Umgang mit dem Lagerkoller
Die Caritas-Erziehungsberatung steht Familien mit gutem Rat zur Seite
Rainer Moll ist schon lange im Bereich der Sozialpädagogik für die Caritas tätig. Aber selbst für den 55-jährigen Familientherapeuten ist die derzeitige Situation absolutes Neuland.
Von Christoph Pries
Seit 14 Jahren leitet Rainer Moll die Erziehungsberatung der Caritas Moers-Xanten. Die Corona-Pandemie stellt die Therapeuten vor ganz neuen Aufgaben. Ein persönliches Gespräch ist seit Wochen nicht mehr möglich. Das Telefon und die digitalen Medien sind derzeit die einzigen Kommunikationsmöglichkeiten.
"Die ersten Wochen im 'Lockdown' war es erstaunlich ruhig", blickt der Fachmann zurück. "Alle mussten sich wohl erst einmal an die neue Situation gewöhnen". Seit 14 Tagen mehren sich jedoch die Anfragen von Eltern, Jugendlichen und Kindern. "Da hat wohl inzwischen eine Art Lagerkoller eingesetzt", vermutet Rainer Moll.
Druck nimmt zu
Klagen kämen vor allem von den Eltern, die sich über ihre Kinder beschwerten. Die Kinder wiederum informierten die Familientherapeuten über Stress. Die Eltern würden Ansprüche stellen. Die Kinder sollten für die Schule arbeiten, aber auch im Haushalt helfen.
"Druck, der nicht mehr im Verein kompensiert werden kann, nimmt zu", meint Rainer Moll. Bei manchen lägen dann auch die Nerven blank. Hauptproblem sei dabei die mangelnde Kommunikation zwischen Eltern und Kindern. Viele entdeckten jetzt, dass sie in den Jahren aneinander vorbeigelebt haben. Nun kann man sich nicht mehr aus dem Weg gehen. Probleme, die eigentlichen schon immer da waren, entwickeln nun eine neue Dynamik.
"In dieser Situation ist es wichtig nach Positiven zu suchen und die Kinder zu loben," rät der Fachmann. Für viele Eltern sei das etwas ganz Neues. Im Prinzip sei das aber ein alter Rat, der nichts von seiner Aktualität eingebüßt habe.
Besonders herausfordernd sei die Situation für allein erziehende Personen im Homeoffice. Die Familie und den Beruf unter einen Hut zu bekommen, sei derzeit kaum noch möglich. Der Druck steigt und damit das Gefühl weder den beruflichen Anforderungen noch den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden zu können.
Eine allgemein gültige Lösung hat auch Rainer Moll in der derzeitigen Situation nicht zu bieten. Seit Rat lautet daher möglichst Tagesstrukturen einzuführen. Zeit für den Beruf und Zeit für die Familie. Wichtig seien auch regelmäßige Mahlzeiten und geregelte Schlafenszeiten. Ob gemeinsames Joggen, Basteln, Radfahren - jetzt ist Kreativität gefordert. Ältere Kinder sollten in die Planungen eingebunden werden.
"Schwer angesagt sind derzeit Puzzles. Auch Gesellschaftsspiele, oder Bücher lesen", sind gute Alternativen. "Witzig" fand Rainer Moll auch die Idee gemeinsam You-Tube-Videos zu drehen.
In Zeiten von Corona ist Kreativität in den Familien gefragt.
Hintergrund
Eine Rückkehr in die Normalität wird es nach Ansicht von Rainer Moll auf absehbare Zeit nicht geben.
Seiner Einschätzung nach hungern die Menschen aber nach Sozialgemeinschaft.
Die Caritas-Erziehungsberatungsstelle ist derzeit unter der Telefonnummer: 02843/97100 oder per Mail "erziehungsberatung@caritas-moers-xanten.de" erreichbar.
Autor:Lokalkompass Xanten aus Xanten |
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