Alles gesagt (Teil 1)

Ob ich mit ihr ein paar Plätzchen essen könne, fragt die nette alte Dame im gleichen Ton, wie wenn mich jemand fragt, ob ich einen Euro übrig habe.

Dass ich Plätzchen essen kann, stelle ich derzeit ständig unter Beweis, genauso wie ich selbstverständlich auch einen Euro übrig habe. Nur ob ich all das WILL, Kekse mit alten Leuten futtern und meine Euros an Bedürftige verteilen, das ist eine ganz andere, die eigentliche Frage.

Das Thema ist so abgedroschen. Es ödet mich an.

Glitzerengel und der Duft von Tannengrün wurden ebenso anhaltend beschrieben, wie die gemütliche Wärme des Kerzenlichts und der Hauch von Geheimnisvollem der in der Luft liegt.
Manch kritischer Gedanke fand sich darunter, ob es angemessen sei, Weihnachten in Prunk und Luxus zu feiern, während in anderen Teilen der Erde Menschen sterben.
Es wurde immer mal wieder bemerkt, dass auch hierzulande gerade zum Fest der Liebe Menschen ihr Leben lassen, weil sie die Einsamkeit nicht aushalten, während andere sich im Kreise der Familie kuscheln, oder zumindest so tun als ob.
Es ist bekannt, dass Disco an Heilig Abend für Viele eine heiligere Variante ist, als die Schlacht unter dem Tannenbaum. Und alle sind sich einig, dass die Jagd nach den Geschenken mit garantiertem Rückgaberecht, oder die neunundfünfzigste Krawatte Unsinn ist.
Es ist gesagt, dass das viele Sitzen und Essen nicht wirklich gut tut, und dass die hohen Temperaturen zum Feste, ein Indiz für den Klimawandel darstellen.

Es ist alles gesagt.
Nun sitze ich also hier und futter Butterplätzchen mit einer Dame, die vor kurzem noch meinen Rat als Ernährungsexpertin suchte. Sie würde mich sogar für’s Kekse essen bezahlen, auch im Sommer. Nur für ein bisschen Gesellschaft.

Es ist alles gesagt und ich bin sprachlos.
Weil ich gerade den Mund voller Kekse habe.
Und weil ich das Zusammensein mit dieser lebenssatten Frau überraschenderweise aus tiefstem Herzen genieße.

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