Antifaschistischer Widerstand erzwingt Abbruch des Nazi-Aufmarschs am 1. Mai

Auftaktkundgebung auf dem Krayer Markt. Neben anderen sprach auch der Krayer Rechtsanwalt Roland Meister (2.v.l.), der von zunehmenden Nazi-Pöbeleien berichtet, seit die NPD ihre Landeszentrale hier her verlegt hat.
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  • Auftaktkundgebung auf dem Krayer Markt. Neben anderen sprach auch der Krayer Rechtsanwalt Roland Meister (2.v.l.), der von zunehmenden Nazi-Pöbeleien berichtet, seit die NPD ihre Landeszentrale hier her verlegt hat.
  • hochgeladen von Bodo Urbat (Essen steht AUF)

Seinen provokativen Marsch von Kray nach Rotthausen musste das Häuflein der rund 200 aus ganz Deutschland angereisten Anhänger der faschistischen Gruppierung „Die Rechte“ noch vor Erreichen der Stadtgrenze von Gelsenkirchen abbrechen. Dieser großartige Erfolg eines städteübergreifenden Widerstands war allerdings begleitet von einer üblen Polizeitaktik. Unter dem Bruch von Vereinbarungen schränkte die Polizei das Demonstrationsrecht der Antifaschisten massiv und mit Gewalt ein, während sie die Nazis wohlwollend „begleitete“ und ihnen jede Provokation durchgehen ließ. Der mit vielen Vorschusslorbeeren bedachte neue Essener Polizeipräsident Richter bewies hier, dass diese unverdient waren. Das wird sicher noch ein Nachspiel haben.
Im Folgenden dokumentiere ich die aktuelle Pressemitteilung des Bündnisses „Essen stellt sich quer“ (Zwischenüberschriften von mir) zusammen mit einigen eigenen Bildern, zu denen es auch noch Infos gibt.

1. Mai 2015 in Essen und Gelsenkirchen: Ein schlechter Tag für Neonazis - Antifaschistischer Erfolg - Vorgehen der Polizei untragbar

Essen, 03. Mai 2015
Das Bündnis gegen Rassismus und Rechtsradikalismus – Essen stellt sich quer freut sich mit allen Organisatoren der Proteste gegen die Demonstration der Neonazi Partei „Die Rechte“, dass die Demonstration der Neonazis noch in Essen gestoppt werden konnte. Eine Blockade auf der Rotthauser Straße und viele gemeinsame Aktionen und Kundgebungen entlang der von den Nazis angemeldeten Marschroute in Essen und Gelsenkirchen hat dieses Ergebnis ermöglicht. Bis zu 2.000 Menschen nahmen an diesen Aktionen teil. Wir danken allen. Sie alle haben gemeinsam die Demonstration der Neonazis nicht nur behindert, sondern ein erfolgreiches Durchmarschieren verhindert. Möglich wurde dieser Erfolg trotz massiver Behinderungen der Gegenaktionen durch die Polizei.

200 Antifaschisten eingekesselt

Teilnehmer die zu der Gegenkundgebung auf dem Krayer Markt fahren wollten, wurden daran gehindert und mussten stundenlange Wartezeiten auf öffentliche Verkehrsmittel in Kauf nehmen. Fast 200 meist jüngere Leute wurden im Hauptbahnhof im Tunnel der Gleise 21/22 eingekesselt, mit Schlagstöcken verprügelt und weit mehr als eine Stunde festgehalten. Dies geschah, nachdem sie bereits den Bahnsteig betreten hatten, um die S2 nach Kray zu nehmen. Damit hat die Polizei aus uns nicht erklärlichen Gründen durchgesetzt, dass die Nazis zuerst mit der S-Bahn fahren durften. Erst nach dem Heranführen einer Hundertschaft Polizeibeamter war die Polizei in der Lage die Neonazis zu ihren Zügen zu begleiten, erst danach wurden die Gegendemonstranten frei gelassen. Da nach der S-Bahn, in der Die Rechte transportiert wurde für längere Zeit keine weitere S-Bahn mehr fuhr, kamen sie erst mit zwei Stunden Verspätung nach Kray.

Bruch von Vereinbarungen durch die Polizei

Auch in Kray bekam die Polizei erst nach Eintreffen einer weiteren Hundertschaft gegen 19:00 Uhr die Lage in den Griff. Entgegen den ausdrücklichen Vereinbarungen im Kooperationsgespräch unterband die Polizei den Versuch von Teilnehmer/innen der Gegenaktionen, die verschiedenen angemeldeten Kundgebungen in Kray auf direktem Wege zu erreichen. Es wurden weite Umwege angeordnet, die ältere Teilnehmer/innen teilweise nicht bewältigen konnten, auch lange bevor die Nazis auf der genehmigten Route waren.

Vor diesem Hintergrund fragt sich Essen stellt sich quer, welchen Sinn Kooperationsgespräche mit der Polizei überhaupt noch haben, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Nach Berichten von vielen Teilnehmer/innen der Gegenaktionen hat die Polizei während des rechten Aufmarsches dagegen weder volksverhetzende Sprüche der Nazis, noch den Hitlergruß oder den Einsatz von Gaspatronen und Böllern geahndet.

Nochmals: Bei den rund zweihundert im Hauptbahnhof Eingekesselten handelte es sich um Bürgerinnen und Bürger Essens, sogar für unsere Kundgebung vorgesehene Rednerinnen waren darunter. Es waren auch viele junge Menschen dabei. Sie waren alle auf dem Weg nach Kray zur Gegenkundgebung auf dem Marktplatz. Gemäß der Polizeipresseerklärung waren dies aber keine Gegendemonstranten, sondern allesamt einem ominösen „linken Lager“ zugehörig. Die Redner und Gäste unserer Kundgebung in Kray, darunter Oberbürgermeister Paß, Bezirksbürgermeister Hampel, oder auch Superintendentin Marion Greve und Landesjustizminister Thomas Kutschaty werden sich sicher bei Polizeipräsident Frank Richter persönlich für diese sinnvolle „Einteilung“ bedanken.

Tatenlose Polizei angesichts "spontaner" Nazidemo

Als weiteren Skandal sieht Essen stellt sich quer es an, dass rund 200 Teilnehmer/innen des Aufmarsches von Die Rechte auf dem Rückweg kurz vor 23.00 Uhr vom Hauptbahnhof aus zunächst völlig ungestört durch die Innenstadt demonstrieren konnten. Die Rechten zogen zunächst mehrere hundert Meter ohne jede Polizeibegleitung mit den Parolen „Ausländer raus“ und „Juden raus“ durch die Kettwiger und Viehofer Str. und wurden erst kurz vor dem Viehofer Platz von Polizeieinheiten gestoppt. Diese „spontane“ Demonstration, die offensichtlich gut organisiert war, wird auf der Webseite der Partei Die Rechte als Erfolg gefeiert. Offensichtlich war die im Bahnhof stationierte Bundespolizei völlig unvorbereitet und überfordert.

Protest gegen Neonazis lässt sich nicht aufhalten

Dieser 1. Mai 2015 zeigt uns zweierlei: Die Zivilgesellschaft lässt sich in Ihrem Protest gegen Neonazis nicht aufhalten, nutzt viele offene, friedliche, gewaltfreie Aktionsformen und hat Erfolg damit, wenn man gemeinsam und parteiübergreifend gegen die Nazis antritt. Polizeiliche Behinderungen und Willkür schließen einen Erfolg gegen Nazis nicht aus. Das polizeiliche Vorgehen gegen die Gegendemonstranten ist aus unserer Sicht allerdings nicht hinnehmbar und muss aufgearbeitet werden.

Autor:

Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord

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