„Sieben Wochen ohne ...“ - Folge 2

Das Aktionsmotiv zur Fastenzeit der evangelischen Kirche. Foto: www.7wochenohne.evangelisch.de
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Warum mir die Fastenzeit wichtig ist - Hilke Drewes berichtet aus ihrer eigenen Erfahrung mit dem bewussten Verzichten.

Fasten – das war in meiner Kindheit und Jugend überhaupt kein Thema. Fasten, das war etwas, was Katholiken taten. Fasten hatte auch mit Zwängen zu tun, für mich hatte es jedenfalls keinerlei Bedeutung.

In der Zeit vor Ostern im Jahr 1989 änderte sich das. Ich sah ein schön dekoriertes Schaufenster, in dem neben einem „Osterkalender“ mit bunten Bildern und 24 Türchen ein Weidenkranz mit vier Eierkerzen und eine Pyramide , auf der sich ein paar Eier um ein Osterhäschen drehten stand. Nachdem es auch damals schon fast normal war, dass Ostereier und Schokohasen direkt nach Karneval in den Regalen standen war das für mich ein Erlebnis bei dem ich mir gesagt habe: jetzt reicht’s! Wenn jetzt schon Weihnachten und Ostern sich nur noch anhand der Bilder und der Kerzenform unterscheiden lassen, dann möchte ich für mich ein Zeichen setzen, dass Ostern was Besonderes ist; für mich als Christin eben das eigentlich bedeutsamste Fest.

Bei meinen Überlegungen, wie ich das tun könnte, stieß ich auf die damals noch junge Aktion „7 Wochen ohne“. Im ersten Jahr habe ich mich entschieden, auf Alkohol, Süßigkeiten und Fleisch zu verzichten. Mein größtes Problem in diesem ersten Jahr war das Unverständnis meiner Umwelt. Besonders der Verzicht auf Alkohol – auch wenn ich auf einer Feier war – wurde belächelt oder sorgte für beleidigte Kommentare der Gastgeber. Das hat mir schon sehr zu denken gegeben: Gehört Alkohol für uns wirklich unabdingbar zum Feiern dazu?

Inzwischen hat sich einiges geändert. Der Umgang mit Alkohol hat sich langsam aber sicher gewandelt, das Einhalten der Fastenzeit ist in manchen Kreisen regelrecht „modern“ geworden. Solange man dies tut um vor dem Frühling noch ein bisschen Winterspeck loszuwerden, ist das auch ganz allgemein akzeptiert. Schwieriger wird’s wieder, wenn man sich outet, dass man auch religiöse Motive hat. In einer Zeit, in der Religion mehr und mehr Privatsache wird, löst offen gezeigte praktische Religionsausübung oft Unbehagen aus.

In diesem Zusammenhang tut es mir gut, dass ich einige Kolleginnen habe, die ganz ähnlich fasten wie ich. Wenn im Lehrerzimmer mal wieder eine große Dose Weingummi rumsteht und die Versuchung in einer Stress Situation reinzugreifen groß ist, hilft es, wenn da jemand neben einem steht der auch bewusst verzichtet.

In meiner Gemeinde hat sich vor sieben Jahren eine Gruppe von Menschen gefunden, die in der Fastenzeit einmal pro Woche eine gemeinsame Fastenandacht halten. Das tut sehr gut. Es gibt einem die Gelegenheit, wenigstens einmal in der Woche inne zu halten und zur Ruhe zu kommen. Der Austausch innerhalb der Gruppe über Fastenvorhaben und deren Gelingen tut gut. Und da macht es gar nichts, dass die Fastenvorhaben so unterschiedlich sind. Wenn die eine komplett auf Zucker verzichtet, muss niemand ein schlechtes Gewissen haben, der weniger streng fastet. Auch Menschen, die auf gar nichts verzichten sind dabei: denen ist einfach die Ruhe und die Besinnung während der Andacht wichtig. Hier gilt ganz besonders: Fasten ist eine sehr persönliche Entscheidung und kann auch nur von jedem für sich entschieden werden. Gerade die Abwesenheit von Zwang ist für uns wichtig.

Und ich persönlich? Ich verzichte inzwischen in der Fastenzeit nicht mehr grundsätzlich auf Fleisch – das hat nämlich dazu geführt, dass ich einen so unbändigen Appetit auf Fleisch bekommen habe, dass ich nach der Fastenzeit viel mehr davon gegessen habe. Die Definition „Süßigkeiten = Weingummi und Schokolade“ hat dazu geführt, dass ich eben mehr Kekse und mehr Chips gegessen habe. Damit ich mich selbst nicht austrickse, verzichte ich inzwischen auf Alkohol, Süßigkeiten (wobei ab und zu ein Keks ohne Schokolade erlaubt ist), Chips und Co und auf Computerspielen. Mit Computerspielen sind die kleinen Kartenspielchen und ähnliches gemeint. Da merke ich, dass ich damit oft viel Zeit vertue. Es ist so verführerisch: ich sitze sowieso vor dem PC, soll eigentlich einen Text schreiben oder Unterricht planen, hab grade eine Denkblockade und da ist es doch ganz nett, mal eben kurz zu daddeln. Stimmt – aber leider merke ich beim Blick auf die Uhr oft, dass ich mir damit selbst eine Menge Zeit gestohlen habe. Und da tut es gut, mal eine Zeitlang Enthaltsamkeit zu üben.

Der Verzicht auf Alkohol ist in der ersten Zeit immer schwer. Es ist doch so schön und entspannend, abends mit einem Buch und einem Glas Rotwein den Feierabend einzuläuten. Meist fällt es mir dann nach ein bis zwei Wochen gar nicht mehr schwer; ich hab mich dran gewöhnt, dass ich beim Lesen auch prima eine Tasse Tee trinken kann. Auch das mit den Süßigkeiten und den Chips geht ziemlich gut – auch wenn meine Kinder ihre Geburtstage fast immer in der Fastenzeit feiern und dann Chips, Flips und Nüsse bei uns offen rumstehen. In diesem Jahr fällt mir der Verzicht auf das PC Spielen am Schwersten. Immer wieder zuckts in meinen Fingern; da muss ich schon gut aufpassen.

Mein Mann unterstützt mich beim Fasten. Er fastet nicht so konsequent wie ich, versucht aber, in meiner Gegenwart auf die gleichen Dinge zu verzichten wie ich. Und mein Sohn hat jedes Jahr seine persönliche Fastenzeit. Er ist ein ausgesprochener Fleischesser und verzichtet in jedem Jahr in der Karwoche – also zwischen Palmsonntag und Ostern – komplett auf Fleisch. Damit er durchhält, macht die ganze Familie mit. Und Ostern hat man dann wieder ganz besondere Geschmackserlebnisse.

Autor:

Lokalkompass Borbeck aus Essen-Borbeck

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