Immer mehr gehen von der Fahne
Xanten/Obermörmter. Der Mann weiß, wovon er spricht. Theo Göllmann war 25 Jahre lang ehrenamtlicher Bezirks-Fahnenschenkermeister. Er hat ausgebildet, er hat als Schiedsrichter fungiert. Er sieht mit Sorge, dass die Jugendlichen sich nicht mehr so stark für das Fahnenschwenken interessieren.
Obermörmter. Dem St. Sebastianus Bezirksverband Moers gehören 33 Bruderschaften an. Hier sind an die 200 Fahnenschwenker aktiv.
Theo Göllmann wurde das Fahnenschwenken quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater schwenkte bereits vor dem Krieg die Fahne in der St. Nikolaus Bruderschaft Veen und war später dann in der St. Helena Bruderschaft Xanten aktiv. 1957 griff Theo Göllmann selbst das erste Mal zur Fahne.
Dass Fahnenschwenken noch lange nicht gleich Fahnenschwenken ist, erlernte Theo Göllmann im Laufe der Jahre als Bezirks-Fahnenschwenkermeister. Da gibt es etwa das Traditionsschwenken, wie es im Münsterland praktiziert wird. Am Mittel- und Oberrhein ist man stolz auf das Fahnenschlagen. Und hier, am Niederrhein, gilt das Brauchtumsschwenken als Ideal.
Zurück geführt wird es auf das Martyrium des Heiligen Sebastian. Zum ersten Mal wurde das Brauchtumsschwenken im Jahr 1408 in Aldekerk der Öffentlichkeit vorgeführt. Die Fahne wird dabei in 36 einzelnen Übungen vom Kopf abwärts bis zum Fuß um den Körper geschwenkt. Unten angekommen geht es wieder in die Höhe. Der Fachmann spricht vom „Fesseln und Entfesseln“.
Das Einhalten fester Regeln ist von entscheidender Bedeutung beim Sportschwenken. Theo Göllmann fungierte 25 Jahre lang als Schiedsrichter. In Dreierteams zeigen die Schwenker dabei ihr Können. Bewertet werden dabei die Haltung und die Synchronität der Schwenkfiguren. Als krasser Fehler gilt es einzelne Figuren auszulassen. „Heute wird allerdings zu streng gewertet“, meint Theo Göllmann. Um das Interesse junger Leute wach zu halten, „sollte man das lockerer sehen“. Auch hier weiß der 68-Jährige genau wovon er spricht.
Er hat im Laufe der Jahre wohl an die 300 Fahnenschwenker ausgebildet. „Leider ist der Ehrgeiz der Jugendlichen nicht mehr so ausgeprägt, immer weniger greifen zu den Fahnen.“
Derzeit gibt Theo Göllmann einer jungen Truppe aus Birten den letzten Schliff. Ein knappes Jahr mit regelmäßigem Training kann es dauern, bis die Vorstellung den Fachmann überzeugt.
Im Laufe der Jahre hat der Ehren-Fahnenschwenkermeister aus Obermörmter allerdings auch schon Haarsträubendes erlebt. So ließen gleich drei Schwenker beim Bundesköniginnentag in Kalkar die Fahne fallen. Er hat schon erlebt, wie gut ausgebildete Schwenker vor lauter Lampenfieber ihren Auftritt absagten. Und er hat schon gesehen, wie beim Schwenken im Festzelt auch mal der ein oder andere Kellner „erwischt“ wurde.
Froh ist Theo Göllmann darüber, dass in seiner St. Petrus Schützenbruderschaft Obermörmter das Fahnenschwenken noch auf Interesse stößt. Ein Aktiver ist der 24-jährige Martin Verholen. Der lacht: „Mit ein wenig Übung, macht man sich auch rasch keinen Knoten mehr in den Arm.“
Die größten Herausforderungen des Fahnenschwenkers sind jedoch Regen, der die Fahne noch schwerer macht, und Wind.
„Da muss man doch schon mal die Zähne zusammenbeißen“, weiß Martin Verholen aus Erfahrung. Obwohl Theo Göllmann ein wenig sorgenvoll in die Zukunft blickt, ist er letztendlich davon überzeugt dass es Fahnenschwenker immer geben wird. An ihm soll es nicht gelegen haben. Sohn Dirk hat die Familientradition fortgesetzt und schwenkt ebenfalls in der Bruderschaft St. Petrus die Fahne.
Autor:Christoph Pries aus Xanten |
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