Wirtschaftsgala 2017: GE ist zukunftsfähig!

Full House in der Vivawest-Zentrale auf Nordstern konnte die Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen auch in diesem Jahr bei der Wirtschaftsgala verzeichnen. Foto: Gerd Kaemper
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  • Full House in der Vivawest-Zentrale auf Nordstern konnte die Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen auch in diesem Jahr bei der Wirtschaftsgala verzeichnen. Foto: Gerd Kaemper
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Die Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen hatte zur Gala 2017 eingeladen unter dem Motto: „Gelsenkirchen - auch in Zukunft!“. In verschiedenen Podiumsrunden, Firmenvorstellungen, Filmeinspielern und Gesprächen wurde dabei die Zukunftsfähigkeit der Stadt beleuchtet und am Ende stellte sich klar und deutlich heraus, dass das Motto passend war.

Launiger Abend zum ernsten Thema

Auch wenn es um ein ernstes Thema ging, versprach Moderator Lars Tottmann gleich zu Beginn, dass die Veranstaltung angenehmer, lustiger und unterhaltsamer würde als der Pokalabend des FC Schalke 04 bei Bayern München. Und er sollte Recht behalten.
Wobei er selbst mit der Bemerkung „Lewandowski sah nach dem 1:0 eher aus wie nach einer Wurzelbehandlung als nach einem Torschuss“ schnell für gute Stimmung im Saal sorgte. Aber er musste natürlich den Finger in die Wunde legen und nicht nur das Pokalaus des heimischen Fußballbundesligisten erwähnen, sondern auch die Medienberichterstattung, in der Gelsenkirchen zu den „abgehängten Städten der Republik“ gehören würde. Damit war man direkt beim Thema, denn der darauf angesprochene Vorsitzender der Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen, Roland Hundertmark, konterte direkt: „So was hör ich mir gar nicht mehr an. Die Politik und die Wirtschaft arbeiten hier gemeinsam daran, dass Gelsenkirchen zukünftig nicht mehr abgehängt werden kann.“

Gelsenkirchen im Jahr 2035

Ein Film von Frank Bürgin und seiner zeitlupe beleuchtete „Future or no Future: Gelsenkirchen 2035“ und sorgte damit für den Einstieg in die Diskussion. Oberbürgermeister Frank Baranowski und der Geschäftsführer der Arbeitsgeberverbände Emscher-Lippe, Michael Grütering, wurden dabei zunächst von Tottmann gefragt, welche Schulnote sie der Stadt Gelsenkirchen geben würden, wenn es um die Frage der Zukunftsfähigkeit ginge? Frank Baranowskis Einschätzung rangierte bei einem glatten „gut“, Grütering vergab ein „ausreichend plus“, was ein Raunen im Publikum nach sich zog.
Michael Grütering ist auch Hauptgeschäftsführer der Düsseldorfer Arbeitgeberverbände und erklärte seine Benotung so: „Ja, es gibt innovative Unternehmen in Gelsenkirchen, sie behaupten sich auch täglich am Markt, aber es gibt Defizite im soften Bereich. Es gibt Anreiner-Kommunen, die sind weiter. Das mag ein Mentalitätsproblem sein, denn hier denken die Menschen eher negativ und fragen: Warum was Neues? Warum ich? Warum gibt es Bedarf zur Neuerung?“
Oberbürgermeister Frank Baranowski stimmte zu, dass es hier Menschen gibt, die erst abwarten und schauen was passiert. Er erinnerte aber auch an die Vielen, die einfach machen oder die Flüchtlingsproblematik, die hier deutlich besser bewältigt wurde als in vielen anderen Kommunen, in denen die Flüchtlinge heute noch in Zelten leben müssen. Dabei erläuterte Baranowski, dass der Weg weg von der Monostruktur und hin zu einer kleinteiligen Wirtschaftsstruktur eben nicht von heute auf morgen zu schaffen ist.
„Außerdem taucht in der kleinen Anfrage der Bundesregierung, auf die sich die Berichterstattung beruft, nicht einmal der Begriff „abgehängt“ auf. Zugegebenermaßen liegt Gelsenkirchen in einigen Parametern unter dem Bundesdurchschnitt, dafür ist es aber federführend in anderen Bereichen. So gibt es hier bereits das Glasfasernetz für fast alle Schulen, Welche andere Kommune kann das von sich sagen?“, stellte der Oberbürgermeister klar.

Charlie Hebdo vergleicht Gelsenkirchen mit Paris

Lars Tottmann erinnerte in diesem Zusammenhang an den Besuch der Redaktion der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Gelsenkirchen, die erstaunt festgestellt hat, dass es hier in einigen Dingen besser läuft als in der Weltstadt Paris!
Michael Grütering ließ sich dennoch nicht beirren und zeigte seiner Ansicht nach bestehenden Defizite auf: „Gelsenkirchen hat viele Auszeichnungen in Sachen Bildung erhalten, aber was ist mit der Jugendarbeitslosigkeit? Diese muss dringend zurück gefahren werden, um zukünftig die Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren. Dazu müsste in Gelsenkirchen aber mehr diskutiert werden und zwar kritisch und sachlich über die Grenzen der Parteibücher hinweg.“
An dieser Stelle verwies Baranowski auf die Einrichtung einer Jugendberufsagentur, die bereits auf dem Weg gebracht ist und das NRW-Projekt zum Sozialen Arbeitsmarkt, das in Gelsenkirchen umgesetzt werden soll. Das Stadtoberhaupt resümierte: „Wir sind immer offen für Ideen. Manches geht und anderes geht nicht in Gelsenkirchen. Und so wie wir in Sachen Fußball nicht alles von Düsseldorf übernehmen wollen, so geht es bei der Arbeitsmarktpolitik auch nicht.“

Alles nur eine Frage der Mentaltität?

Im weiteren Verlauf der Gala infomierte ein Filmeinspieler über Alexander Jobst, den Marketing-Vorstand des FC Schalke 04, und André Berger, den Geschäftsführer der edataunited GmbH, über deren Einschätzung der Mentalität der Gelsenkirchener. In dem Podiumsgespräch ging es um die Frage: Stehen sich die Gelsenkirchener selbst im Weg?
Alexander Jobst übertrug die Mentaltität auf die Schalker Mannschaft und erklärte, dass es um Mentalität ging beim Pokal-Aus des FC Schalke 04, weil der Kampfgeist fehlte: „Drei Wochen vorher haben wir in Bayern den FC Schalke 04 gesehen, den wir sehen wollen. Im Pokal gefielen uns weder das Spiel noch die Mentalität der Mannschaft.“
Dabei ist sich Jobst bewusst, dass Schalke weit mehr ist als ein Verein: „Es ist Lebensgefühl, Lebensinhalt und Leidenschaft, die manchmal auch mit Leiden verbunden ist.“ Er betonte, dass die Stadt Gelsenkirchen dem FC Schalke 04 nur Vorteile bringt, weil es hier eine enge vertrauensvolle Verbindung gibt, die andere Vereine nicht haben. „Ich fühle mich als gebürtiger Hesse pudelwohl hier. Darum hoffe ich für die Zukunft, dass die Mentalität der Menschen mehr von Mut und Selbstbewusstsein geprägt sein wird“, wünschte sich Jobst mit Blick in Zukunft.
Der „Geburtsgelsenkirchener“ André Berger plädierte den Mut zum Wagnis, auch wenn dabei mal etwas „platt geht“. Er ist in seiner Laufbahn viel in Europa und darüber hinaus unterwegs gewesen und trotzdem blieb er der Stadt immer treu.
„Ich habe noch kein Feedback bekommen, das Gelsenkirchen ein schlechter Standort oder überhaupt schlecht ist. Das ist nur das Gefühl, das viele hier haben. Ich habe einen Schweizer Kunden, der war in der Arena und im Nordsternpark und einfach nur begeistert. Da ist es auch nebensächlich, wenn man an der Bahnhofstraße etwas nicht bekommt“, ist sich Berger sicher, dass es sich um eine falsche Wahrnehmung der Region handelt.
Der erfolgreiche Unternehmer Berger erklärte zur Zukunft Gelsenkirchens: „Für mein Unternehmen wünsche ich mir nicht gerade die Weltherrschaft, aber eine Menge Wachstum wäre möglich für die Zukunft. Ansonsten wünsche ich mir, dass mehr junge Leute darüber nachdenken, was hinter einer App steckt, als sie nur einfach zu nutzen.“

Es fehlt nicht an jungen Ideen-Gebern

Davon scheint es aber auch schon einige in Gelsenkirchen zu geben, wie die Präsentation der jungen und aufstrebenden Unternehmen „Nightfever Showtechnik Gmbh“ und „c/o - Raum für Kooperation“ unter Beweis stellten.
Ein wenig vom amerikanischen Traum hat die Erfolgsgeschichte von „Nightfever“, die Sascha Müller, Chief Executive Officer, schilderte: „Wir haben vor 17 Jahren mit vier Jungen während des Abiturs in einer Garage in Bismarck angefangen. Inzwischen sind wir ein kleines Unternehmen aus Gelsenkirchen und weltweit aktiv.“
„Nightfever“ erstellt technische Inszenierungen für Marken-, Produkt- und Unternehmenswelten mittels Touchanwendungen, Sensorik und weitere zukunftsweisende Techniken, mit denen sich die Unternehmen präsentieren können.
„c/o - Raum für Kooperation“ bietet im wahrsten Sinne des Wortes Raum. Und zwar für Selbstständige, die einen Arbeitsplatz benötigen, aber auch für Firmen, um deren Mitarbeiter an einem Tisch ins Gespräch zu kommen und vieles mehr. An der Bergmannstraße in Ückendorf lautet ihr Zukunfts-Credo: „Nicht Jeder muss alles können. Oft sorgt eher das Miteinander für Mehrwert.“
Mit einer „c/o-lorado“-Aktion machten sie deutlich, dass man anhand der Vorlieben eines Genießers für diese süße Nascherei dessen Charakter spezifizieren kann: „Gummibärchen und Früchte deuten auf Bodenständigkeit, Lakritze stehen für Charakterköpfe mit Stil, die Beeren werden von Perfektionisten begehrt, die Zuckereier von mutigen Menschen und so fort.

Von Gelsenkirchen in die weite Welt

Anhand von Best Practice-Beispielen führte Modertor Lars Tottmann aus, dass es in Gelsenkirchen durchaus heißt: Geht doch! Dazu standen als Gesprächpartner Stefan Hegmanns, Geschäftsführer von H&G Hegmanns Ingenieurgesellschaft mbH Gelsenkirchen, Markus Hoffmeister, Geschäftsführer cv cryprovision GmbH und Melanie Kemner von „c/o“ bereit.
Die Firma H&G Hegmanns hat 650 Mitarbeiter an 15 Standorten in Europa und die Firmengründer stammen aus Gelsenkirchen. Stefan Hegmanns schilderte: „Wenn wir neue Mitarbeiter haben, möchten diese gern nach München, Hamburg oder Köln. Wir gehen darauf ein und holen sie meist nicht direkt nach Gelsenkirchen. Wenn Sie dann aber erst einmal hier gewesen sind, dann bleiben sie auch gern.“
Dabei kann er sich auch die Mentalität der Menschen aus der Region verlassen, die gern bei der Integration der Mitarbeiter aus anderen Ländern helfen. Auch das spricht seiner Ansicht nach für den Standort Gelsenkirchen. Für die Zukunft wünscht sich Hegmanns: „Der Standort muss attraktiv bleiben, um innovative Köpfe wie auch Auftraggeber hierher holen zu können.“
Markus Hoffmeister beschäftigt sich mit der Sicherheit von Mikrochips-Technik und das vom Wissenschaftspark Gelsenkirchen aus in der ganzen Welt. „Wir stehen zu Gelsenkirchen, denn wir finden hier eine Hochschuldichte vor, wie sonst nirgendwo. Natürlich haben wir auch ein Büro im SiliconValley, aber wir machen uns keine Sorgen um Gelsenkirchen in der Zukunft, weil es hier immer genug Zuwachs und Talente geben wird. Ich bin sicher, dass Gelsenkirchen im Jahr 2035 im Informatikbereich vorn mit dabei sein wird.“
Die Entscheidung von „c/o“ für Gelsenkirchen und hier explizit für Ückendorf war ganz einfach, weil zwei der Gründer genau dort her kommen. Und auch Melanie Kemner hatte bereits für Projekte in Gelsenkirchen gearbeitet und fühlt sich hier wohl, so dass der Standort gar nicht zur Debatte stand für die kreativen Köpfe mit dem Raumangebot.

Vince Ebert rundet das Thema ab

Den wissenschaftlich fundierten, aber unterhaltsamen Abschluss des Abends bildete der Diplom-Physiker und Kabarettist Vince Ebert. Dieser bekannte von sich selbst: „Ich bin nach Angela Merkel und Oskar Lafontaine schon der dritte Physiker, der sein Geld mit Humor verdient.“
Und er erklärte auch gleich, dass man eine hohe Arbeitslosenquote auch mal positiv sehen muss: „In Sachsen-Anhalt gibt es keinen Berufsverkehr.“ Zur Frage der Zukunft, die an dem Abend im Vordergrund stand, bemerkte Vince Ebert: „Wenn die Zukunft fest steht, wo bleibt dann die Freiheit?“

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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