Obersturmbannführer Tannhäuser - Burkhard Kosminski löst einen Theaterskandal aus
Wehrmachtsuniformen, Hakenkreuzbinden und exekutierte Nacktstatisten – mehr braucht es nicht, um in Düsseldorf einen Theaterskandal zu provozieren. Burkhard Kosminskis „Tannhäuser“-Inszenierung an der Deutschen Oper am Rhein spaltet das Premierenpublikum.
Die Regie verlegt die Handlung in die Nazi-Zeit und in die der frühen Bundesrepublik. Tannhäusers Leidenschaft für Venus wird zum gefährlichen Flirt mit dem NS-Regime, der Venusberg – dargestellt durch Nacktstatisten, die mutmaßlich vergast zu Boden sinken – zum KZ.
Der Titelheld in Richard Wagners Oper steht zwischen zwei Welten: Der Sinnlichkeit des Venusberges und der Tugendhaftigkeit der Wartburgritter. „Bei Wagner“, erläutert Komsinski, „versündigt sich Tannhäuser, indem er Venus liebt. Dabei geht es um einen Hedonismus, der heute jedoch kaum mehr etwas Verwerfliches an sich hat, nicht mehr der Skandal ist, der zu einem Ausschluss aus der Gesellschaft führt, wie er Tannhäuser im 2. Akt der Oper widerfährt.“
Nach der Exekution knallen die Türen
Zu Beginn des ersten Aktes verstummt die Musik, wird ein Ehepaar entkleidet, der Kopf geschoren und exekutiert. Noch bevor zum ersten Mal an diesem Abend gesungen wird, empört sich ein großer Teil des Publikums, buht die Inszenierung aus. Einige Besucher verlassen Türen knallend die Vorstellung.
Dass dieser „Tannhäuser“ nicht funktioniert, hängt weniger mit dem bisher Gesehenen an sich zusammen. Kosminski schafft im zweiten und dritten Akt den Dreh nicht, um die Geschichte logisch zu Ende zu erzählen. Die Wartburggesellschaft, die bei Kosiminski die junge Bundesrepublik unter Adenauer repräsentieren soll, wird blass gezeichnet. Der Sängerkrieg auf der Wartburg, eigentlicher Höhepunkt der Oper, weil Sinnlichkeit und Tugendhaftigkeit hier unversöhnlich aufeinanderprallen, wirkt ob des Nazi-Sujets, fremd.
Im dritten Akt erlaubt sich die Regie einge Plattheiten wie die Vergewaltigung Elisabeths durch Wolfram, die dem Ausgang der Geschichte mehr schaden als nutzen. Die Vergebung des ehrlich seine Untaten bereuenden Tannhäuser durch die KZ-Opfer geschieht eher beiläufig und bleibt, gesellschaftspolitisch betrachtet, fragwürdig.
Man kann den Schluss ziehen, dass sich Kosmiski den richtigen Inszenierungsansatz für das falsche Stück ausgesucht hat. Dieselben ästhetischen Mittel könnten bei einer „Aida“ oder einem „Macbeth“ funktionieren, bei „Tannhäuser“ tun sie es nicht.
Die Stimmen überzeugen
Immerhin bietet der Düsseldorfer „Tannhäuser“ einige musikalische Highlights. Daniel Frank wirkt in der Titelpartie anfangs schwach, steigert sich aber schnell und weiß mit ausdrucksstarker Stimme zu überzeugen. Elena Zhidkova singt die Venus kraftvoll, überdreht hier und da aber. Mit Elisabet Strid steht eine Elisabeth auf der Bühne, die mit ausgefeilter Dynamik und sauberer Stimmführung überzeugt. Markus Eiche gefällt als Wolfram von Eschenbach mit samtiger Stimme, die sich auch zu dramatischen Höhen aufschwingt. Thorsten Grümbel gibt einen souveränen Hermann, mit sonorem Bass und subtiler Autorität.
Auch der Chor überzeugt restlos, während die Düsseldorfer Symphoniker unter Axel Kober zwar ordentlich spielen, ohne dabei groß zu glänzen. Kober, der „Tannhäuser“ in diesem Jahr bei den Bayreuther Festspielen dirigieren wird, hat, wenn man etwa den Vergleich zu Stefan Soltesz vom Essener Aalto-Theater heranzieht, noch etwas Luft nach oben, um einen differenzierten Wagner-Klang zu erzeugen.
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Autor:Sascha Ruczinski aus Schwelm |
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