Vor 70 Jahren starb die Duisburger Altstadt in der Nacht vom 12. zum 13. Mai 1943
„Für Duisburg ist das Verfahren des Flächen-Bombardements ausgesprochen unwirtschaftlich!“ hieß es in einem Bericht, den Luftmarschall Harris von einer wissenschaftlichen Studienkommission anfertigen ließ, um die Probleme bei der Bombardierung Duisburgs endlich zu beheben.
„Zum Stadtgebiet gehören große Flächen von unbebautem Gelände, die sich in wirren Mustern zwischen die einzelnen Stadtteile schieben. So wurden zahlreiche über Duisburg ausgelöste Bomben verschwendet, weil sie auf Wasserflächen oder Felder fielen.“
Der zweite Punkt des Untersuchungsberichts stellte eine weitere simple Tatsache fest:
„Obwohl die Hafenanlagen bisher bei jedem Angriff als Zielpunkt festgelegt und mehrfach auch ausreichend markiert worden sind, konnten dort keine wesentlichen Zerstörungen festgestellt werden. Dagegen zeigen die Zielaufnahmen, dass die Bombeneinschläge je weiter vom Zielpunkt entfernt liegen, je länger der Angriff dauert.
Die Einschläge kriechen bis zu zwanzig Kilometer nach rückwärts. In Duisburg aber, das aus dem Norden angeflogen wird, bedeutet dieses Rückwärtskriechen des Angriffs, dass die Bomben in die dünn bebauten Gebiete zwischen Duisburg und Oberhausen und in die Kirchheller Heide fallen.
Wenn der fünfte Großangriff auf Duisburg erfolgreicher sein soll als alle bisherigen, dann muss der Zielpunkt des Angriffs rund 2,5 Kilometer südlich des eigentlichen Ziels, der Hafenanlagen, liegen“, hieß es im Memorandum der Wissenschaftler an den Chef des BC.
„Eine solche Verlagerung des Zielpunktes dürfte ausreichen, um auch beim unweigerlich eintretenden Rückwärtskriechen der Einschläge die Innenstadt und das gesamte bebaute Stadtgebiet von Duisburg mit Bomben einzudecken.“
Kenneth F. Acland aus Durleigh, Bridgwater, Sommerset hat eine interessante Auswertungskarte der Zielaufnahmen vom Luftangriff auf Duisburg am 13. Mai 1943 gefunden, auf der der Zielpunkt genau eingezeichnet ist. Es handelt sich um die Salvatorkirche. Man sprach dabei vom „Aiming Point cathedral“.
Die Praxis folgte den theoretischen Ausführungen der englischen Kommission auf dem Fuß.
Am Vormittag des 12. Mai 1943, ein Dienstag, wurden sämtliche Telefonleitungen von den Flugplätzen der Bomber nach draußen abgeschaltet. Wenig später hingen die Einsatzbefehle für 572 Bomberbesatzungen an den Schwarzen Brettern. Am frühen Nachmittag drängten sich die Männer vom fliegenden Personal in den großen Nissenhütten zur Einweisung:
„Ihr Ziel in der kommenden Nacht heißt Duisburg“
erklärten die Operationsoffiziere.
„Der Hafen ist der größte Binnenhafen Europas. In den Duisburger Hütten- und Walzwerken werden dreißig Prozent der deutschen Eisen- und Stahlproduktion gewonnen und verarbeitet. Die Stadt ist einer der wichtigsten Eisenbahnknotenpunkte des Reiches, mit über vierhunderttausend Einwohnern. Das Bomberkommando erwartet von jedem seiner Angehörigen einen todesmutigen Einsatz, damit dieser Eckpfeiler der Festung an der Ruhr endlich einstürzt.“
Der vierte Angriff gegen Duisburg im „Battle of the Ruhr“ war der 161. Luftangriff auf die Stadt.
Gegen Mitternacht steigen die 572 Bomber in England in die Luft auf und flogen Richtung Duisburg.
„Killing in action“ beim Anflug auf Duisburg
In den frühen Morgenstunden des 13. Mai stürzt ein britischer Bomber in der Nähe von Harlingen in Holland ab. Es ist eine viermotorige „Handley Page Halifax B Mk2 ‘Special’ DT645“, die von einem Nachtjäger abgeschossen wurde. Alle sieben Besatzungsmitglieder werden getötet. Darunter Murray H. Nesbitt, 23 Jahre alt, aus Kanada. Sie war um 23.30 Uhr in Snaith gestartet und hatte 2 x 450 kg Sprengbomben, 48 x 14 kg Brandbomben und 630 Stabbrandbomben 1.4 kg geladen.
Die Route ging gemäß ‘Operational Order No 46, 12/13th May’ von Snaith nach Hornsea an der britischen Ostküste und dann über die Nordsee nach Egmond udn dann zu einem Punkt bei Winterswijk und dann in südliche Richtung nach Duisburg. Zurück ging es direkt nach Snaith.
Doch die DT645 kam nie in Duisburg an. Die Halifax war viele Meilen vom Kurs abgekommen und flog über den nördlichen Teil der Niederlande und wurde dort von einer deutschen Radar Station erfasst.
Ein „Messerschmitt Bf110“ Nachtjäger von Leeuwarden wurde dem Bomber zugewiesen und fand ihn auch. Und etwa 6000 Meter über dem Dörfchen Herbaijum eröffnete Pilot Oberleutnant Lothar Linke, Kommandeur der „12 Staffel Nachtjagdgeschwader 1“ das Feuer mit seinen 20 und 30 mm Kanonen auf die feindliche Maschine.
Teile des Höhenruders und des Seitenruders am Heck des Bombers wurden abgeschossen. Diese und einige Meter dünner Stahlkabel, die dazugehörten, wurden am nächsten Morgen in der Nähe von Herbaijum gefunden.
Die nunmehr manövrierunfähige Halifax ging in kreischendem Sturzflug runter, und viele Menschen am Boden waren entsetzt. Im Sturzflug drehte sich die Halifax und die Kräfte der Beschleunigung machten es für die Crew unmöglich, abzuspringen.
Kurz bevor die Maschine aufschlug, zerbrach die Halifax in tausend Teile und die Trümmer fielen auf ein riesiges Areak 2 Kilometer südöstlich vom Stadtzentrum von Harlingen. Keines der Besatzungsmitglieder überlebte.
Eine der Sprengbomben fiel in einen Kanal und explodierte, wobei ein Bauernhaus abgedeckt und Vieh auf einem Acker getötet wurde. Ein Teil der Maschine streifte noch den Boden einige hundert Meter östlich des Bauernhofes der Familie Sjaarda und brannte noch einige Zeit.
Der Luftschutzwart, der auf dem Dach es Rathauses in Harlingen stand, schaute heraus und berichtete um 2.03 Uhr:
„Ein Lichtblitz!“
Und um 2.05 Uhr:
"Flugzeug südöstlich der Stadt abgestürzt!"
Die Feuerwehr schrieb ebenfalls ihre Wahrnehmung auf:
Dienstag, 12. Mai 1943:
„Wir hatten abends Karten gespielt. Um 23.30 Uhr hatten wir noch etwas zu Essen und entschieden und, etwas zu schlafen. Um 1.45 Uhr wurden wir von Herrn Fontein angerufen und gefragt, on wird etwas Besonderes gesehen hätten wegen des Geräusches in der Luft.
In diesem Moment konnten wir nichts sehen, aber um 2.00 Uhr hörten wir Geschützfeuer das sich wie ein Luftkampf anhörte.
Wir gingen nach draußen und sahen ein Feuer, das im Südosten brannte. Es war vermutlich das Flgzeug, das wir beim Sturzflug hörten. Wir sahen und hörten etwa eine halbe Stunde, wie Granaten rund um das Flugzeug explodierten
Um 4.30 Uhr brannte es immer noch. Danach sahen und hörten wir nichts mehr in dieser Nacht!“
Trotz des schweren Feuers, das durch die Vielzahl der Brandbomben entstanden war, zog es die Feuerwehr vor, dieses nicht zu löschen und konnte dieses sowieso nur mit der Autorisierung des Deutschen Kommandeurs in Harlingen tun.
Am nächsten Morgen wurden fünf Tote gefunden. Murray Nesbitt wurde in der Nähe des Bauernhofes der Familie De Bruin gefunden. Die Person, die den Leichnam zuerst sah, erkannte das „Royal Canadian Air Force“ Abzeichen an der Uniform des toten Fliegers.
Später dann am Tag fand man zwei weitere tote Crew Mitglieder versteckt in einem hochgewachsenen Feld.
Am Nachmittag wurden die sieben britischen Flieger von einem deutschen Arzt der Luftwaffe auf dem Flugplatz in Leeuwarden untersucht. Danach wurden sie in Särge gelegt und zum Hauptfriedhof in Harlingen gebracht, wo sie zwei Tage später am 15. Mai 1943 beerdigt wurden.
Beide Maschinen, die Stirling BF523 und Lancaster W4762, wurden 1972 vom „Aircraft Recovery Team“ der „Kgl. Nederlands Air Force“ unter dem Kommando von Gerrit J. Zwanenburg geborgen, der in Harlingen geboren wurde.
Die Überreste der Halifax wurden zum Hafen in Harlingen transportiert und auf einen Zug geladen und zu einem Schrottplatz für Flugzeugwracks in Utrecht gebracht. Hier wurden diese ausgeschlachtet und das noch brauchbare Material für die deutsche Industrie gesammelt, wie Aluminium, Gummi und Kupfer.
Seit 1945 wuchs Harlingen stetig. Die Absturzstelle der Halifax DT645 liegt heute außerhalb des bebauten Gebietes von Harlingen. In den späten 1990er Jahren gab es Pläne ein neues Wohnquartier in dem Gebiet zu errichten, wo der Britische Bomber abgestürzt ist und die sieben Crew Mitglieder umgekommen sind.. Im September 2000 wurde eine Studie durch das „Aircraft Recovery Team“ erstellt die die Möglichkeiten von Funden explosiven und brennbaren Materials der Halifax DT645 beinhaltete.
Die Halifax DT645 war Lothar Linke’s 25. Abschuss. Am nächsten Abend war er wiederum in der Luft und schoss erneiut zwei britische Bomber ab, die Lancaster ED589 um 23.22 Und und die Lancaster W4981 um 23.51 Uhr. Die Besatzungen beider Maschinen wurden getötet. Drei Stunden später flog Lothar Linke über den Süden von Friesland als einer der Motoren seiner Messerschmitt in Brand geriet. Er und sein Funker Walter Czybulka mussten die Maschine verlassen.
Am nächsten Morgen wurde Linke nicht weit vom Wrack seiner Maschine gefunden. Man nimmt an, das er vom Heck seiner Maschine getroffen wurde kurz nachdem er ausgestiegen war. Walter Czybulka landete sicher mit dem Fallschirm. Er wurde verwundet in ein Krankenhaus in Leeuwarden gebracht. Lothar Linke war 33 Jahre alt und hatte bereits am „Battle of Britain“ teilgenommen und wurde auf dem „Noorder Begraafplaats“ in Leeuwarden beerdigt. Nach dem Krieg wurde er nach Ysselsteyn im Süden Hollands umgebettet.
Duisburg wurde in dieser Nacht schwer getroffen. Es gab viele Tote und in der Stadt mit ihren vielen Fabriken gab es zahllose Zerstörungen. Von den 572 Bombern gingen 34 verloren. Es waren dieses 10 Lancaster, 10 Wellington, 9 Halifax und 5 Mosquitos. Dieses waren 5,9 Prozent der eingesetzten Maschinen.
Alleine 15 Bomber wurden in den Niederlanden abgeschossen. Zwei von ihnen kollidierten miteinander und stürzten ins Ijsselmeer.
Zurück nach Duisburg
Als „Zero hour“, also Angriffszeit, war „0200“ angegeben, also 2 Uhr morgens.
Zwischen1.52 und 2.55 Uhr in der Nacht vom 12./13. Mai 1943 ging das alte Duisburg unter, die mittelalterliche Altstadt.
Die Wetterbedingungen waren sehr gut und die Maschinen flogen bei dem Angriff in Höhen von 13.000 und 20.000 Fuß über Duisburg und warfen ihre todbringende Last ab.
1.085 Sprengbomben, 106 Luftminen, 112.700 Brandbomben (1,7 kg) und 15.275 Phosphorbrandbomben (14 kg) verwandelten die Stadt in ein „Flammendes Inferno“.
Insgesamt sind es 1.599 Tonnen Bomben, die in nur 45 Minuten abgeworfen werden.
Die „Initial Markierung“ für den Angriff wurde durch 9 Mosquitos durchgeführt, die rote „TIs“ - Target Indicator (zu deutsch Zielmarkierer) abwarfen. 15 Lancaster und 10 Halifax Bomber legten nach mit grünen TI auf die roten TI Markierungen.
Die Anfangs PFF (Path Finder Force) Mosquito warf diese aus nur 4000 Fuß ab, um eine sichere und akkurate Markierung zu gewährleisten. Und nicht weniger als vier wurden hierbei von der starken und akkuraten leichten Flak abgeschossen.
Die ersten Bomber waren nur teilweise erfolgreich. Die Markierungen in dieser Nacht waren perfekt und die Bombardierung des Hauptverbandes, der sich aus 238 Lancaster-, 142 Halifax-, 112 Wellington-, 70 Stirling und zehn Mosquito-Bombern zusammensetzte, konzentriert. In Duisburg schätzte man die Zahl der Angreifer auf 300 Maschinen.
Eine Feindmaschine erhielt über der Stadtmitte einen Volltreffer und zerplatzte in der Luft. Die Flugzeugtrümmer gingen im ganzen Stadtgebiet nieder. Vier Besatzungsmitglieder wurden tot aufgefunden.
Eine weitere, offenbar zweimotorige Maschine stürzte auf der Emmericher Straße in Meiderich ab und zerschellte beim Aufschlag vollständig.
Auf dem Spielplatz des Meidericher Spiel-Vereins an der Westender Straße war ebenfalls eine Maschine abgestürzt. Näheres weiß man nicht darüber, weil die Absturzstelle in weitem Umkreis sofort von der Wehrmacht abgesperrt und der Zutritt verboten wurde.
Eine vierte Feindmaschine stürzte auf freies Gelände an der Stepelschen Straße in Beeckerwerth und verbrannte. Es handelte sich um einen viermotorigen Bomber. Acht Mann der Besatzung wurden tot aufgefunden.
Das Stadtzentrum und der größte Binnenhafen Deutschlands erlitten katastrophale Schäden. Vier Thyssen-Betriebe waren beschädigt. Die Bomben fielen auf Beeck, Bruckhausen, Dellviertel, Duissern, Fahrn, Hafengebiet, Hamborn, Hochfeld, Huckingen, Kaßlerfeld, Marxloh, Meiderich, Neudorf, Neumühl, Ruhrort, Stadtmitte, Walsum und Wanheimerort.
Alleine der Endbericht über die Angriffsauswirkungen umfasste 72 eng beschriebene Seiten.
82 Luftschutzräume wurden zerstört und 80 schwer beschädigt.
272 Tote soll der Angriff gefordert haben.
1.735 Gebäude wurden total zerstört, 1.576 schwer, 1.657 mittelschwer und 6.953 leicht beschädigt.
Rund 2.000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter wurden zur Schadensbeseitigung in die Stadt gebracht. Die Briten erachteten es danach nicht als notwendig, Duisburg während der „Schlacht um die Ruhr“ noch einmal anzugreifen.
Der Angriff vom 12./13. Mai 1943 war nach englischen Angaben der schwerste, der bis dahin gegen eine deutsche Stadt geflogen worden war.
Besonders die Altstadt wurde schwer getroffen, Münz- und Kasinostraße waren völlig vernichtet, die Beekstraße zu 90 %, ähnlich die Umgebung des Burgplatzes mit der Salvatorkirche und zahlreiche historische Bauten. Der Hafenbetrieb lag eine Woche lang still. Der Hafenbahnhof war schwer beschädigt worden, Bahnanlagen, Kipper und Kippanlagen zum Teil total zerstört. 300 Schiffe wurden beschädigt, 34 davon sanken. Das Duisburger Straßenbahndepot wurde schwer, das in Duisburg - Meiderich mittelschwer beschädigt.
Der Hauptbahnhof, Kokereien, Chemiewerke, Dampfkesselfabriken und der Hafen waren betroffen, stellen auch die Briten fest. Das Herz der Stadt und seine Industriegebiet brannten und es konnte nichts dagegen unternommen werden.
4000 Häuser brannten aus und eine „Wellington V“ Aufklärungsmaschine traf auch am darauffolgenden Tag immer noch auf eine brennende Stadt mit einer Qualmwolke, die bis auf 35.000 Fuss aufstieg. Die Sicht war gut und die Wellington konnte die Wolke bereits sehen, als sie die holländische Küste auf 40.000 Fuß erreichte.
Am 14. Mai fuhr ein schockierter Propagandaminister Josef Goebbels durch die Trümmer der Stadt und schrieb in sein Tagebuch, dass er
"niemals zuvor Zeuge einer solch große Zerstörung gewesen ist"
Er war erschüttert, als ihm der Gauleiter berichtete, dass die Stadt praktisch unbewohnbar sei, da die Zerstörung der Kanalisation sowie der Gas- und Wasserleitungen es unmöglich macht, die Zivilbevölkerung zu versorgen. Die Stadt brannte rund vier Tage lang ohne Möglichkeit zu Löschen nieder.
Beim Blick vom Bunker an der Oberstraße auf den „Zielpunkt“ des Angriffs erkennt man sehr gut den massiven Einsatz von Brandbomben, denn die meisten vor allem mittelalterlichen Gebäude waren ausgebrannt.
In einem vertraulichen Bericht vom 21. Juni 1943 an das Polizeipräsidium Duisburg schilderte Oberbürgermeister Freytag sehr deutlich die Auswirkungen der Fliegerangriffe auf die Stadt in den ersten drei Kriegsjahren.
Zweck seiner Ausführungen sollte sein:
„ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild von den in Duisburg in drei Jahren planmäßigen Luftkrieges angerichteten Fliegerschäden zu geben. Dabei sollen die in der Öffentlichkeit genannten, z.T. übertriebenen Zahlen auf ihr richtiges Maß zurückgeführt werden.“
Freytag weiter:
„Seit mehr als drei Jahren steht die in den Wehrmachtsberichten oft genannte Stadt Duisburg im Mittelpunkt der feindlichen Fliegerangriffe auf die deutsche Heimat. Im Durchschnitt hatte die Stadt bisher alle zwei Tage bzw. Nächte einen Fliegeralarm und jede Woche einen Fliegerangriff zu bestehen.“
Eine Erhebung der Stadt vom 22. Mai 1943 ließ erkennen, dass die in der Nähe der Hafen- und sonstiger Verkehrsanlagen (z.B. Eisenbahn) gelegenen Stadtbezirke, die zugleich besonders dicht besiedelt waren, von den Fliegerangriffen am stärksten betroffen waren.
So waren bis zu dieser Erhebung in den Stadtteilen Neudorf, Kaßlerfeld, Neuenkamp, Meiderich, Stadtmitte, Duissern, Ruhrort, Laar und Hochfeld, die zusammen 42 % des Duisburger Hausbestandes umfassten, 88 % sämtlicher Wohngebäude völlig zerstört oder beschädigt, während von der Gesamtzahl der Duisburger Wohnhäuser 58,7 %, also drei Fünftel, zerstört oder beschädigt waren.
96.000 Menschen werden in dieser Nacht Obdachlos.
Sofort nach den Angriffen wurde die Bevölkerung mit notwendigen Lebensmitteln versorgt.
In der Zeitung „The Advertiser“ in Adelaide in Süd Australien ist am Freitag 28. Mai 1943 ein ergreifender Bericht zu lesen:
„Duisburg Flattened" – „Duisburg wurde plattgemacht“
Der Genfer Korrespondent des „Daily Express“ erklärt zu dem großen RAF Angriff vom 12. Mai 1943, das bei diesem Duisburg „plattgemacht und zerschlagen“ wurde.
Der Korrespondent zitiert einen Schweizer Ingenieur, der gerade aus Duisburg zurückgekehrt ist, und der den Angriff miterlebt hat. Dieser erzählte:
„Ich habe nie geglaubt, dass eine solch große Stadt in nur wenigen Minuten so vollkommen zerstört werden kann. Wir sind nicht sofort zu einem Bunker gelaufen, da die Bomben auf der anderen Seite der Stadt gefallen sind.
Wir sahen riesige Feuerwände und die gefährlichen Explosionen rissen uns fast von den Füssen.
Die deutsche Abwehr war sehr aktiv und schickte eine Unmenge an Flakgranten in den Himmel. Aber der Angriff schien an Heftigkeit zuzunehmen bis die Abwehr gänzlich ausgeschaltet war.
Wir erreichten den Bunker, als die ersten Bomben in unserem Gebiet fielen. Sie warfen uns die Treppe des Bunkers hinunter.
Die Menschen im Bunker wurden von ihren Sitzen geworfen, als mehrere Explosionen diesen erschütterten. Staub wehte durch den Bunker. Alle Menschen riefen und dann auf einen Schlag war es auf einmal still.
Dann wollten wir uns nach draußen wagen. Und es war ein außergewöhnlicher Anblick. Im Schein des Feuers sahen wir, das dort einfach keine Häuser mehr waren. Unsere Ingenieurschule und unsere Unterkunft und eine große Fabrik an der Ecke waren komplett verschwunden.
Und die herumliegende Schuttmenge war viel zu gering für die Häuser, die verschwunden waren. Wir haben den Ort nicht mehr wiedererkannt und wir wussten nicht mehr, wie wir in das Stadtzentrum gelangen können. Aber das war auch egal, denn auch dort stand nicht ein Gebäude. Alles war einfach irgendwie „plattgemacht“!
Die Feuerwehr war total desorientiert. Teilweise weil die Anzahl der Brände zu groß war, aber in erster Linie, weil die Wasserversorgung zerstört war. Man konnte nichts machen, nur zusehen, wie es brennt.
Die Menschen schienen fassungslos und völlig träge. Die Brände wurden heftiger und hielten bis zur Morgendämmerung an. Etwas zu essen konnte man nirgendwo bekommen und auch die medizinische Versorgung war zusammengebrochen.
Ich habe drei Angriffe auf Duisburg gesehen, aber der Angriff vom 12. Mai war auch mein letzter, weil alles, was mich in Duisburg hielt, ausradiert ist.
Es ist unmöglich, nach diesem Angriff zu sagen, dass noch ein Rest von Moral in Duisburg zurückgeblieben ist. Viele Menschen stehend in gleicher Weise benommen herum, essen und trinken und warten auf „Gott wer weiß was“.
Wie auch immer haben sie begonnen, die Stadt zu verlassen, nicht wissend, wohin sie gehen und warum. Überall ist es besser, Hauptsache es ist weit weg von Duisburg. Sie verlassen die Stadt obwohl es die unmögliche offizielle Aufforderung gibt, in der Stadt zu bleiben. Niemand scheint sich um die offiziellen Proklamationen und Befehle zu kümmern.
Nichts scheint wichtiger zu sein, als herauszukommen in unbebautes Gelände und raus aus dem bebauten Gebiet.
Ich bin eine Woche nach dem Angriff abgereist und auch da funktionierten die städtischen Dienste noch immer nicht!“
In England wurden die Besatzungen gleich nach dem Angriff interviewt und ihre Erlebnisse wurden minutiös in den sog. „ORB s“ niedergeschrieben.
Im Hauptquartier des Bomber Command war man 1943 mit dem Ausmaß der Zerstörungen in Duisburg derartig zufrieden, dass man über ein Jahr lang glaubte, die Stadt lohne keinen Großangriff mehr. Zwar mussten die Menschen nach wie vor in die Bunker und Keller hasten, weil regelmäßig Störangriffe von Schnellbombern geflogen wurden. Aber das ganz große Elend blieb der Stadt für lange Zeit erspart, bis zur OPERATION HURRICANE am 14./15. Oktober 1944.
Das Jahr 1944 wurde, was die Luftangriffe auf Duisburg anbelangt, ein Jahr des Verderbens. Im Laufe des Kriegs passten sich die vertraulichen Berichte des Polizeipräsidenten der stark veränderten Lage an. Waren anfangs nicht nur jede Sprengbombe, sondern auch jede Stabbrandbombe und jeder Erdkrepierer der Flak nach Ort und Schadenshöhe mit äußerster Sorgfalt aufgeführt worden, so summierte man bald nur noch auf. Die riesigen Mengen an Brandbomben konnten nicht mehr gezählt werden.
Autor:Harald Molder aus Duisburg |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.