Zwei Punkte und Draxler verloren
Schalke 04 verpasste am 2. Spieltag der Gruppenphase in der Champions League den zweiten Sieg. Gegen den aktuellen französischen Meister Montpellier spielten die Knappen nur 2:2 (1:1) und agierten nach dem 2:1-Führungstreffer ähnlich zurückhaltend wie schon gegen Fortuna Düsseldorf fünf Tage zuvor. Die Quittung bekam die Stevens-Elf dann in der 90. Minute, als die Gäste ausgleichen konnten. Neben der gefühlten Niederlage muss Schalke wohl auch sehr lange auf Julian Draxler verzichten, der sich den Unterarm brach.
Es hätte sein Abend werden können. Schalkes Jüngster, Julian Draxler, war mit Abstand der beste Schalker, nicht nur wegen seines Ausgleichstreffers zum 1:1 in der 26. Minute. Bis zu seiner Horror-Verletzung hatte er vier Torschüsse, holte den Foulelfmeter nach einem starken Sololauf zum 2:1 heraus und war auch sonst stets sehr lauf- und spielfreudig. Als Garry Bocaly den Papp auf hatte und Draxlers Sololauf über fast 50 Meter nur mit einem Foul im Strafraum stoppen konnte, freuten sich alle Verantwortlichen und Anhänger über die rote Karte gegen den Gäste-Spieler und den fälligen Elfmeterpfiff. Doch beim Anblick von Draxlers Arm lief vielen der kalte Schauer über den Rücken: Draxlers linkes Handgelenk stand ungewöhnlich schräg vom Arm ab. Diagnose: Unterarm-Fraktur. Damit wird er den Schalkern einige Wochen fehlen.
Vier Umstellungen in der Startelf
Huub Stevens hatte seine Mannschaft gleich auf vier Positionen geändert. Für Matip, Jones, Barnetta und Afellay spielten Uchida, Höger, Draxler und Pukki. Stevens stellte sein System auch auf 4-4-2 mit Raute um, in der einzig Neustädter den „Sechser“ vor der Abwehr spielte. Höger spielte im rechten Mittelfeld und Pukki unterstützte Huntelaar im Sturm.
Die Gäste spielten von Anfang an gut mit und fielen vor allem mit einigen schönen Ballstafetten und sicherem Kombinationsspiel auf. So war es auch nicht unverdient, als Montpellier in Führung ging. Karim Ait-Fana zirkelte den Ball von der linken Strafraumgrenze in den rechten Winkel – ein echtes Traumtor (13.). Danach nahm Schalke mehr und mehr das Heft in die Hand. Erst scheiterte Draxler mit einem Schuss am gegnerischen Torhüter (15.), dann verpasste Selbiger erneut knapp nach guter Vorarbeit von Pukki das Tor (19.). In der 26. Minute fiel dann der verdiente Ausgleich: Huntelaar spielte einen fantastischen Pass in die Tiefe zwischen die Schnittstellen der französischen Abwehr, Draxler umkurvte dann noch im höchsten Tempo den Schlussmann und musste den Ball nur noch in das leere Tor zum 1:1 einschieben.
Die Gäste aus dem Süden Frankreichs waren allerdings nicht geschockt und hatten in Person von ihrem „Zehner“ Belhanda nur drei Minuten nach Schalkes Ausgleich erneut eine gute Schussmöglichkeit. Der Ball strich aber am Tor vorbei (29.). Zwei Minuten später eine kuriose Szene, als plötzlich der Ball seine Luft verlor und mitten im Spiel ausgetauscht werden musste. Bis zur Halbzeitpause hatte Pukki theoretisch noch eine Chance, scheiterte aber deutlich (43.).
Zu wenig Tempo gegen nur zehn Franzosen
Schalke begann forsch in Halbzeit Zwei und erneut war es Pukki, dessen Schuss noch so gerade eben zur Ecke abgewehrt werden konnte (47.). Die Leistung des Publikumslieblings aus Finnland täuschte aber ein wenig, da Pukki zweikampfschwächster Schalker auf dem Feld war und somit nie richtig ins Spiel fand und viele Bälle auch verlor oder unpräzise spielte.
In der 52. Minute war es dann soweit und Draxler startete seinen Sololauf und spielte einen Franzosen nach dem anderen aus, bis er unsanft im Strafraum von den Beinen geholt wurde. Die nächsten Minuten sind bereits bekannt: Huntelaar trat mal wieder zu einem Elfmeter an – nachdem er den letzten gegen Mainz noch Farfan überließ – traf zum 2:1 und Draxler musste direkt ins Krankenhaus gebracht werden. Immerhin: Er wurde bereits erfolgreich operiert und muss nun aber noch drei bis vier Tage im Krankenhaus zur Beobachtung bleiben. Wie lange er tatsächlich ausfallen wird, ist noch nicht absehbar. Erste Mutmaßungen ergaben, dass Stevens und Co. vier Wochen auf ihn verzichten müssen.
Nach dem 2:1 verpasste es Schalke, weiter Druck zu machen. Zwar hatte Huntelaar nach guter Holtby-Vorarbeit noch eine Chance mit einem Volleyschuss, der aber zu mittig war (65.) und Afellay probierte es in Minute 85 mit dem selben Schlenzer wie der Franzose, der zum 0:1 traf. Doch dazwischen verstand Schalke es nicht, mehr Kapital aus der Überzahlsituation zu schaffen und verschleppte einige Male das Tempo. Die Zuschauer begannen wie im Heimspiel gegen Mainz trotz Führung wieder zu pfeifen. Als Huntelaar in der 88. Minute plötzlich nach endlich mal einem schnellen Spielzug völlig frei vor dem gegnerischen Kasten stand, hatten die knapp 50.000 Zuschauer im nicht ausverkauften Stadion den Torschrei schon auf ihren Lippen. Doch der Torschützenkönig der Bundesliga schob den Ball am Tor vorbei und so kam es, wie es kommen musste.
Montpellier-Coach zeigt Mittelfinger zu Stevens
In der 90. Minute griffen die Gäste nach einem Konter noch einmal an, eigentlich schien die Situation auch nicht gefährlich genug, da nur drei Spieler mitgelaufen waren. Dennoch schaffte es Camara mit einem Flachschuss aus 20 Metern den Ball im Tor unterzubringen. Der Jubel auf Seiten der Gäste war natürlich sehr groß. Unmittelbar nach Spielschluss, zeigte der gegnerische Trainer kein gutes Benehmen und Huub Stevens den Mittelfinger. Girad war aufgebracht gewesen und sprach von respektlosem Verhalten der Schalker, da sie den Ball nicht ins Aus gespielt hatten, obwohl ein Spieler am Boden lag.
Beide Trainer waren bereits vorher immer wieder im Spiel aneinander geraten und hatten sich sehr viel zu sagen. „Dazu sage ich nichts mehr. Auf dieses Niveau lasse ich mich nicht herunter“, meinte Stevens im Anschluss der Partie.
Spieler und Verantwortliche waren im Anschluss gleichermaßen enttäuscht und wussten sich das erneute 2:2-Unentschieden innerhalb von fünf Tagen nicht zu erklären. Auf Nachfrage einer Journalistin, gab Heldt zu, dass man durchaus von Dämlichkeit auch sprechen könne.
Die Chance auf Wiedergutmachung bietet sich direkt wieder am Samstag, wenn der S04 den VfL Wolfsburg in der Veltins-Arena (15.30 Uhr) empfängt.
Autor:Raphael Wiesweg aus Gelsenkirchen |
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