Reptil des Jahres 2017 - die Blindschleiche (Anguis fragilis)
01.09.2018
Die Blindschleiche (Anguis fragilis) ist weder blind noch eine (giftige) Schlange, sondern eine beinlose, meist 15-25 cm, selten auch 50 cm große Echsenart innerhalb der Familie der Schleichen (Anguidae) und gehört in Mitteleuropa zu den am häufigsten anzutreffenden Reptilien. Da ihr langgestreckter Körper dem einer Schlange gleicht, spiegelt sich dieses Missverständnis sogar im wissenschaftlichen Gattungsnamen wider, welchen ihr der schwedischer Naturforscher Carl von Linné 1758 gegeben hatte (lateinisch anguis = „Schlange“; das Artepitheton fragilis bedeutet „zerbrechlich“). Der Unterschied zu den Schlangen sind das leichte Abbrechen des Schwanzes sowie das für alle Schleichen typische Vorhandensein von beweglichen Augenlidern und äußeren Gehöröffnungen, wenn auch letztere durch Schuppen verdeckt sind. Ein weiterer Irrtum ist ihr Name, welcher vom althochdeutschen Wort „Plint“ (für blendend) abgeleitet ist und sich auf den bleiernen Glanz des Körpers bezieht.
Blindschleichen kommen in den unterschiedlichsten Lebensräumen vor, bevorzugen aber lichte Wälder und Waldränder mit genügend Bodenfeuchtigkeit und abwechslungsreichen Sonnen- und Versteckplätzen. Auch in offenen Heide- und Moorlandschaften, Brachflächen, Trockenrasen, Streuobstwiesen, Gärten, Parks, Straßenböschungen, Steinbrüche und Abgrabungsstätten ist sie anzutreffen. Auf ihrem Speiseplan stehen neben Regenwürmern, Insekten, Asseln und Spinnen besonders Nacktschnecken.
Aber auch sie ist Teil der Nahrungskette und wird daher von Säugetieren wie Fuchs, Dachs, Iltis, Hermelin, Igel, Wildschwein und Ratten sowie zahlreichen Vögel (Störche, Reiher, Greifvögel, Eulen, Rabenvögel, Würger) gejagt und erbeutet.
Auch wenn die Blindschleiche (noch) nicht auf der Roten Liste gefährdeter Arten steht, erleidet sie in der modernen Zivilisationslandschaft hohe Verluste durch intensive Land- und Forstwirtschaft, Flurbereinigung, Flächenentwässerung, Straßenverkehr, Siedlungs- und Straßenbau, Rekultivierungsmaßnahmen in Abbaugruben, das Mähen von Gras-Stauden-Randstreifen und Wiesen (besonders mit Kreiselmähern), die Beseitigung von Versteckplätzen, das „Aufräumen“ von „unordentlichen“ Böschungen und Ruderalfluren, streunende Hauskatzen, freilaufende Hunde und vieles mehr.
Aus Unkenntnis und Abneigung gegenüber der vermeintlichen "bösen und giftigen" Schlange wird die völlig harmlose und ungiftige Blindschleiche auch heute noch in großer Zahl erschlagen oder zertreten, wenn man ihr begegnet.
Die Blindschleiche wurde von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde zum Reptil des Jahres 2017 gekürt.
Die Fotos wurden heute am 01.09.2018 im Marienbaumer Hochwald aufgenommen. Das letzte Foto habe ich am 03.11.2015 im Bereich des Alleenradweg aufgenommen und zeigt (sehr wahrscheinlich, wegen der Bißspuren) die Folgen eines Hundeangriff. Dem Tier war leider nicht mehr zu helfen.
Text-Quellen & weitere Infos:
Autor:Hans-Martin Scheibner aus Xanten |
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