Versorgung in Gefahr? Urteil ermöglicht ausländischen Versandapotheken Rabatte
Leon ist krank. Nach der Untersuchung beim Kinderarzt ist klar – ein Antibiotikum ist nötig, um dem kleinen Mann wieder auf die Beine zu helfen. Die nächste Apotheke ist in der Großstadt, die 50 Kilometer entfernt liegt.
Werner S. kommt mit einem Rezept aus der Arztpraxis. Gegen den Magen-Darm-Infekt, der ihn mit sehr unangenehmen Begleiterscheinungen erwischt hat, benötigt er dringend ein Medikament. Doch eine Apotheke ist weit und breit nicht in Sicht. Bislang ist ein solches Szenario Fiktion. Doch es könnte in Zukunft Realität werden. Das zumindest ist die Befürchtung der Apotheker. Der Europäische Gerichtshof hat im sogenannten Rx-Boni-Urteil (Rx bedeutet verschreibungspflichtige Arzneimittel / Anmerkung der Redaktion) im Oktober 2016 ausländischen Versandapotheken zugesprochen, Rabatt auf verschreibungspflichtige Arzneimittel zu gewähren. Deutsche Apotheken sind davon ausgeschlossen. „Das ist für viele Apotheken vor Ort existenzgefährdend“, betont Apotheker Dr. Gregor Lohmann. In einem erklärenden Brief hatte sich der Borbecker an MdB Matthias Hauer gewandt, mit der Bitte: "Setzen Sie sich für ein Rx-Versandverbot und damit für den Erhalt eines leistungsstarken Apothekennetzes."
Rückendeckung durch Politik
Rückendeckung für die Apotheker gibt es durch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Ihm ist es wichtig, „dass die Arzneimittelversorgung auf hohem Niveau durch ortsnahe Apotheken weiterhin gesichert bleibt". Qualität und Sicherheit in der Arzneimittelversorgung seien unabdingbar mit einem flächendeckenden Netz wohnortnaher Apotheken verbunden. "Der Versandhandel kann die wohnortnahe Versorgung durch Präsenzapotheken nicht ersetzen." Deshalb gelte es die bewährten Strukturen weiter zu erhalten." Hierzu gehört für Gröhe die inhabergeführte Apotheke.
Deshalb legte er einen Gesetzesentwurf vor, der ein Versandverbot von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln beinhaltet. Dieser tritt jetzt seinen Weg durch die Gremien an.
MdB Matthias Hauer (CDU) war in der vergangenen Woche vor Ort in der Park-Apotheke in Borbeck. Sich einen direkten Einblick in die komplizierten Zusammenhänge zu verschaffen und die Sorgen der Apotheker vor Ort ernst zu nehmen, ist ihm ein persönliches Anliegen.
Die Vor-Ort-Apotheken, mit Beratung, mit Nacht- und Notdiensten, mit der individuellen Anfertigung von Rezepturen – das sind nur einige Unterschiede im Vergleich zu Versandapotheken – gewährleisten eine flächendeckende, zeitnahe, Rund-um-die-Uhr Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. „Dieses funktionierende System gilt es zu bewahren", betonte Hauer.
Wartezeit mindestens zwei Tage
„Auch auf Medikamente, die wir nicht vorrätig haben, können wir innerhalb von zwei Stunden zugreifen und werden von unseren Großhandlungen mehrmals täglich beliefert", erklärt Lohmann. Bei einer Bestellung über die Versandapotheke, beträgt die Wartezeit mindestens zwei Tage – vorausgesetzt, die Lieferwege sind zuverlässig. Bei einem Poststreik zum Beispiel würde sich die Wartezeit dann noch verlängern.
Patienten und Bürger können mit dazu beitragen, dass die Versorgung mit Medikamenten durch die Apotheken vor Ort erhalten bleibt. Unterschriftenlisten als Aufruf für die Politik liegen in vielen Apotheken bereit.
Text: Doris Brändlein
Autor:Lokalkompass Borbeck aus Essen-Borbeck |
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