Wenn aus Pflege Liebe wird
Integration von Pflegekindern in die neue Familie
Pflegefamilien in Wesel
Einmal jährlich treffen sich Weseler Pflegeeltern und Kinder auf dem Rheinberger Erlebnishof Elverich direkt an der Grenze zu Büderich, um gemeinsam mit den anderen Familien zu feiern und Erfahrungen auszutauschen. Hier treffe ich Daniela Wolf., Jutta Bußmann., Anne Bongers. und Rainer Dilley, alle erfahrene Pflegelternteile mit eigenen und Pflegekindern.
Daniela Wolf und Jutta Bußmann haben Jerome (zehn Jahre) und Luca (sieben Jahre) 2010 in ihre Familien aufgenommen, erst zur Kurzzeit-, mittlerweile zur Dauerpflege. Jerome und Luca sind zwei von drei Geschwistern, die aus einem zerrütteten Elternhaus vom Jugendheim in die Obhut eines Kinderheims gebracht und von dem sie dann etwa drei Monate später im Alter von fünf und zwei Jahren unabhängig voneinander in die Familien kamen.
Leider, so Bußmann, passiere es sehr oft, dass Geschwister dabei auseinander gerissen werden. Denn die Kinder sind auf Grund des Erlebten oft sehr traumatisiert, was bei einem Kind eine starke Herausforderung an die Pflegeeltern bedeutet, die bei zwei oder mehr Kindern kaum zu bewältigen ist. Natürlich hinterlasse dieses auseinander gerissen werden weitere Wunden in den kleinen Seelen, die nur mit sehr viel Liebe wenigstens oberflächlich wieder ein wenig geheilt werden können. Dadurch, dass ihre Pflegefamilien in derselben Stadt wohnen, sehen sich die Beiden wenigstens hin und wieder.
Anne Bongers übernahm die Pflege ihres Leland (acht Jahre) in ihrer Eigenschaft als Bereitschaftspflegemutter, die kurzfristig bei akuten Fällen zur Verfügung steht, vor nunmehr ca. 3 Jahren. Mittlerweile ist auch hieraus eine Dauerpflegestelle geworden. Auch Leland hat noch 3 ältere Schwestern, zu denen er Kontakt hat, fragt allerdings nie nach seinen richtigen Eltern, obwohl, so Bongers „auch er weiß, dass er eine Bauchmama hat“.
„ Allerdings“, so Bongers weiter, „geht er wohl davon aus, dass seine Situation völlig normal ist. Das merkt man daran, dass er letztens fragte, wer denn die Bauchmama seines besten Freundes sei“. Sie geht davon aus, dass es noch eine Weile dauern wird, bis er überschauen wird, dass die meisten Kinder auch bei ihrer Bauchmama leben. Wie diese Erkenntnis sich dann auf seine Psyche auswirken wird, ist heute noch nicht absehbar.
Der vierte im Bunde ist Rainer Dilley, der mit seiner Ehefrau vor rund zwei Jahren die sechsjährige Angelina zu sich nahm. Angelina wurde vom Jugendamt aus dem Kindergarten abgeholt und, nachdem man ihr möglichst schonend beigebracht hatte, dass sie erst mal nicht mehr nach Hause könne, in die Obhut der Familie Dilley gegeben. Dort weinte sie erst mal, kuschelte sich aber dann an die leibliche Tochter des Ehepaares, Julia und fügte sich dank ihrer „großen Schwester“ relativ schnell in die neue Familie. Trotzdem besteht Kontakt zur leiblichen Mutter, jedoch sind die Dilleys ihre Familie.
Allen anwesenden Pflegeeltern ist gemein, dass ihre eigenen Kinder älter als die Pflegegeschwister sind. Diese tragen sehr zum Gelingen der Familienintegration bei und erhalten hierdurch eine starke soziale Kompetenz für ihr Leben. Mir fiel bei allen auf, dass die Rede nie von „meinem Pflegekind“, sondern ausschließlich von „unseren Kindern“ war, einer Tatsache, der ich sehr viel Respekt zolle.
Denn ganz gleich, aus welchen Gründen man ein Pflegekind zu sich nimmt, es stellt eine Herausforderung allererster Güte dar und verlangt sehr viel Liebe, die man gerecht zwischen den eigenen und den Pflegekindern aufteilen muss.
In Wesel gibt es zirka 130 Pflegefamilien
Randolf Vastmans
Autor:Randolf Vastmans aus Xanten |
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