Ein Stück der frühen Stadtgeschichte Duisburgs bei Bauarbeiten gefunden – Klare Aussagen gegen die geplante Tiefgarage unter dem Burgplatz

Modell der Königspfalz im Kultur und Stadthistorischen Museum | Foto: (Sammlung Reinhold Stausberg)
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Reste mittelalterlichen Mauerwerks wurden nun bei den Erneuerungsarbeiten an der Fernwärmetrasse Poststraße / Gutenbergstraße vor dem Duisburger Rathaus freigelegt. Die Tiefbauarbeiten werden durch die Stadtarchäologie begleitet. Auf wenigen Quadratmetern ungestörten, historischen Bodens zeigte sich nun eine Gebäudeecke aus großen Kieselwacker und Schieferbruch, reichlich verstrichen mit Kalkmörtel.

Bereits in den 1950er Jahren wurde solches Mauerwerk am Burgplatz entdeckt. Damals wurde das Mauerwerk mit der ehemaligen Pfalzmauer in Verbindung gebracht. Die neu entdeckte Mauerecke liegt etwas vor der zu erwartenden Burgmauer. Die Mauer wird nach ersten Einschätzungen ins 11./12. Jahrhundert datiert. Sie ist eingeschnitten in ein Straßenpflaster, welches bis ins 10. Jahrhundert genutzt wurde.

Durch die Arbeiten an der Fernwärmeleitung haben die Stadtarchäologen in einem kleinen Abschnitt einen unerwarteten Einblick in die Zeit der königlichen Pfalz auf dem Burgplatz erhalten, die von einem gepflasterten Platz und einem mächtigen Steinbau künden. Die archäologischen Begleituntersuchungen dauerten noch bis Ende der Woche an.

Stadtarchäologe Dr. Volker Herrmann erläuterte nun die Befunde vor Ort.

„Wir befinden uns hier im Bereich am Rande der alten Duisburger Königspfalz. Es handelt sich anscheinend um ein Gebäude, das an die alte Pfalzmauer angebaut worden ist.“

Die Datierung legt Dr. Herrmann etwa auf das 10. / 11. Jahrhundert fest! Die Menschen hatten sich im Umfeld der früheren Burg niedergelassen. Die Menschen entwickelten ein Bewusstsein, dass sie nun „Bürger“ sind unter dem Schutz des Königs.

„Es sind die Kellermauern vom Haus eines Bürgers. Wichtig ist eine umfassende Aufnahme der Funde, da wir uns in einem hochsensiblen Bereich der Stadtgeschichte befinden. Die Leitungen müssen an den Bodendenkmälern vorbeigelegt werden. Die Baureste aus der Pfalzzeit unserer Stadt sind auf jeden Fall zu schützen.“

Als Spezialistin der „Stadtwerke Duisburg Netz“ ist Gabriele Knechten vor Ort. Sie ist die Baubeauftragte des Unternehmens und nimmt die Wünsche der Denkmalbehörde auf und achtet darauf, dass diese in der weiteren Bauphase umgesetzt werden. Eine Bauverzögerung habe es nicht gegeben, da es weitere parallel laufende Baustellen gibt, auf denen weiter gearbeitet werden kann.

Frau Dr. Brigitta Kunz betreut als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich der praktischen Bodendenkmalpflege die Baustelle.

Dr. Herrmann erläuterte noch einmal die Entstehungsgeschichte und bauliche Entwicklung der Pfalz und ihres Umfeldes. Er erzählt, nach kurzer Bestätigung durch Schreiber dieses Berichtes, von der Reichssynode im Jahr 929 und dem Frankenkönig Clodio, der hier residierte. Ereignisse, die über ein Jahrtausend zurückliegen.

Und nun findet man Reste der Stadtgeschichte, die an diese Zeit erinnern. Doch da es keine Funde, wie z.B. Scherben oder Gegenstände gibt, sind die Schlussfolgerungen mit Fragen behaftet. Die Aufnahme der Funde erfolgt althergebracht von Hand auf Millimeter Papier und wird dann digitalisiert.

Eine große Sorge treibt den Chef der Stadtarchäologie, der seit dem Jahr 2006 diese Abteilung leitet, allerdings um. Den Bau der geplanten Tiefgarage unter dem Burgplatz betrachtet er als eine Nagelprobe für den Bodendenkmalschutz in Duisburg. Eine nutzbringende Bebauung mit Parkmöglichkeiten contra Stadtgeschichte.

„Hier kollidiert die Planung ganz klar mit dem Denkmalschutz! Es stellt sich besonders die Frage, wie geht man mit dem Denkmal um. Es handelt sich gerade in dem Bereich der alten Königspfalz auf jeden Fall um ein wichtiges Zeugnis der Stadtgeschichte. Dieses ist ein hochsensibler Bereich, mit dem man sorgsam und pfleglich umgehen muss. Hier würden wir sicherlich unzählige Reste der alten Pfalz finden.

Ich sehe eine Tiefgarage an dieser Stelle als sehr problematisch. Denn eine Tiefgarage vernichtet Bodendenkmäler. Sie wird ja mehrere Meter tief in den Boden gebaut und die Reste können nicht erhalten bleiben. Hinzu kommt die Erschließung. Eine oberirdische Bebauung ist kein Problem, denn das Denkmal bleibt dann erhalten. Der Burgplatz ist ein eingetragener Denkmalbereich und der Erhalt und Schutz des Denkmals „Pfalz Duisburg“ liegt uns sehr am Herzen. Hier wird von uns ausdrücklich deren Schutz gefordert!“

Eine Tiefgarage evtl. im Bereich des geplanten „Mercator Quartiers“, wo zum Teil noch nie bebaute Flächen oder solche, die in früheren Jahren zerstört worden sind, existieren, wären eine adäquate Alternative.

„Es ist wichtig, die Menschen in der Stadt für den Erhalt der noch existierenden Reste der Pfalz zu sensibilisieren.“

Herrmann gab zu verstehen, dass die Innenstadt Entwicklungs Gesellschaft sich noch weitere Probeschnitte wünscht um künftig kleine Einblicke in die Duisburger Stadtgeschichte möglich zu machen. Auch erinnerte er an frühere Funde und Grabungen in diesem Bereich, die aber immer wieder nach Fertigstellung die Hinterlassenschaft der Vergangenheit unter einer neuen Decke verborgen haben.

Dieses wurde in einem Handout aus „Duisburger Forschungen 55, 2008 S. 65 ff“ deutlich, das Dr. Hermann verteilte und wo es um die Beschreibung einer Beobachtung im Jahr 1929 geht, denn erstmalig wurden Reste der Pfalzbefestigung in diesem Jahr bei Ausschachtungsarbeiten zur Verlegung von Rohren am Knüppelmarkt entdeckt.

Bericht in der Rhein- und Ruhrzeitung vom 26. Juli 1929, Abendausgabe:

„Der Befestigungsring der alten Duisburg aufgefunden“

Die in dem Bericht gegebene Beschreibung ist recht präzise.

Sie erfasst den Bereich von der Ecke der Poststrasse zunächst bis zur Elefantenapotheke, die sich damals im vierten Haus (von der Poststraße her gesehen) befand.

Bis zu diesem Punkt hatte man zunächst drei Gräben für Hausanschlüsse beobachtet, die im Verhältnis zu dem Burggraben Querschnitte darstellten. Am Ende des Artikels ist von acht Querschnitten die Rede, das bedeutet, das die Gräben im ganzen Knüppelmarkt bis zur Holzgasse hin ausgehoben worden waren.

Es wird ferner darauf hingewiesen, dass der Burggraben weiter zur Knüppelgasse hin führte und nicht, wie noch Binding annahm, zum Weinhausmarkt hin abbog.

Da dieser Bericht bisher weder von Binding noch von Krause ausführlicher bewertet wurde und der beschreibende Text vielleicht auch für den einen oder anderen Archäologen interessant ist, der keinen Zugriff auf den alten Zeitungsbericht hat, soll er hier einmal wiedergegeben werden:

„In diesen Quergräben ist tatsächlich ein uralter, jetzt natürlich wieder ausgefüllter Graben angeschnitten worden, der längs der nördlichen Hälfte (Burgseite) des Knüppelmarktes verläuft und etwa bis zur Straßenmitte oder noch etwas darüber hinaus reicht. Der gewachsene Boden ist hier reiner gelber Rheinsand, der hier überall die oberen Lagen der Niederterrasse bildet.

Das Füllmaterial ist eine dunkle lehmige Erde, mit Steinen durchsetzt und an Stellen, wo die Gasleitung undicht war, durch Teer schwarz gefärbt. Hinter jedem Quergraben liegt der Aushub; es fällt schon von weitem auf, dass der reine Sand hier überall von der Straßenmitte zur südlichen Außenseite, also nach der Seite der Elefantenapotheke hin liegt.

In den Schnitten kann man dann auch das Profil genauer studieren. Etwas seitlich von der Straßenmitte steigt der gewachsene Boden am höchsten, bis fast 3/4 Meter unter dem Straßendamm (die Decke (?) ist auch da Anschüttung). Die Anschüttung verdickt sich aber sehr bald nach der Burgseite hin, die Grenze zwischen gewachsenem Boden und Anschüttung sinkt ein und ist bald unter der Sohle der Baugrube verschwunden. Diese Grenze stellt die Außenseite des alten Burggrabens dar!

Die tiefste Stelle muss wohl unter dem Straßenbahngleis liegen. Dort kann aber nicht gegraben werden, da der Betrieb aufrechterhalten werden muss. An der Burgseite tritt auf dem Bürgersteig unmittelbar vor der Häuserflucht an manchen Stellen der gelbe Sand in der Grube wieder zu Tage. Da lag also offenbar die Innenseite des Grabens.

Das Einfallen der Grabenwand ist nicht sehr steil. Die ganze Tiefe ist noch nicht bestimmt worden. Allem Anschein nach scheint es sich aber um einen Spitzgraben zu handeln, wie er seit der Römerzeit her bekannt wurde und auch in der Karolingerzeit noch benutzt wurde.“

Des Weiteren gab es noch eine Beschreibung einer Beobachtung von Dr. Fritz Tischler im Jahr 1961, der nach dem zweiten Weltkrieg den Graben hatte beobachten können.

„Vom 23.2. bis 3.3.1961 beobachtete Fritz Tischler den Graben für Fernheizungsrohre, der über den Burgplatz vom Rathaus nach Osten führte. 81 Meter östlich des Rathauses wurde der alte Burggraben geschnitten, der bei seiner Einfüllung bis 2,60 Meter unter Oberkante Straße reichte und 2,15 Meter in den gewachsenen, leicht humosen Sand eingetieft war. Seine Breite betrug etwa über 3 Meter. Er war gefüllt mit humosem Sand, der mit Bruchsteinen durchsetzt war.

Die in der Füllung gefundenen Pingsdorfer Scherben gehören dem 12. Jahrhundert an. Aus den Einschwemmschichten des Grabens vor seiner Verfüllung stammen dunkelbraune Scherben mit Rollstempelverzierung, wie sie in Schloss Broich im Bauhorizont von 883/884 gefunden wurden. Der ursprüngliche Graben war wenig über 2,20 Meter tief und mehr als 6 Meter breit.“

Wer noch mehr über die alte Duisburger Königspfalz erfahren möchte, kann dieses hier nachlesen:

http://www.archaeologie-duisburg.de/Forschung/koenigspfalz2002.pdf

Autor:

Harald Molder aus Duisburg

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