Wir sind Hattinger: Wilhelm Schepmann
Wilhelm Schepmann wurde am 17. Juni 1894 in Hattingen (Baak) geboren. Er war von 1943 bis 1945 Stabschef der SA. Der Hattinger starb am 26. Juli 1970 in Gifthorn
.
Nach dem Besuch des Gymnasiums absolvierte Schepmann das Lehrerseminar und arbeitete als Volksschullehrer in Hattingen. Er nahm von 1914 bis 1918 als Soldat des Westfälischen Jäger-Bataillons Nr. 7 am Ersten Weltkrieg teil und wurde an der West- und Ostfront eingesetzt. Während des Krieges war er zunächst Kompanieführer im Rang eines Leutnants der Reserve, dann Bataillons-Adjutant und schließlich Gerichtsoffizier. In den Kriegsjahren wurde er dreimal verwundet, davon zweimal schwer.
Schepmann trat 1925 unter der Mitgliednummer 26762 in die NSDAP ein. Er organisierte zusammen mit Viktor Lutze den Aufbau der SA im Ruhrgebiet; bereits 1928 war er Parteiredner. Gleichzeitig arbeitete er als NSDAP-Stadtverordneter und als SA-Führer in Hattingen und trug wesentlich dazu bei, die Stadt zu einer der Hochburgen der Nationalsozialisten im Ruhrgebiet zu machen. Mit schweren Stiefeln und braunen Hemden trampelte die „Sturmabteilung“ (SA) durch die Städte. Von 1932 bis 1933 war Schepmann Mitglied des Preußischen Landtages und ab November 1933 Mitglied des Reichstages.
Bereits 1931 war Schepmann aus dem Schuldienst ausgetreten; er arbeitete hauptberuflich als Führer der SA-Untergruppe Westfalen-Süd im Rang eines SA-Oberführers. Ab November 1932 übernahm er die Führung der SA-Gruppe Westfalen. Im Februar 1933 wurde er zum Polizeipräsidenten von Dortmund ernannt. Am 1. April 1934 erfolgte seine Ernennung zum Führer der SA-Gruppe X (Niederrhein und Westfalen). In der Folge des sogenannten Röhm-Putsches übernahm Schepmann ab November 1934 die Führung der SA-Gruppe in Sachsen.
Schepmann wurde im März 1936 kommissarisch mit der Verwaltung der Stelle des Kreishauptmanns der Kreishauptmannschaft Dresden-Bautzen beauftragt und erhielt drei Monate später die Ernennung zum Kreishauptmann. 1939 wurde die Kreishauptmannschaft in Regierungsbezirk umbenannt. Sodann übte Schepmann bis August 1943 die Funktion als Regierungspräsident des Regierungsbezirkes Dresden-Bautzen aus. Ab August 1943 wurde er schließlich Stabschef der SA nach dem unvorhergesehenen Ableben seines Vorgängers Viktor Lutze; diese Funktion hatte er bis zum Kriegsende inne. Die SA sollte die Parteiveranstaltungen der NSDAP schützen und ging vor allem auf den Straßen mit großer Gewalt gegen Bürger und „unliebsame Gestalten“ vor.
SA-Chef lebte später unter falschem Namen
Nach Kriegsende lebte Schepmann unter falschem Namen („Schumacher") in Gifhorn und arbeitete als Materialverwalter im dortigen Kreiskrankenhaus. Zu Tarnzwecken trat er der SPD bei. Im April 1949 wurde er schließlich erkannt, vom britischen Secret Intelligence Service verhaftet und Ende Juni 1950 vor einem Dortmunder Schwurgericht wegen „Nötigung im Amt“ angeklagt, als Dortmunder Polizeipräsident die Redaktion der Tageszeitung „Der Generalanzeiger“ dazu genötigt zu haben, ihr anti-nationalsozialistisches Werk einzustellen. Er wurde zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, ging in Berufung und wurde 1954 freigesprochen. Das Entnazifizierungsverfahren wurde im April 1952 ohne Angabe von Gründen eingestellt.
Schepmann wollte seiner gelernten Arbeit als Lehrer wieder nachgehen. 1954 wurde er mit den Stimmen der SPD zum Lehrer an einer Gifthorner Volksschule gewählt, dies verweigerte jedoch das niedersächsische Kultusministerium.
Am 18. April 1956 wurde er als BHE-Ratsherr mit den Stimmen der SPD Erster Beigeordneter und stellvertretender Bürgermeister in Gifthorn. Koalitionen sei Dank! 1961 sollte es zur Wiederwahl kommen.
Nach der Kommunalwahl drängte jedoch die CDU an die Macht und um die Sozialdemokraten auszuschalten, mussten jetzt sie die Wünsche des BHE erfüllen – und die wollten für Schepmann nach wie vor den Posten des Ersten Beigeordneten.
Das DGB-Wochenblatt „Welt der Arbeit“ schrieb damals unter dem Redaktionspseudonym Fritz Kernig: „Es ist ... eine kaum überbietbare Takt- und Geschmacklosigkeit, ausgerechnet in der Zeit den Ex-SA-Stabschef zum Stellvertreter eines Bürgermeisters zu machen, da in Jerusalem der ehemalige SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann auf der Anklagebank sitzt." Und: „Die Gemeinderäte der CDU, DP, FDP und des BHE waren wohl vom Anti-SPD-Teufel besessen."
Unglücklich war die Situation auch deshalb, weil der CDU-Fraktionschef damals Ulrich Goerdeler hieß, der Sohn des 1945 exekutierten Widerstandskämpfers Carl Goerdeler. Allerdings: Verhindern hätten sie die Wahl von Schepmann wohl nicht können, denn hätten sie sich gesträubt, wäre nicht nur in Gifthorn die SPD an der Macht geblieben, sondern dann hätten sie den früheren SA-Führer durchgewunken.
Doch seine Wiederwahl erregte derart öffentlichen Anstoß, dass er von seinem Amt zurücktrat.
Übrigens: Hattingens Stadtarchivar Thomas Weiß forscht seit vielen Jahren zu Schepmann. Er sagt, seine Figur sei schillernd, denn er habe auch einige alteingesessene Kommunisten vor der Schutzhaft bewahrt.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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