 19.02.2015 erschien der Mann mit seinem Anwalt. Die Fallakte des vorsitzenden Richters Ozimek war sehr dünn. Und obwohl am 30.11.2014 Einspruch gegen den OWi-Bescheid eingelegt worden war, war kein Vertreter des Jobcenters zugegen. Der Richter räumte ein, er habe „keinen vom Jobcenter geladen, die kommen ja eh nie.“

Nachdem RA Lars Schulte-Bräucker anhand seiner Akten dem Richter die wirklichen Fakten des Falls nachwies, zögerte er nicht das Ordnungswidrigkeitenverfahren einzustellen.

Die Verfahrenskosten wurden der Staatskasse angelastet.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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