Was wir nicht erst nach dem Gau in Japan über Radioaktivität wissen sollten !
Xanten-Marienbaum, den 24.03.2011
Was wir nicht erst nach dem Gau in Japan über Radioaktivität wissen sollten !
Die Elemente
Um das anschaulich beschreiben zu können, ist ein Blick in die Welt der Atome, Wellen und Teilchen unumgänglich. Die Materie, aus welcher wir und die Erde bestehen, setzt sich aus den verschiedensten Stoffen zusammen - den Elementen, und diese wiederum aus Atomen. Da gibt es Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, Gold, Silber, Eisen, Blei u.s.w. . Diese Baustoffe gelten als stabil - soll heißen, Gold bleibt Gold- auch in Jahrmillionen noch. Wäre Gold radioaktiv und hätte eine Halbwertzeit, würde es irgendwann zu Blei zerfallen. (Im späten Mittelalter versuchte man aus Blei, Gold zu machen, da diese Elemente im Periodensystem direkt nebeneinander liegen).
Die Atome
Zurück zu den Atomen. Atome gelten als Grundbausteine der Materie, bestehend aus 3 Elementarteilchen. Ein Atomkern setzt sich demnach aus Proton und Neutron und einer Hülle, dem Elektron zusammen. Protonen sind positiv geladen, Neutronen neutral, also gar nicht und Elektronen weisen eine negative Ladung auf. Einige stabile Vertreter wurden bereits aufgeführt. Dann gibt es aber noch instabile Atome, welche nach einer gewissen Zeit ( Halbwertzeit ) in kleinere Einheiten zerfallen. Diesen Vorgang nennt man „Zerstrahlen“, wobei energiereiche, ionisierende Strahlung abgegeben wird.
Isotop Jod
Viele bekannte Elemente, wie auch das Jod, haben sowohl stabile, als auch instabile Vertreter. Man nennt dies auch Isotope. Jod 127 ist das einzige Isotop, was nicht zerfällt und gilt deshalb auch als wichtiger Baustoff für unseren Körper und der Schilddrüse. Alle 35 anderen Isotope haben eine Halbwertzeit, sind also instabil und produzieren beim Zerfall radioaktive Strahlung.
Was ist radioaktiver Zerfall ?
Hierunter versteht man den Zerfall eines instabilen Isotops. Dieses zerfällt so lange, bis es einen stabilen Zustand erreicht hat. Dies kann, je nach Isotop, Sekunden ( auch Milli, Mikro, Nano...), Minuten, Stunden, Wochen, Monate, Jahre... bis hin zu Millionen Jahren dauern.
Zusammensetzung der radioaktiven Strahlung
Bei der radioaktiven Strahlung differenziert man zwischen Alpha-, Beta-, und Gammastrahlung. Die Alphastrahlen sind sehr kurzwellig und prallen an unserer Haut ab. Die Betastrahlen sind etwas langwelliger und stärker, dringen aber kaum bis zu den Organen vor. Am schädlichsten ist die Gammastrahlung. Sie durchdringt unseren Körper problemlos, ähnlich wie bei einer Röntgenuntersuchung.
Was strahlt wo und wie ?
Je nach Stoffart wirkt diese Strahlung sehr unterschiedlich auf den Organismus. Jod 131 wird in der Schilddrüse eingelagert, Cäsium 137, ähnlich dem wichtigen Kalium, im Muskelgewebe und Strontium befällt die Knochen, da es dem Knochenbaustoff Calcium nahe kommt. Zudem ist es entscheidend, wo die Isotope zerfallen – außerhalb oder innerhalb unseres Körpers. Verschiedene radioaktive Stoffe werden auch über die Nahrungskette und mit dem Trinkwasser aufgenommen. Um zu verhindern, daß belasteter Staub eingeatmet wird, ist Schutzkleidung mit Atemmaske erforderlich. Diese Bekleidung schützt nicht vor Gammastrahlung von außen, verhindert aber, daß belasteter Staub mit Cäsium, Jod, Strontium u.s.w. eingeatmet und über die Lunge aufgenommen werden kann. Beim Zerfall dieser Teilchen im Inneren unseres Körpers sind auch Alpha- und Betastrahlung für die Organe schädlich, da diese besonders energiereich sind und dort ungehindert wirken können.
Was wird bei einem AKW Unfall freigesetzt ?
Bei einem sogenannten Supergau werden die unterschiedlichsten radioaktiven Stoffe freigesetzt mit mehreren hundert Isotopen, darunter auch rasch flüchtige Gase. Eine Messung oder gar Vorhersage ist hierbei kaum möglich. Das gefährliche hierbei sind die Stoffe mit einer sehr kurzen Halbwertzeit von nur wenigen Minuten oder gar Sekunden. Dabei wird das komplette Alpha-, Beta-, und Gammaspektrum freigesetzt, da die Teilchen innerhalb kurzer Zeit komplett zerfallen. Deshalb ist die radioaktive Strahlung nach einem Gau auch kurzzeitig extrem hoch ! Nur Partikel mit einer längeren Halbwertzeit von Wochen, Monaten oder Jahren können sich global ausbreiten und als Hintergrundstrahlung zerfallen oder bei hoher Konzentration auch dauerhaft belasten. Genau dieser Cocktail sorgt für eine anhaltende Belastung der Umwelt.
Kernspaltung vs. Kettenreaktion
In unseren AKWs vollzieht sich eine kontrollierte Kettenreaktion, mit einer stabilen, gleichmäßigen Energieausbeute. Verläuft diese Reaktion unkontrolliert ab, kommt es zu einer Kettenreaktion mit Kernschmelze, wie es in den letzten Wochen in den Schlagzeilen oft zu lesen und zu hören war. Bei einer gewollten, raschen Kettenreaktion kommt es zur explosionsartigen Freisetzung des gesamten Kernmaterials – wie es bei einer Atombombe „gewünscht“ ist.
Doch was geschieht hier ?
Wird zum Beispiel das Uran- Atom mit einem einzelnen Neutron beschossen, spaltet es sich in 2 kleinere Atome auf. Zusätzlich werden neben Energie 3 neue Neutronen freigesetzt. Diese treffen nun auf 3 weitere Uranatome, spalten diese in 2 kleinere Spaltprodukte und setzten auch je 3 neue Neutronen frei. Auch dabei wird erneut Energie freigesetzt. Dann 9, 27, 81, 243, 729, 2187.... (Verdreifachung der Neutronen). Das Ergebnis ist eine Kettenreaktion mit einem extremen Energie- und Strahlungsanstieg.
Die biologische Wirkung von radioaktiven Strahlen
Die Lebensdauer unserer Körperzellen ( Funktionszellen ) ist je nach Organ sehr unterschiedlich ausgeprägt. So haben z.B. Haut- und Schleimhaut eine recht hohe, tägliche Zellaustauschrate. Um dies zu ermöglichen, bedient sich der Körper speziellen Stammzellenfraktionen, jene Zellen, welche in der Lage sind, sich in verschieden Zelltypen zu entwickeln ( Haut, Haare, Nägel, Gewebe, Organe, Nervenzellen, ...). Die Strahlung führt nun zur Teilungsunfähigkeit dieser Stammzellen, wobei hier wichtige Proteine und Erbbausteine zerstört werden. Somit versiegt auch der Nachschub an Austauschzellen. Je stärker die Kontaminierung ist, desto stärker ausgeprägt ist dieses Phänomen - man nennt dies dann Strahlenkrankheit.
Ein verständliches Beispiel
Durch einem nuklearen Unfall ist eine Person erheblich verstrahlt worden. Die Austauschzellen wurden alle geschädigt und können sich nicht mehr teilen. Die natürliche Zellaustauschrate der Haut geht aber weiter. Alte Zellen sterben ab und sollten durch neue ersetzt werden - diese fehlen jedoch. Nach kurzer Zeit, 2 bis 3 Tagen, verfärbt sich die Haut zusehends schwarz und hängt in Fetzen herab. Auch die meisten Schleimhautzellen sind nun abgestorben und trocken, was zu einem unstillbaren, quälendem Durst führt. Da die Darmflora nicht erneuert werden kann, ist sie nicht mehr im Stande, Nährstoffe aufzunehmen. Ebenfalls betroffen sind Blutplättchen aller Art und auch sämtliche Organe. Neben Haarausfall setzt die Blutgerinnung aus und es kommt zu innerlichen und äußerlichen Blutungen. Der Körper kann nicht mehr mit Nährstoffen und Flüssigkeit versorgt werden. Das Blut ist kaum noch in der Lage, Sauerstoff zu transportieren. Man stirbt an einen grausamen Stoffwechselkollaps.
Bei einer schwächeren Kontamination spricht man nicht von Strahlenkrankheit, obwohl dies ein schleichender Verlauf werden kann. In diesem Fall werden die Zellen nicht teilungsunfähig gemacht, sondern lediglich das Erbgut ( DNA ) geschädigt, was zu einem unkontrolliertem Wachstum der Zellen führen kann – es kommt zu Krebs. Bei dem Tschernobyl-Unglück führten Jod 131 zu Schilddrüsenkrebs und Strontium zu Knochenkrebs und Leukämie bei Kindern.
Autor:Hans-Martin Scheibner aus Xanten |
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