Nestflüchter, Jungamseln, Anfassen, nur kurz, erlaubt!
Unsere Hündin grummelte missvergnügt vor sich hin. Sie durfte nicht in den Garten. Der Grund waren drei braungefleckte Federbälle mit kurzen Schwanz und Duhnenfedern, aber mit einer großen Klappe ( Schnabel ). Noch recht ungeschickt und wackelig hüpften sie über den Rasen. Dabei stießen sie schrille, durchdringende Schreie aus. Drei Jungamseln hatten die Enge ihres Nestes verlassen, konnten aber noch nicht fliegen. Hin und wieder huschte ein schwarzer Schatten am Fenster vorbei, die Amseleltern, die ihre schreiende Brut am Boden fütterte. Um die Amselfamilie nicht zu beunruhigen hatte unsere Hündin eben Gartenverbot.
An einem dieser Tage klingelte es an der Haustür. Vor der Tür standen zwei Knaben, von denen einer einen Bag trug. Ob sie unseren Garten betreten könnten, erkundigten sie sich. Meine verblüffte, fragende Mine bemerkend, erzählten sie, dass ein kleiner Vogel vom Gehweg in unseren Garten gehüpft sei. Diesen hilflosen Vogel wollte sie schützen und hierfür nach Hause nehmen. Sie demonstrierten mir auch, wie sie den Piepmatz unberührt in den Bag bugsieren wollten. Leider musste ich ihnen sagen, dass die Überlebenschancen bei einer häusliche Pflege nicht gegeben seien. Da fehle es z. B. an artgerechter Fütterung. Singvögel, so sagt es daher auch das Naturschutzgesetz, dürfen nicht mit nach Hause genommen werden. Um einen Jungvogel zu retten, reiche es aus, ihn z. B. unter einen Strauch zu setzen. Dort würden sie dann weiterhin von den Vogeleltern gefüttert. Sie seien also nur scheinbar verlassen. Ein kurzzeitiges Berühren mit Menschenhand schade nicht, entgegen allgemeiner Meinung. Schließlich würden jedes Jahr Tausende von Jungvögeln aus wissenschaftlichen Gründen beringt und trotzdem weiterhin von den Vogeleltern betreut. Die Knaben lauschten zwar aufmerksam meinen Ausführungen, doch, so ganz, das zeigten ihre enttäuschten Minen, konnte ich sie wohl nicht überzeugen. So zogen sie dann betrübt von dannen. Ihre engagierte und überlegte Bereitschaft dem Vogel zu helfen, ihn aufziehen zu wollen, hat mich sehr gefreut, ich fand es sehr rührend.
P.S.: Wir haben die drei Federknäuel natürlich weiter beobachtet, bis sie dann nach einigen Tagen selbstständig fliegen konnten und unsere Hündin wieder in den Garten durfte.
Autor:Udo Watzdorf aus Xanten |
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