Hemeranerin startet bei Rallye in Marokko
Wenn am 21. März im marokkanischen Erfoud der offizielle Startschuss für die 22. Rallye Aicha des Gazelles fällt, ist auch Steffi Edelhoff aus Hemer mit am Start. Gemeinsam mit ihrer Co-Pilotin Sandra Wukovich aus Wolfsburg nimmt die erfahrene Motorsportlerin in einem speziell präparierten VW Amarok das 14-tägige Abenteuer in Angriff.
Nur mit einem Kompass, einem Tageskilometerzähler und einer Karte bewaffnet, müssen die beiden Frauen sich dabei einen Weg durch Wüstenterrain, ausgetrocknete Flussbette und felsiges Ödland bahnen.
Was am 17. März vor der malerischen Kulisse des Eiffelturms in Paris als technische Abnahme der Rallyefahrzeuge und Dokumentenüberprüfung beginnt, entwickelt sich schnell zu einer harten Bewährungsprobe für Fahrer und Material. Zwar verfügen Steffi Edelhoff und Sandra Wukovich über Rallye- und Expeditionserfahrung, jedoch haben die Erststarter vor der „Rallye des Gazelles“ gehörigen Respekt. „Das wird eine gewaltige Herausforderung für alle Teilnehmerinnen“, blickt Steffi Edelhoff auf die Rallye voraus, an der traditionell nur Frauen teilnehmen dürfen. „Da wir ohne technische Hilfsgeräte auf sehr schwierigem Terrain aus Steinen, Sand und Geröll unterwegs sind, kann man sich leicht einen Schaden am Auto einfangen. Auch die unübersichtlichen Dünen sind eine große Schwierigkeit für Fahrer und Autos, da man dort leicht steckenbleiben kann.“ Da es zudem in der Wüste bereits gegen 18.30 Uhr Ortszeit dunkel und somit eine Weiterfahrt äußerst schwierig wird, dürfen sich die Teams auf den extrem langen Etappen keine großen Reparaturaufenthalte leisten, wollen sie das Fahrerlager rechtzeitig vor Sonnenuntergang erreichen. Auch Co-Pilotin Wukovich, die auf der Expedition „Move the world – aids awareness expedition“ beim Durchreisen von 55 Ländern auf fünf Kontinenten in nur 111 Tagen umfangreiche Navigationskenntnisse erworben hat, ist sich der großen Herausforderung bewusst: „Vor allem ohne GPS-System ist es in der Wüste, wo rundherum alles gleich aussieht, extrem leicht, sich zu verfahren. Durch gute Vorbereitung kann man zwar eigene Fehler relativ häufig vermeiden, jedoch zwingt einen der teilweise unbefahrbare Untergrund oft zu Umwegen. Wenn man dann die Orientierung verliert, kann es schwierig werden, die Checkpoints zu finden.“ Die 147 Frauenteams, die in den Kategorien Quad/Motorrad, 4x4 Geländewagen und Crossover starten, nehmen vorsichtshalber Zelt, Wasser und Proviant mit, damit sie für Notübernachtungen in der Wüste ausgerüstet sind. Allerdings lauern neben der Kälte in den Wüstennächten weitere Gefahren, denen man möglichst aus dem Weg gehen sollte. „Wir wurden eindringlich vor giftigen Schlangen und Skorpionen gewarnt“, erklärt Steffi Edelhoff. „Vor allem bei Übernachtungen in der Wüste ist höchste Vorsicht geboten. Bei all dem Zeitdruck und den großen physischen und psychischen Strapazen kann man so was leicht mal aus den Augen verlieren.“ Doch könnte die Wüstenübernachtung noch weitere Nachteile mit sich bringen: So kann in solchen Situationen weder auf die technische Unterstützung der Mechaniker im Biwak noch das dort gelagerte Benzin zurückgegriffen werden. Im schlechtesten Fall bedeutet dies einen noch größeren Zeitverlust gegenüber der Konkurrenz.
Bevor vom 21. bis 31. März die Wüste Marokkos auf die Teilnehmerinnen wartet, steht zunächst einmal die Überführungsetappe von Paris ins spanische Almeria an. Von dort aus wird eine Fähre den Rallye-Tross an die nordafrikanische Mittelmeerküste nach Nador übersetzen. Insgesamt besteht die rund 2500 Kilometer lange Veranstaltung aus sieben Etappen, wovon zwei als „Marathon-Etappen“ über jeweils zwei Tage ausgetragen werden. Das wichtigste Ziel ist es dabei, im Rahmen der vorgegebenen Zeitleiste die geringste Anzahl von Kilometern zwischen den Checkpoints der einzelnen Etappen auf dem Tacho zu haben. Strafpunkte werden dagegen vergeben, wenn eine zu lange Strecke gefahren, technische Unterstützung angefordert oder Checkpoints ausgelassen werden.
Um das Ziel am 31. März an der Atlantikküste von Essaouira möglichst weit oben in der Rangliste zu erreichen, hat Volkswagen Nutzfahrzeuge Frankreich die mit insgesamt elf Teams ins Rennen gehen, vor drei Wochen sämtliche Fahrerinnen bereits zum Training in die Wüste Marokkos geschickt. Dabei lernten die Teilnehmerinnen, den Amarok auf Sand und Geröll effektiv zu bewegen. „Ein Festfahren mit anschließendem Freischaufeln oder ein Wechseln eines geplatzten Reifens sind sehr zeitintensiv und könnten im Kampf um eine gute Position das Zünglein an der Waage sein“, weiß Steffi Edelhoff. Um nichts dem Zufall zu überlassen, wurden die Teams von Fachkräften auch in technischen Fragen geschult. Die 163 PS starken, Biturbo-Diesel betriebenen Fahrzeuge der 4x4 Geländewagen-Kategorie sind für die Strapazen der bestens vorbereitet. Neben dem Rallye-Paris-Dakar-Fahrwerk wurde ebenfalls Unterfahrschutz angebracht, was sowohl für Fahrer als auch Fahrzeuge eine größere Sicherheit garantieren sollen.
Bei allem sportlichen Ehrgeiz ist die Rallye Aicha des Gazelles jedoch nicht einfach eine Rallye - „sie ist ein soziales Engagement in Marokko, denn von den Startgeldern werden Ärzteteams für die Nomaden finanziert“, wie Sandra Wukovich verrät. Doch selbst damit ist dem „guten Zweck“ noch nicht genüge getan: So hat Volkswagen Frankreich zusätzlich eine interne Teamwertung ausgeschrieben, deren Preisgelder ebenfalls in ein soziales Projekt gehen. Das Team Edelhoff/Wukovich wird mit dem Preisgeld ein Projekt unterstützen, das Kindern in Südafrika, die ihre Eltern an AIDS verloren haben, ein Zuhause bietet. Erst kürzlich wurde vom Initiator Joachim Franz der Grundstein für dieses Haus gelegt, in dem Kinder auch nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres noch wohnen dürfen. Angesichts dieser schönen Aussichten dürfte auch der prestigeträchtige sportliche Erfolg nur ein Beiwerk zum eigentlichen Sieg der Menschlichkeit sein. (rd)
Autor:Karola Schröter aus Hemer |
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